Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Befiederúng. - Stoffwechſel. Ernährung. 7

verſchieden verlaufende Streifen beſchränkt iſt. Diejenigen Vögel, welche ein gleihmäßig dichtes Federkleid tragen, ſind zum Fliegen unfähig. Die Körperfedern liegen dacziegelartig, die Shwung- und Steuerfedern fächerförmig übereinander: die Dekfedern legen ſich von oben nah unten über die Shwung- und Steuerfedern und werden demgemäß als Hand=z, Ober- und Unterflügel- oder Schwanzde>federn unterſchieden. Bei den Daunen iſt die Fahne weitſtrahliger, lo>erer und biegſamer, der Verband der Häkchen mehr oder weniger aufgehoben und das ganze Gefüge dadurch ein anderes geworden. Auch mit den verſchiedenen Farben, welche an den Federn haften, ſteht Verſchiedenheit der Bildung im Einflange: eine und dieſelbe Feder, welche verſchiedene Farben zeigt, kann auch verſchieden gebildet ſein, da ihre Pracht weit weniger auf den an ihr haftenden Farbſtoffen als vielmehr auf Strahlenbrehung beruht. Mangel an Farbſtoff kommt häufig, Überfülle ſeltener vor; Weißlinge ſind daher nicht ungewöhnliche Erſcheinungen und werden bei den verſchiedenartigſten Vögeln beobachtet.

Für die Beſtimmung der Vögel iſt es von Wichtigkeit, die übliche Benennung der verſchiedenen Federn und aller Außenteile des Vogelleibes überhaupt genau zu kennen; nebenſtehende Abbildung mag daher zu allgemeinem Verſtändnis dienen.

Kein anderes Tier hat einen ſo regen Stoffwechſel, keines ſo warmes Blut wie der Vogel. Eins geht aus dem anderen hervor: die geſteigerte Atmung iſt es, welche den Vögeln ihre erhöhte Thätigkeit und Kraft verleiht. Sie atmen unglei<h mehr als andere Tiere; denn die Luft kommt nicht bloß chemiſch verbunden, ſondern no< unverändert überall in ihrem Leibe zur Geltung und Bedeutung, da, wie bereits bemerkt, niht allein die Lungen, ſondern auch die Luſtſäcke, die Knochenhöhlen und Knochenzellen, zuweilen ſogar noch beſondere Hautzellen mit ihr angefüllt werden. Das Blut wird reichlicher mit Sauerſtoff verſorgt als bei den übrigen Tieren; der Verbrennungshergang iſt beſchleunigter und bedeutender, ſeine reizende Eigenſchaft größer, der ganze Kreislauf raſcher und ſchneller: man hat gefunden, daß die S<hlag- und Blutadern verhältnismäßig ſtärker ſind, das Blut röôter iſt und mehr Blutkügelchen als das der übrigen Wirbeltiere enthält. Hiermit ſteht die unlibertroffene Regſamkeit in engſter Verbindung, und der dur ſie notwendig bedingte Kräfteverbrauch hat ſelbſtverſtändlih wiederum lebhaftere Verdauung zur Folge.

Man darf behaupten, daß der Vogel verhältnismäßig mehr verzehrt als jedes andere Geſchöpf. Nicht wenige freſſen beinahe ebenſo lange, als ſie wach ſind, die Kerfjäger jo viel, daß die tägliche Nahrungsmenge an Gewicht ihre eigene Körperſchwere zwei- bis dreimal überſteigt. Bei den Fleiſchſreſſern geſtaltet ſih das Verhältnis günſtiger, denn ſie bedürfen faum ein Sechsteil ihres Körpergewichts an Nahrung, und alle Pflanzenfreſſer brauchen wohl niht mehr als ſie; troßdem würden wir auch ſie als Freſſer bezeichnen müſſen, wenn wir ſie mit Säugetieren vergleichen wollten. Die Nahrung wird entweder unmittelbar in den Vormagen oder in den Kropf eingeführt und hier vorverdaut, im Magen aber vollends zerſetzt oder förmlich wie zwiſchen Mahlſteinen zerkleinert. Manche Vögel füllen ſich beim Freſſen die Speiſeröhre bis zum Schlunde mit Nahrung an, andere den Kropf ſo, daß er kugelig am Halſe hervortritt. Raubvögel verdauen noh alte Knochen, größere Körnerſreſſer verarbeiten ſogar verſchlungene Eiſenſtücke derartig, daß ihre frühere Form weſentlih verändert wird. Unverdauliche Stoffe liegen bei einzelnen wochenlang im Magen, bevor ſie abgehen, während ſie von anderen in zuſammengeballten Kugeln, ſogenannten Gewöllen, wieder ausgeſpieen werden. Für alle Vögel, welche zeitweilig Gewölle bilden, iſt Aufnahme unverdaulicher Stoffe notwendige Bedingung zu ihrem Gedeihen: ſie verkümmern und gehen nicht ſelten ein, wenn ſie gezwungen werden, auf ſolche Stoffe gänzlich zu verzichten, leiden auch