Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

578 Erſte Ordnung: Baumvögel; a<tundzwanzigſte Familie: Spechte.

erwarten, daß man die ſogenannten Ringelbäume in jedem Forſte zu Dußenden oder Hunderten antrifſt. Jn den meiſten Wäldern Hinterpommerns ſind ſie entſchieden ſelten, ſo ſelten, daß ih in meinem Walde von etwa 400 Hektar troz jahrelangen Bemühens auch niht einen einzigen von Spehhten geringelten Baum angetroffen habe. Es mag ſein, daß in anderen Gegenden ſolche Fälle öſter vorkommen, und namentlich iſt es au<h mir niht unwahrſcheinlih, daß Spechte ihnen fremde Holzarten vorzugsweiſe zu dieſen Verſuchen wählen; ſolche Beſchädigung jedo<, wie Altum bei Pflänzlingen erwähnt, kommen ſo ſelten vor, daß ſie bei dem Nuten und Schaden des Spechtes im großen und ganzen niht entſcheiden. Wenn die Spechte ganz geſunde Bäume ringeln und dies tagelang an demſelben Baume wiederholen, wie thatſählih geſchieht, alle anderen danebenſtehenden Bäume aber verſchonen, ſo müſſen dieſem Treiben andere Beweggründe unterliegen. Sie aufzufinden, wird es zwe>mäßiger ſein, auh fernerhin vorurteilsfrei zu beobachten, als ſi< eine ungenügende und unſichere Erklärung zure<htzulegen und damit ſeine Unterſuhungen abzuſchneiden und zu beſhränken. Jn jeder Wiſſenſchaft kann es nur von großem Nachteile ſein, zweifelhafte Fälle für exledigt zu halten. Mag nun aber auch eine Erklärung ausfallen, wie ſie wolle, ſo iſt ein irgendwie erheblicher Schade der Bäume durch die Spechte niht nachgewieſen. Durchſchnittlich wird auf Tauſende von Bäumen kaum ein Ringelbaum kommen. Fn den meiſten Fällen iſt au< die Beſchädigung eine ganz unerhebliche und kann in keinem Falle ins Gewicht fallen.“ Nicht viel anders verhält es ſih mit dem Schaden, den einzelne Spechte an Gebäuden anrichten. Es ſind immer nur wenige, die bis in das Jnnere der Gehöfte eindringen, und dieſe können, wenn ſie ſi< unnüß machen, leiht verſheu<ht werden. Ebenſo verhält es ſi endli< mit den Übergriffen, die ein Spe<ht dann und wann an Bienenſtöken fich zu ſhulden kommen läßt. Dem aufmerkſamen Zeidler wird ſolches Beginnen nict entgehen, und er wird Mittel finden, ſih des ungebetenen Gaſtes zu erwehren.

Wägt man Nußen und Schaden der Spechte gewiſſenhaft und vorurteilsfrei gegeneinander ab, ſo kann die Entſcheidung niht zweifelhaft ſein. Einzelne Spechte können uns ſelbſtſüchtigen Menſchen läſtig werden, vielleiht au<h unbedeutenden Schaden zufügen; das eine wie das andere aber ſteht in gar keinem Verhältnis zu dem außerordentlihen Nugßen, den dieſe Vögel uns bringen. Wer glaubt, daß ſie nur ſolche Kerfe verzehren, die dem Walde nicht beſonders ſ{hädli< werden, wird ſi eines beſſeren belehren, wenn dur< Ungunſt der Verhältniſſe der verderbliche Borkenkäfer ſih übermäßig vermehrte und von allen Seiten her die Spechte zu dem heimgeſuchten Walde ſtrömen, um unter der verderblichen Brut aufzuräumen. Nicht die ungefährlichſten, ſondern die ſ{hlimmſten Waldverderber ſind es, denen die Spechte entgegentreten. Der Nuten, den ſie hierdur<h unſeren Waldungen leiſten, läßt ſi<h niht bere<hnen, niht einmal abſhäßen. Aber der Nugen der Spechte iſt nicht bloß ein unmittelbarex, ein ſoler, welcher ſih einfa dur< die Worte „Vertilgung der ſchädlichen Forſtkerfe““ ausdrü>en läßt, ſondern, wie bereits Gloger treffend hervorgehoben und Wieſe wiederholt hat, au< ein mittelbarer; denn die Spechte ſind bis jet die alleinigen Erbauer der Wohnungen unſerer nüßlichen Höhlenbrüter. Leider will man noh immer niht einſehen, daß dieſen Waldhütern Wohnungen gebaut oder wenigſtens belaſſen werden müſſen, daß ein alter hohler Baum, der ihnen geeignete Niſtpläße bietet, ungleih höhere Zinſen trägt, wenn ex im Walde ſtehen bleibt, als wenn er gefällt und zu Klaſtern aufgeſchichtet wird, und deshalb ſollte man um ſo mehr bedacht ſein, die Spechte gewähren zu laſſen. Gloger meint, daß jeder „einzelne Specht für ſich allein durchſchnitt: li< ſ{<on im Verlaufe eines Jahres gewiß mindeſtens ein Dußend, ja oft wohl mehr als doppelt ſo viele beſtens eingerihtete Höhlen für andere Höhlenbrüter fertig liefere“, mit: hin ebenſo viele Paare der leßteren verſorge; denn es bleibe ohne Zweifel bei den Spechten „als geborenen Zimmerleuten der Vogelwelt noch der bei weitem unbedeutendere Teil ihres

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