Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

648 Vierzehnte Ordnung: Beuteltiere; erſte Familie: Springbeutler.

Bruſt, ſtre>t den Schwanz gerade und nach rü>wärts aus, ſhnellt mit aller Kraft der gewaltigen Schenkelmuskeln feine langen, \<hlanken und federnden Hinterbeine gegen den Boden, wirft ſi empor und ſchießt nun in einem flachen Bogen wie ein Pfeil dur die Luft. Einzelne Arten halten im Springen den Körper wagerecht, andere mehr ſteil, die Ohren in einer Ebene mit dem Widerriſte, während ſie bei ruhigem Laufe geſteift werden. Ungeſchre>t macht das Tier nur kleine Sprünge von höchſtens 3 m Weite: ſobald es aber ängſtlich wird, verdoppelt und verdreifacht es ſeine Anſtrengungen. Es ſpringt mit dem re<ten Fuße ein klein wenig eher als mit dem linken ab und auf, ebenſo tritt es mit jenem etwas weiter vor. Bei jedem Sage ſchwingt der gewihtige Shwanz auf und nieder und zwar um fo heftiger, je größer die Sprünge ſind. Drehungen aller Art führt das Känguruh mit 2—s kleinen Sägen aus, ohne dabei erſihtlih mit dem Shwanze zu ſteuern. JZmmer tritt es nur mit den Zehen auf, und niemals fällt es auf die Vorderarme nieder. Dieſe werden von verſchiedenen Arten auf ungleihe Weiſe getragen, bei den einen vom Leibe gehalten, bei den anderen mehr angezogen und gekreuzt. Ein Sprung folgt unmittelbar dem anderen, und jeder iſt mindeſtens 3 m, bei den größeren Arten nicht ſelten aber au< 6—10 m weit und dabei 2—3 m hoh. Son Gefangene ſpringen, wenn man ſie in einer größeren Umhegung hin- und herjagt, bis 8 m weit. Es iſt erklärlich daß ein ganz vortireffliher Hund dazu gehört, einem Känguruh zu folgen, und in der That gibt es nur wenige Jagdhunde, welche dies vermögen. Auf bede>tem Boden hört die Verfolgung ſehr bald auf; denn das flüchtige Känguruh ſchnellt leiht über die im Wege liegenden Büſche weg, während der Hund dieſe umgehen muß. Auf unebenem Boden bewegt es ſih langſamer; namentlih wird es ihm ſ{<wer, an Abhängen hinunterzueilen, weil es ſih hier bei der Heftigkeit des Sprunges leiht überſchlägt. Übrigens hält das laufende Tier ſtundenlang aus, ohne zu ermüden.

Unter den Sinnen der Känguruhs dürfte das Gehör obenan ſtehen; wenigſtens bemerkt man an Gefangenen ein fortwährendes Bewegen der Ohren nah Art unſeres Hohwildes. Das Geſicht iſt ſ<wächer und der Geru<h wahrſcheinlih ziemlih unentwi>elt. Der eine und der andere Beobachter weiß denno<h zu berihten, daß die Tiere ausgezeihnet äugen, vernehmen und wittern. Sie ſind auc in hohem Grade geiſtloſe Geſchöpfe; ihnen iſt ſelbſt das Schaf geiſtig bei weitem überlegen. Alles Ungewohnte bringt ſie außer Faſſung, weil ihnen ein raſches Überſehen neuer Verhältniſſe abgeht. Jhr Hirn arbeitet langſam; jeder Eindru>, welchen ſie empfangen, wird ihnen nur ganz allmählich verſtändlich; es bedarf einer geraumen Zeit, ihn ſih zure<tzulegen. Das frei lebende Känguruh ſtürmt bei Gefahr, oder wenn es ſolche vermutet, blindlings geradeswegs fort, läßt ſih kaum aufhalten und führt unter Umſtänden Säße aus, bei denen es die ſtarken Knochen ſeiner Beine zerbrechen ſoll; dem gefangenen Känguruh erſcheint ein neues Gehege im allerhöhſten Grade bedenklih. Es kann zwiſchen Eiſengittern groß geworden ſein und, auf einen anderen Plaß gebracht, an dieſen ſih den Kopf zerſchellen, wenn ſein Pfleger niht die Vorſicht gebraucht, es vorher tagelang in einen Stall zu ſperren, in welchem es ſih den <hwachen Kopf nicht einrennen fann und gleichzeitig Gelegenheit findet, den neuen Raum ſi anzuſehen. Nach und nah begreift es, daß ein ſolcher dem früheren Aufenthaltsorte doh wohl in allem weſentlichen entſpricht, nah und nah gewöhnt es ſih ein, nah und nah hüpft es ſi ſeine Gangſtraße zurecht. Nebenan ſind vielleicht andere Känguruhs eingeſtellt worden; dex Neuling aber ſieht in dieſen anfangs entſesliche Geſchöpfe, und lebtere denken genau ebenſo wie er. Später ſreilih kämpfen Känguruhs derſelben oder verſchiedener Art durch die Gitter hindurch heftig miteinander; denn für niedere Leidenſchaften, wie Neid und Eiferſucht, iſt ſelbſt ein Känguruhhirn hinreichend entwi>elt. Den Menſchen lernt das gefangene Springbeuteltier zwar kennen; doh bezweifle ih, daß es ſeinen Wärter von anderen Leuten unterſcheidet. Es tritt