Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Koel: Weſen. Fortpflanzung. 105

ausbreitete.“ Ein Eingeborener, der zugegen war, verſicherte, daß der Koel allemal von der Stiefmutter aufgefüttert werde und daß dieſe Pflege ſo lange andauere, bis der fremde Vogel ſelbſt für ih zu ſorgen im ſtande ſei. „Das Ei des Koels“/ ſagt Blyth weiter, „iſt 30 mm lang und 18—22 mm breit; der Geſtalt na< ähnelt es ſehr den Eiern des Kotri oder Landſtreichers (Dendrocitta rufa), ſeine Farbe iſt aber geſättigter, ein blaſſes Olivengrün mit gleihmäßig dichter rötlihbrauner Fle>ung, die um das die Ende zu gedrängter ſteht. Für den Eierkundigen hat das Ei ein bezeihnendes ku>u>artiges Anſehen.“

Jm Widerſpruche mit der von Davidſon mitgeteilten Thatſache erzählt Philipps, er ſelbſt und ein gebildeter, im Beobachten ſehr geübter und durchaus zuverläſſiger Eingeborener hätten geſehen, daß das Koelweibchen, nachdem es ſein Ei in einem Krähenneſte niedergelegt habe, dieſes häufig aus einer gewiſſen Entfernung beobahte, um zu gewahren, ob auh ſein Junges hinausgeworfen werde. Dieſes geſchehe, ſobald es ſein gefle>tes Jugendfleid anlege, alſo flügge ſei, und ſofort nehme ſih die e<hte Mutter des doh noh hilfloſen Kindes an, um es zu füttern. Er habe dies mehr als einmal während ſeines Aufenthaltes in Gwalior beobachtet. Daß die Koelmutter ihr Junges füttere, habe er ſelbſt geſehen. Das Junge war faſt ganz erwachſen und ſaß ruhig auf einem Baume, während die Alte, ab und zu fliegend, ihm Früchte zutrug. „Das Wahre an der Sache ſcheint zu ſein“, ſhließt Blyth, „daß der Koel hintereinander verſchiedene Eier legt, in Zwiſchenräumen von 2—3 Tagen etwa, wie der europäiſche Kucku> und ferner, daß, nachdem die Jungen von den Pflegeeltern herausgeworfen ſind, die e<hte Mutter ſie no< einen oder einige Tage füttert.“ Blyth bedauert, in dieſer Beziehung Gelegenheit zu eignen Beobach: « tungen niht gehabt zu haben, und damit iſt, für mi<h wenigſtens, geſagt, daß die Mitteilungen von Philipps wohl auf ſi<h beruhen dürfen.

Hierzu bemerkt Ferdon no< das Nachſtehende: „Das Koel-Weibchen legt, wie in Jndien längſt bekannt, ſeine Eier faſt aus\cließli< in das Neſt der Glanzkrähe, viel ſel: tener in das der Aaskrähe. Gewöhnlich legt es nur ein Ei in jedes Neſt, und meiſt, aber nicht immer, zerſtört es gleichzeitig eines der Kräheneier. Es iſt ein Volksglaube in Fndien, daß die Krähe den Betrug merke, wenn der junge Koel faſt ausgewachſen iſ, und ihn dann aus dem Neſte ſtoße. Die Regel kann dies aber in Wahrheit nicht ſein, denn ih habe den jungen Vogel oft von Krähen füttern ſehen, nachdem er ſchon das Neſt verlaſſen hatte. Übrigens ſcheinen es die Krähen recht wohl zu merken, wenn ſie durch den Koel zum Hahnrei gemacht werden.“ Durch Swinhoes Beobachtungen erfahren wir, daß der Koel keineswegs einzig und allein die von dem vorher erwähnten Forſcher genannten Vögel zu Pflegeeltern ſeiner Brut erwählt, ſondern ſeine Eier auh in die Neſter anderer, obſchon immerhin noh den Raben entfernt verwandter Vögel, insbeſondere der Grakeln und Mainas, legt. Ein Koel flog vor Swinhoes Augen nach einem Baume und wurde dort von ſeinem Weibchen begrüßt, das ſi<h in der Nähe des Neſtes einer Grakel zu ſchaffen gemacht hatte. Als der re<tmäßige Beſizer des Neſtes von einem Ausfluge zurückkehrte, ſtürzte er ſih auf die Eindringlinge, wurde jedo<h von dieſen beſiegt und in die Flucht geſchlagen.

ZU meiner Freude ſah ih bei einem meiner Beſuche des Londoner Tiergartens einen der Koels, die Babu Rajendra Mulik, ein indiſcher Vogelliebhaber, der genannten Anſtalt geſchenkt hatte. Der Vogel war damals bereits ſeit zwei Jahren in London und befand ſi< ſo wohl, daß man mit Recht hoffen durfte, ihn noh jahrelang am Leben zu erhalten. Seine Gefangenkoſt beſtand aus geko<htem Reis und verſchiedenen Früchten und Beeren, friſchen und gedörrten. Leider nahm mich der Tierreihtum des Gartens ſo in Anſpruch, daß ih zu einer eingehenden Beobachtung des berühmten Vogels keine Zeit gewinnen konnte. Es ſchien mix übrigens, als ob ſi der Koel in der Gefangenſchaft durch