Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Beuteldachſe. Stußgzbeutler. 687

Nachdem die Tiere gefreſſen, beginnt ein raſtloſes Hin- und Herlaufen in ihrem Käfige meiſt längs der Wände. Beim Gehen ſtüßen ſie ſi< auf alle vier Beine; der Gang erinnert wegen der Ungleichheit der Gliedmaßen an das Hüpfen der Haſen und Kaninchen; ihr [hnellſter Gang iſt ein Springen, bei welchem der Leib in eine heftige auf- und niedex{chaukelnde Bewegung gerät. Jm Sißen vermögen die Beuteldachſe alle Stellungen anzunehmen, ſi< auch auf den Hinterbeinen aufzurichten, ſo daß, wie bei den Springmäuſen, nur die Zehen den Boden berühren. Der Schwanz dient bei keiner Bewegung als Stüßgze, ſondern wird ſ<laff herabhängend nachgeſchleppt.

Während der ganzen Nacht treiben die Tierchen ſi ſpielend umher, verfolgen cinander und ziehen ſi< erſt mit Anbruch des Morgens wieder zurü>; doch findet ſie ſhon der erſte Sonnenſtrahl wieder auf ihrem Lager. Jm Dezember kommen ſie bereits nah 5 Uhr abends zum Vorſchein und ziehen ſi< gegen 7 Uhr morgens zurü>; im Juni und Zuli ermuntern ſie ſich erſt abends gegen 10 Uhr und haben ſi bereits vor 4 Uhr morgens wieder verkrochen.

„„Das Weſen unſerer Beuteldachſe“/ ſagt Schmidt, „iſt ſanft und harmlos. Man kann ſie in die Hand nehmen und feſthalten, ohne daß ſie Miene machen zu beißen oder zu kragen, kaum daß ſie verſuchen, ſich der Hand zu entwinden; aber auch derartige Beſtrebungen ſind nie gewaltſam. Nur ſehr ſelten, wenn man ſie im Schlafe ſtört, zeigen ſie eine zornige oder ärgerliche Gebärde, welche darin beſteht, daß ſie die Mundwinkel etwas öffnen und ſoweit wie möglich nach hinten ziehen, entſprehend dem Zähnefletſhen anderer Tiere; gleichzeitig blaſen ſie anhaltend aus der Naſe. Bei aller Sanftmut und Harmloſigkeit ſind ſie indeſſen keineswegs zutraulich, ſondern ebenſo dumm wie die meiſten anderen Beuteltiere. Eie kommen wohl zuweilen herbei, wenn man ſie lo>t oder ruft, und beſchnüffeln den vorgehaltenen Finger; doch zeigt dabei der Geſihtsausdru> unverkennbar, daß dies nur infolge dummer Neugierde geſchieht. Jn den meiſten Fällen hören ſie gar nict auf den Nuf oder erſchre>en vor ihm wie bei irgend einem anderen Geräuſche, und flüchten eiligſt in ihre Höhle. Derartige Eindrücke ſind indes keineswegs dauernd, es kommen vielmehr in der Regel die Tiere alsbald wieder hervor, als ob nichts vorgefallen wäre. Jm Gegenſaße zu dieſen gering entwidelten geiſtigen Eigenſchaften macht ihr Äußeres mitunter den EinDruc der Aufmerkſamkeit und des Verſtändniſſes, vorzugsweiſe wohl durch die aufrechtſtehenden großen Dhren und die ſpißzige Schnauze hervorgebracht, da das Auge geiſt- und ausdru>slos erſcheint. Unter ihren Sinnen dürſten Geruch und Gehör am ſchärſſten ſein. Zh bemerkte, als ich ſie mit Maikäfern fütterte, daß ſie das vorgehaltene Kerbtier nicht gleich ſahen, und erſt, na<hdem ſie mehrere Male ganz zufällig die auf den Boden gefallenen Käfer gefunden hatten, merkten ſie ſih den Zuſammenhang des hierdurch entſtandenen Geräuſches mit dem Le>erbiſſen, ohne jedoch gleichzeitig die Stelle des Falles zu unterſchei: den. So oft ſie in der Folge etwas fallen hörten, ſuchten ſie eifrigſt im Sande umher.“

Der Stußtbeutler (Choeropus castanotis, ecaudatus und occidentalis) bildet eine zweite Gattung der Beuteldachſe. Er erinnert lebhaft an die Nüſſelſpringer, welche wir auf Seite 383 des zweiten Bandes kennen gelernt haben. Der ziemlich {lanke Leib ruht auf ſehr dünnen und hohen Beinen, deren hinteres Paar gegen das vordere bedeutend verlängert iſt. Die Schnauze iſt ſpivig; die Ohren ſind ſehr lang; der Schwanz iſt mittellang, dünn behaart und mit einem unbedeutenden Kamme verſehen. An den Vorderfüßen finden ſich bloß zwei entwidelte kurze, gleich lange Zehen mit kurzen, aber ſtarken Nägeln: die erſte und fünfte Zehe fehlen hier vollſtändig / die vierte iſt verkümmert; die Hinterbeine haben nur eine einzige große Zehe, die vierte, neben welcher die übrigen, ſehr verkümmerten, liegen.