Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Känguruh8: Weideleben. Bewegungen. 647

tro>ene Gegenden. Das Waſſer ſcheinen ſie entbehren zu können; ih habe wenigſtens oft Anſiedelungen von ihnen gefunden, welche meilenweit von einem Gewäſſer entfernt waren, und auh niht beobachtet, daß ſie des Nachts regelmäßig zu beſtimmten Waſſerlachen gefommen wären. Dagegen iſt es mix aufgefallen, daß ſie ſi<h gern in der Nähe der weidenden Rinder aufhalten. Jede Herde behauptet einen beſtimmten Weideplaß oder mehrere, welche dur< wohl ausgetretene Pfade verbunden werden. Die Stückzahl der Herden iſt verſchieden. Jh habe oft ſolhe von 100 Stü>, meiſt aber ihrer 50 zuſammen geſehen; denn ſie ſind ſehr geſellig. Die kleineren Arten pflegen ſih in geringerer Anzahl zuſammenzuhalten; man ſieht ſie gewöhnlich einzeln oder höchſtens zu einem Dußend vereinigt. Eine und dieſelbe Herde bleibt ſtets bei einander und vermiſcht ſi<h mit anderen niht. Feder Geſellſchaft ſteht ein altes Männchen vor, und dieſem folgen die übrigen blindlings nach, auf der Flucht wie bei dem Weidegange, ganz ſo wie die Schafe ihrem Leithammel. Am frühen Morgen und in der Abenddämmerung weiden, während des Tages ruhen ſie, wenn ſie ſi<h ungeſtört fühlen, oft ſtundenlang. Manchmal gewähren ſie einen reizenden Anbli>; einige weiden langſam das dürre Gras ab, andere ſpielen miteinander, andere liegen halb ſ<lafend auf der Seite.

„Bis zur Paarungszeit lebt jede Herde im tiefſten Frieden. Die Liebe aber erregt auh dieſe Tiere und zumal die Männchen, welche dann oft ernſthafte Kämpfe untereinander ausfehten. Nach der Paarungszeit pflegen ſich die älteſten von der Herde zu trennen und im dichteren Walde ein einſames Leben zu führen.“

Die Känguruhs gehören unbedingt zu den beahtenswerteſten Säugetieren. An ihnen iſt eigentli alles merkwürdig: ihre Bewegungen und ihr Ruhen, die Art und Weiſe ihres Nahrungserwerbes, ihre Fortpflanzung, ihre Entwikelung und ihr geiſtiges Weſen. Der Gang, wel<hen man namentlih beim Weiden beobachten kann, iſt ein [{hwerfälliges, unbehilfliches Forthumpeln. Das Tier ſtemmt ſeine Handflächen auf und ſchiebt die Hinterbeine dann an den Vordergliedern vorbei ſo daß ſie zwiſchen dieſe zu ſtehen kommen. Dabei muß es ſi< hinten auf den Shwanz ſtüßen, weil es ſonſt die langen Hinterläufe nicht ſo hoh heben fönnte, daß ſolche Bewegungen mögli<h wären. Aber das Känguruh verweilt in dieſer ihm höchſt unbequemen Stellung auch niemals länger, als unumgänglich notwendig iſt. Selbſt beim Abbeißen ſißt es regelmäßig auf den Hinterbeinen und dem Schwanze und läßt die Vorderarme \{<laf herabhängen. Sobald es irgend eine Lieblingspflanze abgerupft hat, ſteht es auf, um ſie in der gewöhnlichen Stellung zu verzehren. Bei dieſer ſtüßt es den Leib auf die Sohle und gleichzeitig auf den nach hinten feſt angeſtemmten Shwanz, wodurch der Körper ſicher und bequem wie auf einem Dreifuße ruht. Seltener ſteht es auf drei Beinen und dem Schwanze; dann hat es mit der einen Hand irgend etwas am Boden zu thun. Halb geſättigt, legt es ſi, die Hinterläufe weit von ſich geſtre>t, der Länge nach auf den Boden. Fällt es ihm in dieſer Stellung ein, zu weiden, ſo bleibt es hinten ruhig liegen und ſtüßt ſih vorn höchſtens mit den kurzen Armen auf. Beim Schlafen nehmen die kleineren Arten eine ähnliche Stellung an wie der Haſe im Lager: ſie ſeen ſi, dicht auf den Boden gedrüt, auf alle vier Beine und den der Länge nah unter den Leib geſchlagenen Schwanz. Dieſe Stellung befähigt ſie, jederzeit ſofort die Flucht zu ergreifen. Das geringſte Geräuſch ſchre>t ein ruhendes Känguruh augenbli>lih auf, und namentlich die alten Männen ſchnellen ſi< dann, um zu ſichern, ſo hoh wie möglich empor, indem ſie auf die Zehenſpiven treten und ſi< mehr auf die Spie des Schwanzes ſtützen.

Wenn ein Känguruh irgend etwas Verdächtiges bemerkt, denkt es zunächſt an die Flucht. Hierbei zeigt es ſih in ſeiner ganzen Beweglichkeit. Es ſpringt wie bei jeder Beſchleunigung ſeines Ganges, ausſ<ließli< mit den Hinterbeinen, macht aber Säße, welche die aller übrigen Tiere hinſichtlih ihrer Weite übertreffen. Es legt ſeine Vorderfüße dicht an die