Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

452 Erſte Ordnung: Baumvögel; ſiebzehnte Familie: Raben.

Die Schweifkitta findet ſi< im weſtlichen Himalaja und wird im Often dur eine ihr nahe verwandte Art vertreten. Jn China, namentlich in den Wäldern um Hongkong, iſt ſie na<h Swinhoes Beobachtungen häufig. Hier lebt ſie im Gebüſche, aber meiſt auf dem Boden, der als ihr eigentliches Nährgebiet betrachtet werden muß. Sie iſt ein kluges, aufmerkſames Geſchöpf, das anderen Vögeln zum Ratgeber, den Raubtieren oft zum FJagdverderber wird. Zumal dem Leoparden ſoll ſie oft meilenweit folgen und manche Jagd vereiteln. Jhr Flug ähnelt, nah Swinhoe, dem unſerer Elſter, geht geradeaus und erfordert beſtändige Flügelſ<hläge; der Shwanz wird dabei wagereht getragen. Jm Sißen auf dem Gezweige richtet ſie ſich hoh auf und wippt oft mit dem Shwanze. Der Lo und Warnungston iſt ein ſcharfes „Pink pink pink“ dem ein lautes Geſchnatter angehängt wird. Auf letzteres hin ſieht man alle Mitglieder des Fluges eilfertig von Baum zu Baum fliegen, bis von der Ferne her das „Pink pink“ wieder zum Sammeln ruft. Die Nahrung beſteht laut David, aus Kerbtieren und Früchten. Leßteren zuliebe beſucht ſie niht ſelten die Nähe der Ortſchaften, dringt jedo< nicht in deren Fnneres ein, wie unſere Elſter unter ähnlichen Umſtänden zu thun pflegt.

Das Neſt erbaut die Schweifkitta auf Bäumen, zuweilen ſehr niedrig über dem Grunde, manchmal bedeutend höher. Es iſ ein lo>er zuſammengefügter Bau, der aus Reiſern beſteht und mit Wurzelfaſern ausgekleidet wird. Die Zahl der Eier beträgt 3—5; ihre Färbung iſt ein mattes Grünlichgrau mit dichter brauner Fle>ung, die am breiteren Ende franzartig zuſammenläuſft.

Fn China hält man unſeren Vogel zuweilen in der Gefangenſchaft und ernährt ihn mit rohem Fleiſche, jungen oder leinen Vögeln, Kerbtieren und dergleichen. Von hier aus erhalten au< wir zuweilen einen oder den anderen dieſer Prachtvögel lebend.

Die Häher oder Baumkrähen (Garrulina e) unterſcheiden ſih von den bisher beſchriebenen Raben dur kurzen und ſtumpfen Schnabel mit oder ohne ſ{<wachem Haken am Oberkiefer, ſhwache Füße, ſehr kurze, ſtark gerundete Flügel, verhältnismäßig langen, hwa<h geſteigerten Schwanz und reiches, weiches, zerſchliſſenes, buntfarbiges Gefieder.

Alle hierher gehörigen Vögel leben weit mehr auf Bäumen und viel weniger auf dem Boden als die eigentlichen Raben. Sie vereinigen ſih höchſt ſelten zu zahlreichen Flügen, bilden vielmehr kleine Trupps oder Familien und ſ{hweifen den ganzen Tag über im Walde umher, von einem Baume zum anderen ſtreichend. Fhr Flug iſt infolge der kurzen Shwingen ſhwankender und unſicherer als der der Naben; ſie {ſind nicht im ſtande, ſi în bedeutende Höhen zu erheben, und denken niemals daran, nah Art der leßtgenannten ſih fliegend zu vergnügen. Ebenſo ſind ſie auf dem Boden ungeſchi>t; denn ihr Gang iſt gewöhnlich ein exbärmliches Hüpfen. Das Gezweige der Bäume bildet ihr Gebiet: in ihm bewegen ſie ſi mit größerer oder geringerer Behendigkeit. Hinſichtlich ihrer Sinnesfähigkeiten ſtehen ſie faum hinter den Naben zurü>: Geſicht, Gehör und Geruch ſind auch bei ihnen wohl entwielt; die geiſtige Begabung dagegen erreicht bloß ausnahmsweiſe die Höhe, welche die Naben im allgemeinen auszeichnet. Auch die Häher ſind klug, aber mehr liſtig als verſtändig, wie denn überhaupt nur die niederen Eigenſchaften beſonders hervortreten. Sie zeigen in ihrem Weſen viele Ähnlichkeit mit den Würgern, ſind ſo grauſam und raubgierig wie dieſe, ohne aber deren Mut oder die Kühnheit der Naben zu bekunden. Fhre Nahrung entnehmen ſie ebenſowohl dem Pflanzen- wie dem Tierreiche. Früchte aller Art bilden zeitweilig faſt ausſcließlih ihre Speiſe, während zu anderen Fahreszeiten Neſter und Eier von ihnen aufs unbarmherzigſte geplündert werden. Sie gehören deshalb mit Recht zu den