Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

486 Erſte Ordnung: Baumvögel; achtzehnte Familie: Würger.

Die gleichnamige Gattung (Lanius), welche die Urbilder der Familie umfaßt, kennzeihnet ſi< dur mittellangen, ſehr kräftigen, ſeitli<h zuſammengedrücten, auf dem Firſte faſt geraden, vor ihm hakig herab: und übergebogenen, dur einen ſcharfe>igen Zahn verſtärkten Schnabel, mittelho<hläufige, freizehige Füße, mäßig lange Flügel, unter deren Shwingen die vierte die Spige bildet, und langen und breiten, am Ende ſtark abgerundeten oder keilförmigen Schwanz.

Der würdigſte Vertreter dieſer Gattung iſt der Raubwürger, Würg=-, Wehr-, Wahrund Ottervogel, Würgengel, Wächter, Buſchfalke, Waldherr, Wildwald, Metger und Abde>ex, Berg-, Buſhz-, Krit, Kriegel-, Wildz-, Kraus- und Stra ußelſter (Lanius excubitor, cinereus und rapax, Collyrio excubitor). Seine Länge beträgt 26, die Breite 36, die Fittichlänge 10, die Shwanzlänge 12 ecm. Das Gefieder iſt auf der Oberſeite, bis auf einen langen, weißen Schulterfle>en gleihmäßig hell aſ<hgrau, auf der Unterſeite rein weiß; ein breiter ſhwarzer, weiß umrandeter Zügelſtreif verläuft dur<h das Auge. Jm Flügel ſind die großen Handſchwingen von der Wurzel bis zur Hälfte, die Armſ<wingen an der Wurzel, die Oberarmſhwingen an der Spiße und inneren Fahne weiß, im übrigen aber wie die De>kfedern der Schwingen [hwarz. Jm Schwanze ſind die beiden mittleren Federn ſhwarz; bei den übrigen tritt dieſe Färbung mehr und mehr zurü>, und reines Weiß wird dafür vorherrſchend, die fünfte Außenfeder iſt bis auf einen großen ſ{<hwarzen Fle>en auf der Mitte der inneren Fahne und die äußere bis auf einen ſhwarzen Schaftſtreifen ganz weiß. Das Auge iſt braun, der Schnabel \{<warz, der Fuß bleigrau. Das Weibchen unterſcheidet ſih dur unreinere Farben, der junge Vogel dur eine {wach wellenförmige Zeichnung, die zumal auf der Bruſt hervortritt.

Neben dem Raubwürger leben in Europa Verwandte, die, zum Teil wenigſtens, als eigne Arten aufgefaßt werden dürfen, von einzelnen Forſchern jedo<h nur als Abarten angeſehen werden.

Der Großwürger (Lanius major, mollis, septentrionalis und borealis), der Sibirien entſtammt, wiederholt aber au< in Deutſchland erlegt wurde, ähnelt dem Raubwürger, unterſcheidet ſih von ihm jedo< durch den einfachen, weißen Spiegel auf der zweiten bis zehnten Handſhwinge, das Fehlen von Weiß auf den Armſchwingen, die breitere weiße Spizenzeichnung der leßteren und die weiße Außenfahne der äußerſten Schwanzſeder, überhaupt größere Ausdehnung der weißen Zeihnung am Schwanze. Die Länge beträgt 24,5, die Fittichlänge 11,5, die Shwanzlänge 10,6 em.

Der Spiegelwürger (Lanius homeyeri) dagegen, der die Gegend um die untere Wolga und die Krim bewohnt, ſih jedoch ebenfalls nah Deutſchland verflogen hat, unterſcheidet ſih vom Raubwürger durch die viel größere Ausdehnung der weißen Flügelſpiegel, weiße Stirn, Augenbrauenſtreifen und Bürzel und viel Weiß im Schwanze. Seine Länge beträgt 25,3, die Fittichlänge 11,5, die Shwanzlänge 11 em.

Der Südliche Raubwürger oder Heſperidenwürger (Lanius meridionalis, Collyrio meridionalis), aus Südeuropa, iſt oberſeits tief aſhgrau, unterſeits hell weinrötlich, an den Kopfſeiten, Kinn und Kehle ſowie den Unterſhwanzde>en weiß, der ſ<hwarze Zügel oberſeits {mal weiß geſäumt; die Schwingen ſind ſhwarz, die dritte bis fünfte Handſchwinge an der Wurzel, die hinteren Armſchwingen am Ende, die längſten Schulterfedern ganz weiß, die Schwanzfedern ſhwarz, die äußerſte bis über die Hälfte, die zweite weniger, die dritte und vierte nur noh am Ende weiß. Die Länge beträgt 24, die Breite 32, die Fittih- und Schwanzlänge 11 em.