Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Saxaulhäher. Flötenvogel. 483

Die lette Unterfamilie vereinigt die Lärmkrähen (Streperinae), mögliherweiſe Verbindungsglieder der Raben- und Würgerfamilie. Sie kennzeichnen der geſtre>t kegelförmige, an der Wurzel breite, ſeitlih zuſammengedrückte, mit dem Firſte in die Stirn eindringende, auf ihr bis gegen die Spige hin faſt gerade, an der Spitze hakig übergebogene Schnabel, der e<t rabenartige Fuß, der lange, ſpißige Flügel und der mittellange, gerade abgeſchnittene oder ſanft gerundete Schwanz.

Das auſtraliſche Reich iſt die Heimat der Lärmkrähen. Hier leben ſie an geeigneten Orten, ungewöhnlich behende auf dem Boden laufend, niht minder gewandt im Gezweige ſih bewegend, aber nicht gerade leiht und ſicher fliegend. Kleine Tiere verſchiedener Klaſſen, insbeſondere Schre>ken, kleine Wirbeltiere, Früchte, Körner und Sämereien bilden ihre Nahrung. „Wenige Vögel“, ſagt Gould, „ſind zierlicher oder beleben die Gegend, in welcher ſie erſcheinen, in anmutigerer Weiſe als ſie, ſei es durch ihre gewandten Bewegungen auf und über dem Boden, oder ſei es dur< ihre laut ſchallenden Flötentöne, die ſie im Sißen wie im Fliegen hören laſſen.“ Sie fliegen meiſt in Geſellſchaften zu 4—6 Stü, wahrſcheinli< in Familien, aus den beiden Eltern und ihren Kindern beſtehend. Fhre Neſter werden aus Reiſig aufgebaut und mit Gräſern und anderen paſſenden Stoffen ausgefüllt; das Gelege enthält 3—4 Eier. Die Jungen, die von beiden Eltern aufgefüttert und ſehr mutig verteidigt werden, erhalten ſhon nah der erſten Mauſer das ausgefärbte Kleid.

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Der Flötenvogel (Strepera tibicen, Gymnorhina tibicen, Coracias, Barita und Cracticus tibicen), der in neuerer Zeit ein Bewohner aller Tiergärten geworden .iſt, kommt einer Saatträhe an Größe ungefähr gleih. Seine Länge beträgt 43, die Fittichlänge 27, die Schwanzlänge 14 cm. Das Gefieder iſt der Hauptſache nah ſhwarz, auf Na>ken, Unterrü>en, den oberen und unteren Schhwanzdefedern und den vorderen Flügelde>federn aber weiß. Das Auge iſt rötli<h nußbraun, der Schnabel bräunlich aſ<hgrau, der Fuß ſ{hwarz.

Nach Gould iſt der Flötenvogel beſonders in Neuſüdwales häufig und ein in hohem Grade ins Auge fallender Vogel, der die Gefilde ſehr <hmüd>t da, wo man ihn nicht verfolgt oder vertreibt, in die Gärten der Anſiedler hereinkommt „ bei einiger Hegung ſogar die Wohnungen beſucht und ihm gewährten Schuß dur< größte Zutraulichkeit erwidert. Sein buntes Gefieder erfreut das Auge, ſein eigentümlicher Morgengeſang das Ohr. Offene Gegenden, die mit Baumgruppen bewachſen ſind, bilden ſeine bevorzugten Wohnſiße; deshalb zieht er das Fnnere des Landes der Küſte vor. Die Nahrung beſteht hauptſächlich aus Heuſchre>en von denen er eine unſhäßgbare Menge verzehrt. Fm Auguſt beginnt und bis zum Fanuar währt die Brutzeit, da jedes Pärchen zweimal niſtet. Das runde und offene Neſt wird aus Reisholz und Blättern erbaut und mit zarteren Stoffen, wie ſie eben vorkommen, ausgefüttert. Die 3—4 Eier, die das Gelege ausmachen, konnte Gould nicht erhalten; dagegen beſchreibt er die eines ſehr nahen Verwandten. Sie ſind auf düſter bläulihweißem, zuweilen ins Nötliche ſpielendem Grunde mit großen braunroten oder licht kaſtanienbraunen Fle>en zi>za>artig gezeichnet.

Als Gould Auſtralien bereiſte, gehörte ein gefangener Flötenvogel noc zu den Seltenheiten; gegenwärtig erhalten wir ihn häufig lebend. Er findet viele Liebhaber und iſt in Tiergärten geradezu unentbehrlih. Schon der ſhweigſame Vogel zeigt ſich der Teilnahme wert; allgemein anziehend aber wird ex, wenn er eines ſeiner ſonderbaren Lieder beginnt. Jh habe Flötenvögel gehört, die wunderherrlih ſangen, viele andere aber beobachtet die nur einige fugenartig verbundene Töne hören ließen. Jeder einzelne Laut des Vortrages iſt volltönend und rein; nur die Endſtrophe wird gewöhnlih mehr geſchnarrt als geflötet. Unſere Vögel ſind, um es mit zwei Worten zu ſagen, geſchi>t im Ausführen, aber

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