Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Schwalben: Allgemeines. Rauchſhwalbe. 519

mutig. Sie beobachten ihre Umgebung genau, lernen ihre Freunde und ihre Feinde kennen Und vertrauen uur dem, der Vertrauen verdient. Jhr Treiben und Beginnen heimelt uns an; ihr Vertrauen ſichert ihnen ſelbſt in roheren Gemütern Schuß und Gaſtlichkeit.

Alle Schwalben ſind Kerbtierjäger. Sie verfolgen und fangen hauptſächlih Zwei-, Aderund Netzflügler, alſo vorzugsweiſe Fliegen und Schnaken, aber auh kleine Käfer und dergleichen. Jhre Jagd geſchieht nur im Fluge; ſißende Tiere abzuleſen, ſind ſie nicht im ſtande. Die gefangene Beute verſchlingen ſie, ohne ſie zu zerkleinern. Fliegend trinken ſie, fliegend baden ſie ſi< auc, indem ſie, hart über der Oberfläche des Waſſers dahinſchwebend, plößli ſi< hinabſenken und entweder ihren Schnabel oder einen Teil des Leibes eintauchen und dann die eingeneßten Federn durch zuende oder ſhüttelnde Bewegungen wieder tro>nen.

Die meiſten Arten erbauen ein kunſtvolles Neſt, deſſen äußere Wandung Lehmklümpchen ſind, die mit dem Élebrigen Speichel zuſammengekleiſtert wurden; andere graben mühevoll Löcher in das harte Erdreich ſteil abfallender Wände, erweitern dieſe in der Tiefe backofenförmig und legen hier das eigentliche Neſt an, das der Hauptſache nah aus zuſammengetragenen und wirr übereinander geſchichteten Federn beſteht. Das Gelege enthält 4—6 Eier, die vom Weibchen allein bebrütet werden.

Dank ihrer Gewandtheit im Fluge entgehen die Schwalben vielen Feinden, die das Kleingeflügel bedrohen. Doch gibt es in allen Erdteilen Falken, die auh die ſchnellſten Arten zu fangen wiſſen, und außerdem ſtellen Kaßen Marder, Wieſel, Natten und Mäuſe der Brut und den no< ungeſchi>ten Jungen nah. Der Menſch befehdet die nüßlihen und in den meiſten Ländern geheiligten Vögel gewöhnlich nicht, wird im Gegenteile eher zu ihrem Beſchüßer.

Für die Gefangenſchaft eignen ſi<h die Shwalben nicht. Einzelne können zwar dahin gebracht werden, Crſaßfutter in einer ihnen unnatürlichen Weiſe zu ſi< zu nehmen und dadurch ihr Leben zu friſten; ſie aber ſind als ſeltene Ausnahmen anzuſehen. Die Schwalbe verlangt, um zu leben, vor allem die unbeſhränkteſte Freiheit.

Unſere Nauhſ<walbe, Land-, Bauern-, Küchen-, Feuer-, Schlot-, StallStachel-, Steh- und Blutſhwalbe (Hirundo rustica, domestica, gutturalis, panayana, javyanica, stabulorum, pagorum, fretensis und riocourii, Cecropis rustica), vertritt die Gattung der Hausſ<walben (Hirundo0), deren Merkmale in dem ſehr geſtre>ten, aber musfelfräftigen Leibe, dem kurzen Halſe, flachen Kopfe mit breitem, kaum merfklih gefrümmtem Schnabel, den ziemlih langen Füßen mit vollkommen getrennten Zehen, den langen Flügeln, die jedo< in der Ruhe von dem tief gegabelten Shwanze weit überragt werden, und dem lo>eren, auf der Oberſeite prächtig metalliſch glänzenden Gefieder gefunden werden. Die Länge beträgt 18, die Breite 31, die Fittichlänge 12, die Schwanzlänge 9 cm. Die Oberteile und ein breiter Gürtel auf dem Kropfe ſind blauſchwarz, metalliſch glänzend, Stirn und Kehle hochkaſtanienbraun, die übrigen Unterteile licht roſtgelb; die fünf äußerſten Steuerfedern tragen auf der JFnnenfahne rundliche, weiße Fle>en. Beim Weibchen ſind alle Farben bläſſer als beim Männchen, bei jungen Vögeln ſehr matt.

Das Brutgebiet der Nauhſhwalbe umfaßt ganz Europa diesſeits des Polarkreiſes und ebenſo Weſt- und Mittelaſien, ihr Wandergebiet außerdem Afrika und Südaſien nebſt den großen Eilanden im Süden des Erdteiles. Sie iſt es die ſeit altersgrauer Zeit freiwillig dem Menſchen ſi< angeſchloſſen und in ſeinem Hauſe Herberge genommen hat, die, falls der Menſch ihr geſtattet, ſi< im Palaſte wie in der Hütte anſiedelt und nur da, wo alle geeigneten Wohnungen fehlen, ſich mit paſſenden Geſimſen ſteiler Felſenwände behilft, aber