Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Nauchſhwalbe: Verbreitung. Zug. Weſen. Stimme. 521

als ſie bei uns einzutreffen pflegt, in Chartum, am Zuſammenfluſſe des Weißen und Blauen Nil, zwiſhen dem 15. und 16. Grade nördlicher Breite. Höchſt ſelten kommt es vor, daß im Juneren Afrikas no< im Hochſommer eine Rauchſhwalbe geſehen wird, und ebenſo ſelten begegnet man einer im Winter in Ägypten oder ſonſtwo im Norden des Erdteiles. Unmittelbar nah ihrer Heimkehr findet ſie ſih bei ihrem alten Neſte ein, oder ſchreitet zur Erbauung eines neuen. Damit beginnt ihr Sommerleben mit all ſeinen Freuden und Sorxgen. Es iſt niht eben ein Beweis von dichteriſher Auffaſſung dieſes Lebens, daß der thränenreihe Herloßſohn ihr die Heimat in der Ferne anweiſt; denn keine Schwalbe zieht

„heimwärts“ wenn ſie uns verläßt, ſondern notgedrungen in eine freudloſe Fremde hinaus, feine ſingt und jubelt, keine liebt und brütet draußen.

Die Rauchſhwalbe iſt, wie Naumann trefflih ſchildert, ein außerordentlich flinker, fühner, munterer, netter Vogel, der immer ſ<hmu> ausſieht, und deſſen fröhliche Stimmung nur ſehr ſhle<tes Wetter und demzufolge eintretender Nahrungsmangel unterbrechen tann. „Obgleich von einem zärtlichen oder weihlihen Naturell, zeigt ſie doh in mancher ihrer Handlungen viel Kraftfülle: ihr Flug und thr Betragen während des Fluges, die Ne>ereien mit ihresgleichen, der Nahdru>, mit welchem ſie Raubvögel und Raubtiere verfolgt, beweiſen dies. Sie fliegt am ſchnellſten, abwe<ſelndſten und gewandteſten unter unſeren Schwalben; ſie ſ<hwimmt und ſ{<hwebt, immer raſch dabei fortſchießend, oder fliegt flatternd, [<wentt ſih blibſchnell ſeit, auf: oder abwärts, ſenkt ſih in einem furzen Bogen faſt bis zur Erde oder bis auf den Waſſerſpiegel hinab, oder ſ<hwingt ſih ebenſo zu einer bedeutenden Höhe hinauf, und alles dieſes mit einer Fertigkeit die in Erſtaunen ſeßt; ja, ſie fann ſi ſogar im Fluge überſchlagen. Mit großer Geſchiklichkeit fliegt ſie dur enge Öffnungen, ohne anzuſtoßen; auch verſteht ſie die Kunſt, ſih fliegend zu baden, weshalb ſie dicht über dem Waſſerſpiegel dahinſchießt, ſchnell eintaucht, ſo einen Augenbli> im Waſſer verweilt und nun, ſih ſhüttelnd, weiter fliegt. Ein ſolches Eintauchen, das den Flug kaum einige Augenbli>e unterbricht, wiederholt ſie oft mehrere Male hintereinander, und das Bad iſt gemacht.“

Zum Ausruhen wählt ſie ſi< hervorragende Örtlichkeiten, die ihr bequemes Zu- und Abſtreichen geſtatten; hier ſonnt ſie ſih, hier ordnet ſie ihr Gefieder, hier ſingt ſie. „Jhr Ausſehen iſt dann immer ſlank und munter, faſt liſtig; der Rumpf wird dabei in wagerehter Stellung getragen. Nicht ſelten dreht ſie die Bruſt hin und her und ſ{<lägt in fröhlicher Laune zwitſhernd und ſingend die Flügel auf und nieder oder ſtre>t und dehnt die Glieder.“ Auf den flachen Boden ſett ſie ſi< ungern, meiſt nur, um von ihm Bauſtoffe fürs Neſt aufzunehmen, oder während ihrer erſten Fugendzeit; ihre Füßchen ſind zum Sigen auf dem Boden nicht geeignet und no< weniger zum Gehen; ſie ſieht, wenn ſie das eine oder andere thut, „frank und unbehilfli<h aus und ſcheint gar nicht derſelbe flüchtige Vogel zu ſein, als welcher ſie ſi< uns in ihrem kühnen, raſtloſen Fluge zeigt“.

Ein zartes „Witt“, das nicht ſelten in „Wide witt“ verlängert wird, drüdt behagliche Stimmung der Schwalbe aus oder wird als Lo>ton gebraucht; der Warnungs- und Kampfruf iſt ein helles, lautes „Biwiſt“; die Anzeige drohender Gefahr geſchieht durch die Silben „dewihlik“; bei Todesangſt vernimmt man ein zitternd ausgeſtoßenes „Zetſch“. Der Geſang, den das Männchen ſehr fleißig hören läßt, zeichnet ſi<h weder dur<h Wohltlang der einzelnen Töne, no< dur< Abwechſelung aus, hat aber dennoch etwas ungemein Gemütliches und Anſprechendes, wozu Jahres- und Tageszeit und andere Verhältniſſe das ihrige beitragen. „Kaum kündet ein grauer Streifen im Oſten den kommenden Tag an“, fährt Naumann fort, „ſo hört man ſchon die erſten Vorſpiele des Geſanges der von der Nachtruhe eben erwachten Rauhſ<hwalbenmännchen. Alles Geflügel des Hofes iſt no< ſ{hlaftrunken, keines läßt einen Laut hören, überall herrſcht noch tiefe Stille, und die Gegenſtände