Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

686 Vierzehnte Drdnung: Beuteltiere; vierte Familie: Beuteldachſe.

rräftigen Krallen machen es ihm leicht, dieſe halb und halb unterirdiſhen Gänge und Höhlen auszugraben, und da gerade Wurzeln und Knollen die hauptſächlihſte Nahrung aller Bandifuts zu bilden ſcheinen, muß er wie der Maulwurf beſtändig neue Gänge ausſcharren, um leben zu können. Der lange Nüſſel dient ihm jedenfalls auh zum Wühlen. Neben den Wurzeln frißt er Würmer und Kerbtiere; ſolange er aber Pflanzennahrung haben kann, ſcheint er dieſe aller übrigen vorzuziehen. Zuweilen richtet er in Kartoffelfeldern oder in Kornſpeichern ziemlih bedeutende Verheerungen an und wird dort faſt ebenſo läſtig wie Mäuſe und Ratten. Glücklicherweiſe fehlen ihm die Nagezähne dieſes Ungeziefers, und ſomit iſt der Pflanzer bei einiger Vorſicht im ſtande, thn von unerwünſchten Beſuchen abzuhalten; gleihwohl muß jener bedacht ſein, die Mauern ſolcher Speicher tief einzuſenken, weil der Bandikut ſonſt ſi< unter ihnen dur<hgräbt. Der Gang des Tieres iſt ein eigentümliches Mittelding zwiſchen Rennen und Springen und ſoll no< am meiſten dem des Kaninchens ähneln, da es abwechſelnd auf die Hinter- und Vorderfüße, alſo niht wie die Känguruhs bloß auf die leßteren tritt. Die Stimme hört man bloß, wenn der Beuteldachs verwundet wird; ſie beſteht aus ſcharf pfeifenden Tönen, welche lebhaft an das Gequieke der Ratten erinnern. Die Anſiedler ſcheinen ihn und ſeine Verwandten mit demſelben Widerwillen anzuſehen, mit welhem wir leßtgenannte Nager betrachten, und verfolgen alle Bandikuts wo und wie ſie nux können, Das Weibchen ſoll mehr als einmal im Fahre 3—6 Funge werfen und dieſe lange Zeit in ſeiner nah hinten geöffneten Taſche umhertragen.

Über das Gefangenleben der Beuteldachſe hat Schmidt ſehr ausführlich berichtet, und ſeinen Mitteilungen will ih das Folgende entlehnen. Die Beuteldachſe ſind Dämmerungsund Nachttiere, welche den Tag verſhlafen. Die von Schmidt beobachteten Stücke, ein Männchen und ein Weibchen, ſaßen am Tage zuſammengerollt dicht nebeneinander im Heu, in welches ſie mit dem Vorderteile ſih verbargen, auh gänzlih eingruben. Der Rücken wird dabei ſtark gekrümmt, der Kopf unter den Körper gebogen, ſo daß die Stirn den Boden berührt und die Schnauze zwiſchen den Hinterbeinen ſte>t, der Shwanz zwiſchen den Schenkeln dur<h unter den Bauch geſchlagen; die Augen ſind geſchloſſen, die Ohren der Länge nah zuſammengefaltet und ungefähr in der Mitte quer nah außen gekni>t. Kurz nach Ankunft im Frankfurter Tiergarten waren die Beuteldachſe aus dieſem Tagesſchlafe nur ſchwer zu we>en. Man konnte ſie anfaſſen, ſchütteln, ſelbſt in die Hand nehmen, ehe ſie erwachten; ſpäter genügte es, ſie leicht zu berühren, um ſie zu erwe>en. Äußerſt ſelten fand man ſie auh ohne äußere Veranlaſſung einmal am Tage wath; doch verließen ſie ſodann freiwillig ihre Höhle niht. Erſt wenn am Abend ſtarke Dämmerung hereingebrochen iſt, ermuntern ſih die Tiere, aber nur ganz allmählih. Man ſieht zuerſt das Heu, welches ſie birgt, etwas ſich bewegen und bald darauf eine ſpißige Schnauze zum Vorſchein kommen, welche ſ{hnuppernd in die Höhe gere>t, nach allen Seiten gewendet und bald wieder zurügezogen wird. Nach mehrmaliger Wiederholung erhebt ſih das Tier mit dem ganzen Borverteile, ſeßt ſi<h aber bald wieder nieder. Die anfänglih no< kleinen und verſchlafenen Augen öffnen ſi< mehr und mehr, und die vorher ſ{hlaff herabhängenden Ohren richten ſich auf. Unter fortwährendem Gähnen verläßt endlih der Beuteldahs, manchmal erſt eine Stunde nach dem erſten Erwachen, die Vertiefung, in welcher er lag, und begibt ſih an das Futtergeſchixr, um ſeine Nahrung, Körner verſchiedener Art, namentlih Weizen, Gerſte, Hafer, Hanfſamen, Brot, gekochte Kartoffeln, Maikäfer, Engerlinge und Mehlwürmer, Ameiſenpuppen und dergleichen, einzunehmen. Das Kauen geſchieht unter ſ{hnalzenden Lauten; das Futter wird mit den Zähnen ergriffen und mit den Vorderpfoten gehalten; Éleinere Viſſen, Ameiſenpuppen, Weizenkörner werden mit der Zunge herbeigeholt. Schmidts Gefangene liebten Maikäfer, Engerlinge und Mehlwürmer ſehr, waren aber fo dumm und träge, daß ihnen leßtere oft unbemerkt davonliefen.