Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Känguruhs: Gefangenleben. Einbürgerung. Rieſenkänguruh. 655

Unmittelbar dana bemerkte ih jedo<h das Känguruh, welches im Stalle geſeſſen; es hüpfte weiter und {lug dabei die Hinterläufe ſtark auf den Boden. Auf ſolche Weiſe warnt dieſe Art der Känguruhs. Der Ton klingt ähnlih, nur viel ſtärker, wie das bekannte „PaxPax! der Kaninchen. Sofort ſah ih au< zwei junge Känguruhs, ſchon ſtärker als Haſen, ſih vorſichtig und leiſe über eine freie Stelle ſ<hleihen.“ Daran iſt nun niht mehr zu zweifeln, daß ſih dieſe Känguruhs in ihrer neuen Heimat wohl befinden und auch vermehren; einige mögen unbefugterweiſe geſchoſſen, andere verſprengt ſein, wie denn auch eine Anzahl ſi in der Eifel angeſiedelt haben ſoll — immerhin konnte unſer Gewährsmann in der Jagdzeitung „Der Weidmann“ im Frühlinge 1890 berichten: „Jedenfalls ſteht die Sache ſo, daß wir einen Stamm hier geſeßter Känguruhs beſißen, die ſih raſ< und mit Sicherheit vermehren.“ Über das geiſtige Weſen der Tiere teilt Freiherr von Bö ſelager uns brieflih noch folgendes mit: „An Sinnesſchärfe und Vorſicht ſcheinen ſie mir unſerem Wilde jedenfalls niht na<zuſtehen. Genau wird man ſie in dieſer Hinſicht erſt kennen lernen, wenn ſie ſih ſo weit vermehrt haben, daß man anfangen ftann, ſie zu jagen. Erſt dann wird ſich zeigen, ob es ſchwierig iſt, ſie zu überliſten. Mir ſcheint, daß ſie klüger ſind als der vielgeprieſene Fuchs.“ 1

Unter den 7 Gattungen und 38 Arten, in welche die Unterfamilie zerfällt ſtellt man die 23 Arten der Großfußkänguruhs oder Känguruhs im engeren Sinne (Macropus) obenan, deren Merkmale in der na>ten Muffel den wohlentwi>elten Ohren, dem abwärts gerihteten Na>enhaare, dem außerordentlichen Längenunterſchiede der Vorder- und Hinterbeine, der ſehr langen Hauptkralle der Hinterfüße und dem diden, nach der Spißte ſich verjüngenden, glatt behaarten Shwanze zu ſuchen ſind.

Das Nieſenkänguruh (Macropus giganteus, M. major 2c.), der Boomer der Anſiedler, gehört zu den größten Arten der Familie. Sehr alte Männchen haben in ſibender Stellung faſt Manneshöhe; ihre Länge beträgt gegen 3 m, wovon etwa 90 cm auf den Schwanz gerechnet werden müſſen, ihr Gewicht ſchwankt zwiſchen 100 und 150 ke. Das Weibchen iſt dur<ſ<nittli<h um ein Drittel kleiner als das Männchen. Die Behaarung iſt reihli<h, dit, glatt und weich, faſt wollig, die Färbung ein \{hwer zu beſtimmendes Braun, gemiſcht mit Grau. Die Vorderarme, Schienbeine und Fußwurzeln ſind weiß oder graulihweiß, die Zehen \<wärzli<; der Kopf zeigt die Farbe des Rückens mit dunkeln Streifen an den Seiten; die Außenſeite der Ohren iſt bei weſtauſtraliſhen Stücken gewöhnli<h heller gefärbt als der Kopf, bei Tieren aus dem Oſten meiſtens dunkler; der Schwanz iſt bräunlich, wird nah dem Ende zu allmählih dunkler und an der Spitze \<warz.

Coof entdedte dieſe Känguruhart 1770 an der Küſte von Neuſüdwales und gab ihr nac einer Benennung der dortigen Eingeborenen den Namen. Sie bewohnt ganz Auſtralien und Tasmanien und zerfällt in drei Unterarten, von denen eine die leßtgenannte Fuſel bewohnt und die am weiteſten verbreitete oben beſchrieben iſt. Das Tier lebt auf grasbewahſenen Triſten oder in ſpärlich beſtandenen Buſchwaldungen, wie ſolche in Auſtralien häufig gefunden werden. Jn das Gebüſch zieht es ſich namentli<h im Sommer zurü>, um ſih vor der heißen Mittagsſonne zu hüben. Gegenwärtig iſt es durch die fortwährende Verfolgung weit in das Fnnere gedrängt worden, und auch hier beginnt es ſeltener zu werden. Es lebt in Trupps, iſt jedo<h nicht ſo geſellig, als man anfangs glaubte, gezäuſcht dur< Vereinigung verſchiedener Familien. Gewöhnlich ſieht man nur ihrer drei oder vier zuſammen und dieſe in ſo loſem Verbande, daß ſich eigentlich keines um das andere kümmert ſondern jedes unabhängig ſeinen eigenen Weg geht. Beſonders gute Weide vereinigt eine größere Anzahl, welche ſi< wieder trennt, wenn ſie eine Örtlichkeit ausgenußt hat. Früher glaubte