Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

650 Vierzehnte Ordnung: Beuteltiere; erſte Familie: Springbeutler.

ſich drohend und ſtreben, ſi< ſobald wie möglih zu umarmen. Fſſt dies ihnen geglückt, ſo ſtemmen ſie ſih beide zuglei<h auf den Shwanz und ſchlagen mit den hierdurch frei gewordenen Hinterbeinen aufeinander los verſuchen, ſi gegenſeitig mit den ſcharfen Nägeln den Bauch aufzurißen, prügeln ſi<h auch gleichzeitig mit den Vorderhänden. Derartige Zweikämpfe ſind teineswegs ungefährli<h weil die Kraft der Hinderbeine bedeutend iſt und die großen Nägel tiefe Wunden verurſachen können. Beſonders unverträglich ſcheinen die fleineren Arten zu ſein: ſie liegen ſi<h beſtändig in den Haaren und kragen ſich gegenſeitig halb oder ganz fahl.

Die Vermehrung aller Känguruhs iſt ſ{<hwa<. Die großen Arten werfen ſelten mehr als ein Junges. Troß der bedeutenden Größe einiger Känguruhs tragen die Weibchen erſtaunlih kurze Zeit, die Rieſenkänguruhs z. B. nur 39 Tage. Nach Ablauf dieſer Zeit wird das Junge im eigentlihen Sinne des Wortes geboren. Die Mutter nimmt es mit dem Munde ab, öffnet mit beiden Händen den Beutel und ſetzt das kleine, unſcheinbare Weſen an einer der Ziten feſt. 12 Stunden nah der Geburt hat das junge Rieſenkänguruh eine Länge von etwas mehr als 3 em. Es ftann nur mit den Keimlingen anderer Tiere verglichen werden, denn es iſt vollkommen unreif, dur<ſcheinend, weih, wurmartig; ſeine Augen ſind geſchloſſen, die Dhren und Naſenlöcher erſt angedeutet, die Gliedmaßen no< nicht ausgebildet. Zwiſchen ihm und der Mutter ſcheint niht die geringſte Ähnlichkeit zu beſtehen. Gerade die Vorderglieder ſind um ein Dritteil länger als die hinteren. Jn ſtart gekrümmter Lage, den kurzen Shwanz zwiſchen den Hinterbeinen nah aufwärts gebogen, hängt es an der Zize, ohne wahrnehmbare Bewegung, unfähig, ſelbſt zu ſaugen. Sobald es an die Ziße angeheftet worden iſt, ſ{hwillt dieſe ſo bedeutend an, daß die großen Lippen ſie und der angeſhwollene Teil der Saugwarzen wiederum den Mund genau umſchließen. Soviel man bis jeßt weiß, ſaugt das junge Känguruh gar niht, ſondern wird ohne eigene Anſtrengung mit Milch verſorgt, indem ihm dieſe aus den Zißen geradezu in das Maul ſpribt. Faſt 8 Monate lang ernährt es ſih ausſ<ließli< im Beutel; doch ſchon etwas eher ſtre>t es ab und zu einmal den Kopf hervor, iſt aber auh dann no< immer nicht im ſtande, ſich ſelbſtändig zu bewegen. Owen beobachtete an einem ſehr jungen Rieſenkänguruh, daß es eifrig, aber langſam atmete und die Vorderfüße nur bewegte, wenn ſie berührt wurden. 4 Tage nach der Geburt ließ der genannte Naturforſcher das Junge von der Zibe entfernen, um zu beſtimmen, wieweit es mit der Mutter zuſammenhänge, um die Milch kennen zu lernen und um zu ſehen, ob ein ſo unvollkommenes Tier eigene Kraft entwidelt, wenn es ſich darum handelt, die verlorene Ziße wiederzuerlangen, oder ob es von der Alten wiederum an die Ziße angeheftet werden müſſe. Als die Frucht abgenommen worden war, erſhien ein Tropfen weißlicher Flüſſigkeit vorn an der Ziße. Das Junge bewegte die Glieder heftig, nachdem es entfernt war, machte aber keine exſichtlihe Anſtrengung, um ſeine Füße an die Haut der Mutter zu heften oder um fortzukriechen, ſondern zeigte ſih voll: kommen hilflos. Es wurde nun auf den Grund der Taſche gelegt und die Mutter freigegeben. Sie zeigte entſchiedenes Mißbehagen, bü>te ſi<, kraßte an den Außenwänden des Beutels öffnete ihn mit den Pfoten, ſte>te den Kopf hinein und bewegte ihn darin naŸ verſchiedenen Richtungen mit Leichtigkeit. Das Junge ſtarb, weil weder die Mutter es wieder anſeßte, noh ein Wärter dies zu thun vermochte.

Snzwiſchen iſ aber bekannt geworden, daß ein junges Känguruh, welches gewaltſam von der Zie abgeriſſen wurde oder zufällig abfiel, nah längerer Zwiſchenzeit ſih wieder anſaugte. Leisler erzählt, daß er ein etwas mehr entwi>eltes Junge, welches, ſhon beinahe kalt, auf der Streu gefunden wurde, an die Ziße anſeßte, und daß es weiterwuhs. Das Gleiche geſhah bei ſpäteren Verſuchen Owens. Geoffroy Saint-Hilaire hat auh einen Muskel nachgewieſen, welcher über dem Eutex liegt und dem noch kraftloſen Jungen