Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

104 Erſte Ordnung: Baumvögel; zweiundvierzigſte Familie: Ku&u>e.

unterſcheidet ſih von dem des Ku>u>s; denn er iſt niht ſo ruhig und gleitend, ſondern erfordert zahlreichere Flügelſchläge. Gegen die Brutzeit hin wird der Koel lärmend und läßt ſich jederzeit vernehmen, ſelbſt mitten in der Nacht, indem er unabläſſig ſeinen wohlbekannten Schrei, ein an Stärke anſhwellendes ,Koel fkoel“ ausſtößt. Übrigens beſißt das Männchen noh einen anderen Stimmlaut, der wie „huwihu“ oder „hoäo‘ lingt, und wenn ex fliegt, läßt er noch ein drittes, etwas flangreicheres Geſchrei vernehmen.

Eingehender berichtet Blyth. Der Koel, obwohl ein Vogel von den Sitten der Kueude inSgemein und dieſen auch darin ähnelnd daß er von einem Baume zum anderen zu fliegen pflegt, iſt niht beſonders ſcheu und geſtattet in der Regel Annäherung eines Menſchen, während er ſih ſtill hält, um Beobachtung zu vermeiden oder inbeſondere, wenn er frißt. Wenn ein Baum in voller Frucht ſteht und man unter einem ſolchen ſi< auſſtellt, kann man ihrer ſo viele erlegen, daß man kaum Zeit hat, das Gewehr wieder zu laden. Je nachdem dieſe oder jene Frucht in Reife komt, hält er ſi mehr auf dem einen oder anderen Vaume auf. Zu anderen Zeiten ernährt er ſi von verſchiedenen Beeren, die unzerſtüctt verſchlungen, und deren große Körner dann ausgewürgt werden. Beim Freſſen ſieht man oft mehrere Koels nahe beiſammen; doc halten ſie keine Gemeinſchaft miteinander, und jeder geht unabhängig ſeinen Weg, wie es wohl bei allen übrigen Ku>u>en au der Fall ſein mag. Alle dieſe Gewohnheiten des Vogels ändern ſi, wenn die Paarungszeit herannaht. Nunmehr wird der Koel zu einem faſt unerträglichen Schreier, deſſen laute Rufe man faſt ohne Unterbrehung vernimmt. Die verſchiedenen Landesnamen ſind, wie zu erwarten, ein Klangbild dieſes Nufes, der nah Ku>uart ausgeſtoßen wird und, in einer gewiſſen Entfernung vernommen, das Ohr anmutet, infolge ſeiner unendlihen Wiederholungen zu allen Stunden des Tages und der Nacht zuleßt aber do wenigſtens den einen oder den anderen Europäer ermüdet. Anders denken die Eingeborenen. Sie bewundern den Vogel hauptſächlih ſeiner Stimme halber, halten ihn deshalb vielfah in Gefangenſchaft und erfreuen ſi< an ihm ebenſo wie an den beſten Sängern. Eine Folge ihrer Liebhaberei iſt, daß auh der gefangene Koel bald alle Scheu verliert, nit nah Art unſeres Ku>ku>s verdroſſen ſ{hweigt, ſondern ſeine laute Stimme in der Gefangenſchaft ebenſogut zum beſten gibt wie im Freien.

„Das Weibchen dieſes in Fndien äußerſt volkstümlichen Vogels“, fährt Blyth fort, „[cheint ſein Ei ausſchließli< in die Neſter der beiden indiſchen Krähenarten, der Glanzund Aasfrähe (Corvus splendens und Corvus culminatus), zu legen. Dies iſt etwas ſo Gewöhnliches, daß uns ein Mann zu gleicher Zeit 5—6 Ku>u>seier brachte, deren jedes in einem verſchiedenen Neſte gelegen hatte. Man findet das Ei unſeres Shmarozers ſo oft allein in Krähenneſtern, daß man faſt zu der Annahme berechtigt iſt, der Koel zerſtöre die Eier der Krähe, in deren Neſt er das eigne legen will. Aber unerwieſen bleibt es, ob der junge Koel den „Jnſtinkt“ beſigt, etwaige Mitbewohner des Neſtes hinauszuwerfen. Jh bin ſehr geneigt, daran zu zweifeln. Frith, auf deſſen Erfahrungen ih das größte Gewicht lege, verſichert, nie mehr als ein Koel-Ei in einem Neſte und auch nie in anderen Neſtern als denen der genannten beiden Krähen gefunden zu haben. Er beobachtete öfters, wie das Weibchen der Glanzkrähe den weiblihen Koel aus ſeiner Nachbarſchaft vertrieb, und einmal, wie dieſer leßtere, indem er der Verfolgung zu entgehen verſuchte, mit ſolcher Gewalt gegen die Glasſcheibe eines Gebäudes flog, daß er mit zerſhmettertem Schädel ſogleich niederſtürzte.“ Major Davidſon erzählt: „Fn der Veranda meines Bungalows ſtehend, hörte ih plöglih ein lautes Gekreiſh auf dem Raſen und eilte hinzu, in der Meinung, eine junge Krähe ſei aus dem Neſte gefallen. Anſtatt einer ſolchen fand ih zu meinem Erſtaunen einen jungen Koel. Jc näherte mich auf einige Schritte und ſah, wie der kleine Vogel aus dem Shnabel der Krähe Nahrung empfing und dabei zitterte und die Flügel