Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Ku>u >: Verbreitung. Aufenthalt. Standorte, S1

nicht, irgendwo ſo viele Ku>u>e geſehen zu haben wie in Norwegen und in Lappland. Fm Gebirge ſteigt ex bis zur Sthneegrenze auf: in unſeren Alpen bewohnt er allſommerlich no< Hochthäler von 1500 m Höhe und fliegt, wie Baldamus auf Grund ſeiner Beobachtungen annimmt, no< 600—700 m höher empor; im Altai vernahm ih ſeinen Ruf ebenfalls no< über der Baumgrenze und zweifle nicht, daß er auh hier die höchſten Matten zwiſhen 1800—2300 m beſucht.

Obwohl Baumvogel, iſt er do< niht an den Wald gebunden, ebenſowenig wie ſein Aufenthalt na< der Art des Baumbeſtandes ſi< richtet. Minder häufig als in baumbeſtandenen oder mindeſtens bebuſ<hten Gegenden kommt ex auf kahlen Stre>en vor, fehlt dieſen jedoch keine8wegs gänzlich, baumloſen Fnſeln, wie Sylt und Borkum, zuweilen ebenſowenig wie den Steppen in Südſibirien, dem nur hier und da baumbegrünten hohen Tafellande des öſtlihen Perſien oder unſeren Hochalpen über der Holzgrenze. Nach meinen in drei Erdteilen und mit beſonderer Vorliebe für den Gauch geſammelten Beobachtungen ſtellt er als erſte Bedingung an ſeinen Aufenthaltsort, daß er reich an kleinen Vögeln, den Zieheltern ſeiner Jungen, ſei. Sieht er dieſe Bedingung erfüllt, ſo begnügt er ſih mit ſehr wenigen Bäumen, mit niedrigen Sträuchern, Geſtrüpp und Röhricht, und wenn ſelbſt das leßtere fehlt, fußt er auf einer Erdſcholle und erhebt von hier aus ſeine Stimme. Ausnahmsweiſe läßt er ſi<h au< durch zeitweilig an einer Stelle ihm winkende reihlihe Nahrung beeinfluſſen, in der Regel aber während ſeiner Fortpflanzungszeit niht aus einem Gebiete weglo>en, das ſein tolles Liebesleben beſonders begünſtigt. Stets wird man finden, daß die Anzahl der Ku>u>e in gleichem Verhältnis mit der Anzahl der Pflegeeltern wächſt und um ſo mehr zunimmt, je häufiger eine Art der lezteren in einem beſtimmten Umkreiſe brütet. Daher liebt der Ku>u> gemiſhte Waldungen mehr als ſolche, in welchen eine Baumart vorherrſ<ht; daher findet er ſi< häufiger als irgendwo in der Nähe von Brü<en, Sümpfen oder überhaupt in waſſerreichen Niederungen. Wer den Ku>u> kennt, wird niht behaupten, daß er ein Charaftervogel des Erlenwaldes ſei oder überhaupt zur Erle eine beſondere Vorliebe zeige: wer aber den Spreewald beſucht, in welchem die Erle faſt ausſ<hließli<h den Beſtand bildet, wird anfänglih erſtaunt ſein über die außerordentlich große Anzahl von Ku>ucken und erſt dann die Erklärung für ihr maſſenhaftes Vorkommen finden, wenn er exfahren hat, daß hier Grasmücken, Pieper, Schaf- und Bachſtelzen ohne Zahl ihm die größte Leichtigkeit gewähren, ſeine Eier unterzubringen.

Jedes Ku>kucksmännchen wählt ſich ein Gebiet von ziemlihem Umfange und verteidigt es hartnä>ig gegen einen etwaigen Nebenbuhler. Wird ein Ku>u> verdrängt, ſo ſiedelt er ſi< diht neben dem Eroberer an und ficht mit dieſem dann faſt tagtäglich einen Strauß aus. Daß ‘ein gewiſſer Vogel zu demſelben Orte zurückkehrt, hat Naumann durch Beobachtungen feſtgeſtellt: er kannte einen Ku>uc, der ſih dur ſeine auffallende Stimme vor den übrigen fennzeihnete, und erfuhr, daß dieſer während 32 Fahren in jedem Frühling in demſelben Gebiete ſi<h ſeßhaft machte. Genau dasſelbe gilt nah Ad. Walters Feſtſtellung auh für das Weibchen, wie eigentümlich gefärbte, von anderen abweichende Eier, die man jedes Jahr in demſelben Gebiete und bei derſelben Vogelart wiederfindet, faſt außer Zweifel ſtellen. Das Gebiet, in welchem das Weibchen ſein erſtes Ei untergebracht hat, wird ihm zur engeren Heimat; do< verweilt es in ihm immer kürzere Zeit als das Männhen. Seinen Standort dur<ſ<hweiſt dieſes ohne Unterlaß, und deshalb erſcheint es mit einer gewiſſen Regelmäßigkeit auf beſtimmten Bäumen tagtäglih mehrere Male. Nicht ebenſo verhält es ſich mit dem Weibchen, wie ih ebenfalls nach eigner Beobachtung mit aller Beſtimmtheit behaupten darf.

Meine Ne>ereien mit den Ku>u>en, die ih in jedem Frühjahre und bei jeder Gelegenheit wiederhole, haben mich belehrt, daß die Anzahl der Weibchen bei weitem geringer

Brehm, Tierleben. 3. Auflage. V. 6