Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

460 Erſte Ordnung: Baumvögel; ſiebzehnte Familie: Raben.

ein Stück fort, heben ſich plöglih auf und fliegen davon, um im weiten Bogen zu den Jungen zurüdtzukehren. Wolleys Leute fanden um die Mitte des Mai in den meiſten Neſtern mehr oder weniger erwachſene Junge. Eine Brut, die ſie in einen Käfig ſebten, um ſie von den Alten auffüttern zu laſſen, wurde von dieſen befreit, indem die klugen Vögel den Verſchluß des Bauers öffneten.

Nach mancherlei Mühen gelang es Wolley, fünf lebende Unglücshäher zu erhalten und glü>li< na< London zu bringen. Sie mit S<hlingen zu fangen, verurſachte keinerlei, die Eingewöhnung im Käfige um ſo mehr Schwierigkeiten. Lebhaftere und liſtigere Vögel als ſie, kann es, wie der Genannte glaubt, nicht geben; die gefangenen erregten überall Bewunderung. Zhre weittönenden und mannigfaltigen Stimmlaute hielten alle Buben in beſtändiger Aufregung. Die Knaben verſuchten die Stimmlaute der Häher na<hzuahmen, und dieſe antworteten wiederum jenen. Nahbarn und Wohlfahrtsbeamte erwieſen ſih duldſam, weil auh ſie dur die Vögel unterhalten wurden. Leider lebten leßtere niht lange.

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Der Nordhälfte Amerikas gehören die Blauhäher (Cyanocitta) an. Jhr Leib iſt ſchlank, der Shnabel kurz, ſtark, kaum gewölbt und ſpißig, der Flügel kurz, in ihm die vierte und fünfte Shwinge länger als alle übrigen, der Shwanz lang und ſtark abgerundet, das Gefieder weih, ſanft und glänzend, das Kopfgefieder zu einer Haube verlängert.

Die bekannteſte Art der wenig artenreihen Gattung iſt der Shopfhäher (Cy anocitta cristata, Pica cristata, Corvus, Garrulus, Cyanurus, Cyanocorax und Cyanogarrulus cristatus). Das Gefieder der Oberſeite iſt der Hauptfarbe nah glänzend blau; die Schwanzfedern ſind dur< ſ{<hmale dunkle Bänder und die Flügelfedern dur< einzelne ſ<warze Endfle>en gezeichnet, die Enden der Armſchwingen, der größeren Flügeldeäfedern und die ſeitlihen Shwanzfedern aber wie die Unterſeite von der Bruſt an weiß oder grauweiß gefärbt, die Kopfſeiten blaßblau, ein ringförmiges Band, das vom Hinterkopfe an über den Augen weg nah dem Oberhals verläuft, und ein ſhmales Stirnband, das ſih zügelartig nah den Augen zu verlängert, tiefſ<warz. Das Auge iſt graubraun, der Schnabel und die Füße ſind ſ<warzbraun. Die Länge beträgt 28, die Breite 41, die Fittihlänge 14, die Shwanzlänge 13 em.

Alle Naturforſcher ſtimmen darin überein, daß der Schopfhäher, der Blue Fay, wie die Amerikaner ihn nennen, eine Zierde der nordamerikaniſhen Waldungen iſt. Demungeachtet hat ſich der Vogel wenige Freunde erwerben können. Er iſt allerwärts bekannt und überall gemein, in den meiſten Gegenden Standvogel, nur in den nördlihen Staaten Strichoder Wandervogel. Sein Leben iſt mehr oder weniger das unſeres Eichelhähers. Er bevorzugt die dichten und mittelhohen Wälder, ohne jedoch die hohſtämmigen zu meiden, kommt gelegentlih in die Fruchtgärten herein, ſchweift beſtändig von einem Orte zum anderen, iſt auf alles aufmerkſam, warnt dur lautes Schreien andere Vögel und ſelbſt Säugetiere, ahmt verſchiedene Stimmen nach, raubt na< Verhältnis ſeiner Größe im weiteſten Umfange, kurz iſt in jeder Hinſicht ebenbürtiger Vertreter ſeines deutſchen Verwandten.

Die amerikaniſhen Forſcher geben ausführliche Nachrichten über ſeine Lebensweiſe und teilen manche ergößlihe Geſchichte mit. Wilſon nennt ihn den Trompeter unter den Vögeln, weil er, ſobald er etwas Verdächtiges ſieht, unter den ſonderbarſten Bewegungen aus vollem Halſe ſ{<reit und alle anderen Vögel dadur<h warnt. Sein Geſchrei lingt, nah Gerhardt, wie „titullihtu“ und „gö>gö&“; der gewöhnliche Ruf iſt ein ſchallendes ARAYA Gerhardt erwähnt, daß er die Stimme des rotſhwänzigen Buſſards, Audubon, daß er den Schrei des Sperlingsfalken aufs täuſchendſte nahahme und alle kleinen Vögel der