Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

* Ani: LebenS8weiſe. Bewegungen. Stimme. 2A

ſeltener in der offenen Savanne und in dem Fnneren des Waldes.“ Goſſe fügt Vorſtehendem noch einiges hinzu. „Sie lieben es, morgens auf niederen Bäumen mit ausgebreiteten Schwingen ſih zu ſonnen und verweilen in dieſer Stellung oft lange Zeit vollfommen ruhig. Jn der Hite des Tages ſieht man viele in den tieferen Ebenen, auf den Umzäunungen oder Heten ſißend, den Schnabel weit geöffnet, als ob ſie nah Luft ſ{<nappten. Dann ſcheinèn ſie ihre gewöhnliche Geſhwäßigkeit und Vorſicht gänzlich vergeſſen zu haben. Manchmal ſpielen zwei oder drei inmitten eines di>en, von S<hlingpflanzen umwobenen Buſches Verſte>en und ſtoßen dann plößlich ihr ſonderbares Geſchrei aus, gewiſſermaßen in der Abſicht, andere aufzufordern, ſie zu ſuchen.“ Gundlach, der den Ani auf Cuba beobachtet hat, hebt ebenfalls die Neigung, geſellig zu leben, hervor und bemerkt, daß die Anis familienweiſe von einer Stelle zur anderen ziehen, jedoch ſtets innerhalb eines éleinen Wohngebietes bleiben, Da ſie viel zuſammenleben, muß natürlicherweiſe eins der Glieder der Geſellſchaft eine annähernde Gefahr vemerken und das Lärmzeichen geben; dieſes ahmen alle nac, bevor ſie ſih entfernen, und daher rührt zum guten Teile ihr beſtändiges Schreien her. Letzteres kann zwar ſehr ergößlich ſein, einen Jäger aber auch oft in empfindlicher Weiſe ärgern, weil das Wild auch hier das Geſchrei der wahſamen Vögel als Warnung betrachtet und ſih vor dem Jäger zurückzieht.

Jn ihren Bewegungen ſind ſie keine8wegs ungeſchi>t. Auf dem Boden hüpfen oder ſpringen ſie gewöhnli<h umher, indem ſie die Füße gleichzeitig erheben; gelegentlih aber ſieht man ſie au< über Hals und Kopf dahinrennen und dann mit einem Fuße um den anderen ausſchreiten, Jm Gezweige der Bäume klettern ſie ziemli<h behende umher, und zwar ebenſo fopfaufwärts wie umgekehrt. Sie fußen auf dem Ende eines Hauptzweiges, gewinnen die Mitte der Krone, indem ſie raſh auf dem Zweige dahinlaufen, durhſuchen den ganzen Baum ordentli<h nah Kerbtieren und verlaſſen ihn von der anderen Seite, entweder einzeln in derſelben Ordnung oder plöglih alle zuſammen unter lautem Geſchrei. Der Flug iſt ſchwerfällig, langſam und unregelmäßig; der fliegende Ani ſieht dabei auh ſonderbar aus, weil er den dünnen Leib mit dem langen Schwanze, dem großen Kopfe und dem gewaltigen Schnabel gerade ausſtre>t und die Schwingen nur wenig bewegt und jo, wie Goſſe ſagt, cher einem Fiſche als einem Vogel ähnelt.

Ani und Sperlingsfalke müſſen, laut Newton, am meiſten unter den Angriffen eines Tyrannen leiden. Es iſ ſ{<wer zu ſagen, ob der Ani oder gedahter Tyrann dem Beobachter das meiſte Vergnügen gewährt. Wenn eine friſche Briſe weht, iſt jener wegen ſeines langen Schwanzes und der kurzen Flügel geradezu hilflos verliert gänzlih ſeine Geiſte8gegenwart und fliegt mit dem Winde, während das Gegenteil das beſte wäre. Dann erſcheint der Tyrann und verſet ihm derartige Stöße, daß ihm nichts übrigbleibt, als ſich in eine unerqui>li<h ausſehende Dornhe>e oder in das Gras hinabzuſtürzen. Eine Folge dieſer Abenteuer iſt, daß ſein Gefieder, namentli<h das des Schwanzes, ſehr leidet. Man fann wirkli< kaum einen einzigen bekommen, deſſen Steuer in gutem Zuſtande iſt.

Der ſonderbare Ruf, der alle Augenbli>e vernommen wird, klingt wie der Name des Vogels durch die Naſe geſprohen, nah dem Freiherrn von Kittliß wie „tru-i tru-i“/ nah Azara wie „gooi“ oder „aani“, nah dem Prinzen von Wied wie „ani“ oder „a-i“/ na< Gundlach wie „ju-dio“, angenehm aber ſicher nicht, da die Anſiedler den Vogel deshalb, laut Shomburgk, „alte Hexe“ zu nennen pflegen. Zur Zeit der Liebe hört man, nah Gundlach, andere Laute, die eine Art Geſang bilden, als ſolcher mindeſtens dann erſcheinen, wenn mehrere zu gleicher Zeit ſingen. Dieſe Töne ſind Kehllaute und werden nur auf eine furze Stre>e hin vernommen.

Die Nahrung iſt gemiſchter Art. Kriechtiere, Kerfe und Würmer bilden wahrſcheinlih das Hauptſutter; zeitweilig aber halten ſih die Madenfreſſer faſt ausſchließli<h an