Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

16 Erſte Ordnung: Baumvögel; ſe<Sunddreißigſte Familie: Hornvögel.

gewöhnlich paarweiſe, ſeltener in kleinen Flügen; laut Hodgſon, dem wir eine na<h Form und Gehalt muſtergültige Schilderung des Auftretens und Weſens verdanken, bewohnt er in Nepal alle niederen Gebirgs8züge zwiſchen Haridwar im Weſten bis Aſſam im Oſten, dringt auh, dem Laufe der Ströme folgend, tief in das Jnnere des Gebirges vor, hält ſih jedo< in ſolchem Falle aus\<ließli< an die Thäler und ſteigt niemals zu den luftigen Gipfeln der benahbarten Hochberge empor. Eingeborene, die mit dem Vogel und ſeinem Leben wohl vertraut waren, verſicherten Hodgſon, daß er nur den Winter in gedachten Thälern verbringe, mit Eintritt der warmen Jahreszeit dagegen, etwa Ende Februar, den Hochbergen im Norden zuwandere; Hodgſon bezweifelt jedoch die Richtigkeit dieſer Angaben und iſt geneigt, zu glauben, daß der Doppelhornvogel niht wirkli< wandere oder ziehe, ſondern nur in einem beſchränkten Gebiete umherſtreihe, je nahdem Wärme oder Kälte, Fruchtreife und Brutgeſchäft ihm einen Teil ſeines Wohnkreiſes verleiden oder beſonders annehmli<h erſcheinen laſſen. i

Maleriſh und feſſelnd ſchildert Hodgſon das Auſtreten und Weſen des Homraî. Der Vogel wählt mit Vorliebe offene und bepflanzte Rodungen, wie ſie in der Nähe der Flüſſe mitten in den Waldungen angelegt werden, zu ſeinem Aufenthalte. Er lebt geſellig und zeichnet ſih dur ſeine ernſten und ruhigen Gewohnheiten und Bewegungen ebenſo aus wie dur Selbſtvertrauen und Würde. Auf dem Wipfel eines hohen, phantaſtiſhen Baumes ſieht man die großen, abſonderlichen und ſelbſtbewußten Vögel ſtundenlang bewegungslos ſigen, ihren Hals eingezogen und faſt verſte>t zwiſchen den Flügeln, den Leib auf die Fußwurzeln niedergebogen. Gelegentlich erhebt ſi< einer zu kurzem Fluge, in der Regel in Begleitung eines oder zweier Gefährten, und ſtrebt einem anderen hohen Baume zu. Niemals begibt er ſi, ſoweit Hodgſons Beobachtungen reihen, zum Boden hinab oder ſeßt ſich au< nur auf einen niedrigen Baum. Gewöhnlich findet man 20 oder 30 dieſer Vögel in unmittelbarer Nahbarſchaft, 6 oder 8 auf demſelben Baume, vorausgeſeßt, daß dieſer groß ſei, und hier verweilen ſie, wie bemerkt, ſtundenlang mit dem unwandelbaren, würdigen Ernſte von Richtern, dann und wann einige halb unterdrü>te Laute ausſtoßend, die ebenſo ſeltſam ſind wie ihre Geſtalt und Sitten. Dieſe Laute erinnern an das Quaken eines Ochſenfroſches, übertreffen es auh kaum an Stärke. Wenn aber der unerbittliche Jäger ſich einer ſolchen feierlichen Verſammlung aufdrängt und, ohne tödlih zu verwunden, einen der Vögel vom Baume herabſchießt, ſeßt ihn das brüllende Geſchrei des gefährdeten Homraîï in höchſtes Erſtaunen. Denn mit nichts anderem kann man die dann vernehmbaren heftigen Laute vergleichen, als mit dem Schreien des Eſels. Fhre Gewalt iſt außerordentli<h und wohl eine Folge der ungewöhnlih knochigen Luftröhre und Stimmriße.

Alle übrigen Beobachter treten dieſer Schilderung im weſentlichen bei; doh bemerkt Jerdon, daß er niemals, weder im ſüdlichen Jndien noch in Sikkim, größere Geſellſchaften als ſol<he von 5 und 6 und ſelbſt ſie nux ſelten geſehen habe. Er bezeichnet den Doppelhornvogel im allgemeinen als einen ſtillen Geſellen, der bloß dann und wann ein tiefes, jedoh niht lautes Krächzen ausſtößt, fügt dem aber hinzu, daß gelegentlih, wenn eine Geſellſchaft ſi zuſammenfindet, auh überaus laute, rauhe und unangenehme Shreie vernommen werden. „Die Stimme“, beſtätigt Ti>kell, „erregt das Echo, und es wird einem zuerſt ſhwer, zu glauben, daß ein Vogel ſolche Töne von ſich gibt. Wie bei anderen Arten, wird das Geſchrei ſowohl beim Einatmen als auch beim Ausſtoßen der Luft hervorgebracht.“ Nach meinen Beobachtungen an gefangenen Homrais laſſen ſich die einzelnen abgebrochenen Laute, die man vernimmt, am beſten mit dem Bellen eines mittelgroßen Hundes vergleichen und etwa durch die Silben „karok“ oder „krok“ ausdrüden. Bei jedem dieſer Laute erhebt der Vogel Hals und Kopf, ſo daß der Shnabel faſt ſenkrecht ſteht, und ſenkt ihn dann wieder abwärts.