Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Kolibris: Allgemeines. 661

breite Form mehr dem der Spechte und Kucku>e als dem der Singvögel. Der Schwanz beſteht aus 5—7 Wirbeln, je nachdem die vorderen ſih mit dem Be>en verbunden haben oder frei bleiben. Die Flügelknochen ſind durch das lange Schulterblatt ebenſo merkwürdig wie durch den ſehr furzen Ober- und Vorderarm. Der Handteil dagegen hat eine ſehr bedeutende Länge. Die Knochen der Beine ſind ſämtlih ſehr fein und ziemlich kurz; doch behalten die Zehen ihre gewöhnliche Gliederzahl.

„Das Zungengerüſt hat in der Anlage die meiſte Ähnlichkeit mit dem der Spechte, inſofern die langen Zungenbeinhörner gebogen am Hinterkopfe hinaufſteigen und darüber hinweg auf die Stirn übergehen, woſelbſt ſie in der Ruhe bis an den Rand des Schnabels reichen. Die eigentlihe Zunge beſteht aus zwei am Grunde verwahſenen Fäden, die aber niht an der Spigze geöffnet ſind, ſondern in eine abgeplattete, faſt häutige Fläche auslauſen, die ſeitwärts mit kleinen feinen Zaden verſehen iſt. Dieſe hohlen Fäden ſcheinen nur Luft zu enthalten; wenigſtens ſah ih ſie ſtets leer. Hinten verbinden ſie ſih miteinander, und hier iſt ihre Höhlung mit lo>erem Zellgewebe erfüllt. Die Zunge wird von da nah hinten zu ein wenig di>er und endet mit zwei kurzen, etwas auseinander gehenden glatten Een. Dieſer Teil der Zunge iſt ſtets ſo lang wie der Schnabel. Unmittelbar hinter den beiden Wurzele>en wird die Zunge fleiſchig und gleiht einem kurzen Stiele, deſſen Oberfläche in Falten gelegt iſt. Bis an den Kehlkopf verdict ſich dieſe Stre>e, die dem Zungenbeinkörper entſpricht, ſehr allmähli<h und teilt ſih dann in zwei Schenkel, die den Kehlkopf zwiſchen ſih nehmen und neben den Äſten des Unterkiefers vorbei und zum Hinkerkopfe hinaufſteigen. Das ſind die Zungenbeinhörner. Sie werden von einem Paare bandförmiger Muskeln begleitet, welche die Bewegung der Zunge bewirken. Der eine ſtärkere Muskel liegt hinter dem Zungenbeine, geht an ihm bis zur Zunge und dient zum Hinausſtre>en der Fäden, wobei ſih die geſpaltene Scheide des Stieles der Zunge von deren Wurzel bis zum Kehlkopfe ſtark ausdehnt und eine vier- bis ſe<sfache Länge erhält. Das andere Muskelpaar geht von den Zungenbeinhörnern in der Mitte an deren Gelenke zwiſchen ihren Abſchnitten aus, läuft über den Scheitel zur Stirn und heftet ſich an die Wurzel des Schnabels vor der Stirn. Dieſer Muskel zieht die Zunge zurü> und verkürzt die Scheide zwiſchen der Zungenwurzel und dem Kehlkopfe.

„Die Weichteile der Kolibris habe ih bei mehreren Arten unterſucht, aber nichts beſonders Merkwürdiges daran gefunden. Der Schlund dehnt ſi< am Halſe zu einem länglihen Schlauche aus, ganz wie bei den Spehten und Kucku>en, ehe er in die Gabel tritt. Von da an zieht er ſi< wieder zuſammen und geht durch eine ſehr enge Mündung in den leinen, furzen Vormagen über, dem ein ganz auffallend kleiner, runder, wenig fleiſchiger Magen folgt. Fener iſt auf der Fnnenſeite mit neßförmigen Drüſenmaſchen bekleidet, dieſer ganz glatt und ohne Lederhaut. Die Blinddärme und die Gallenblaſe fehlen; dagegen iſt die Leber ſehr groß, zweilappig und der rechte Lappen entſchieden der größere. Die Luftröhre teilt ſich ſhon am Halſe ziemlih weit vom Gabelbeine in zwei Schenkel, und an dieſer Stelle bildet ſi< ein deutlicher unterer Kehlkopf von beinahe kugeliger Form, deſſen ganze Unterfläche beiderſeits von einem dünnen Muskel belegt iſt, dem noch ein zweiter \<hmaler ſich anreiht. Die Lungenflügel ſind ſehr klein, das Herz aber iſt ungemein groß, über dreimal ſo groß wie der Magen. Auffallend groß und weit iſt auch der an dex linken Seite der Bauchhöhle herabſteigende Eileiter, wie die außerordentliche Größe der Eier dieſes kleinen Vogels fordert. Der Cierſto> dagegen und die Hoden ſind klein und ſ{<wer zu finden. Das räumlich größte Organ des Numpfes iſt der außerordentlich ſtarke, große Bruſtmuskel.“

Gegenwärtig kennen wir das Leben der verſchiedenen Kolibris noh viel zu wenig, als daß wir im ſtande wären, die Unterſchiede, die ſih im Betragen dieſer und jener Art unzweifelhaft bekunden werden, hervorzuheben. Jede Beſchreibung, welche bisher entworfen