Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Dovppelhornvogel: Aufenthalt. Stimme. Bewegungen. Nahrung. IT

„Der Homraï“/ ſo fährt Hodgſon fort, „fliegt mit ausgeſtre>tem Halſe und eingezogenen Beinen, wagerecht gehaltenem und etwas ausgebreitetem Schwanze. Sein ermüdender Flug beſchreibt eine gerade Linie und wird unterhalten dur< ſ{<werfällige, gleihmäßige, aber raſh nacheinander wiederholte Schläge der Flügel, die, obſchon ſie groß genug ſind, do verhältnismäßig kraftlos zu ſein ſ{heinen, wahrſcheinlih infolge des lo>eren Zuſammenhaltes der Wirbelſäule.“ Alle Flügelſ<hläge werden von einem lauten, ſauſenden Geräuſche begleitet, das nah Jerdon noch in einer Entfernung von einer engliſchen Meile vernehmbar ſein ſoll. Auf dem Boden iſt der Doppelhornvogel, wenn auch niht gänzlich fremd, ſo doh ſehr ungeſchi>t. Seine Füße ſind niht zum Gehen geſchi>t, wohl aber bewunderungswürdig geeignet, einen ſtarken Zweig zu umklammern. Auch bieten die Bäume, wie Hodgſon hervorhebt, dem Vogel alles, was er zum Leben bedarf, Nahrung und Ruhe auf derſelben Stelle, ſo daß er der Notwendigkeit überhoben iſt, auf den Boden herabzukommen. Gefangene haben mi belehrt, daß dieſe Angabe des trefflih beobachtenden Forſchers nicht ganz rihtig iſt. Dann und wann fällt es, wie wir ſehen werden, denno< einem Homraîï ein, das Gezweige zu verlaſſen und auf den Boden hinabzufliegen.

Hodgſon glaubt, den Homraîï als faſt ausſhließlihen Fruchtfreſſer bezeichnen zu dür: fen. „Daß er ein ſolcher wenigſtens zu gewiſſen Zeiten iſt“, meint er, „ſteht außer aller Frage. Denn die Magen von 6 oder 8 Vögeln, die ih im Fanuar und Februar erlegte und unterſuchte, enthielten einzig und allein die Frucht der heiligen Feige. Beſagte Frucht iſt es, die faſt alle Beobachter unſeren Vogel freſſen ſahen, und Feigen überhaupt, ſowohl wilde als au< in Gärten gezogene, zieht er unzweifelhaft jeder anderen Frucht vor. Fedoch beſchränkt er ſi< niht auf ſie allein, ſondern verzehrt je nah Umſtänden auh no< andere Früchte.“ Jn Fruchtgärten wird ex, laut Horne, zuweilen ſehr läſtig. Jm Fahre 1867 wurde der Garten des genannten Berichterſtatters von den Homraiïs ſo arg heimgeſucht, daß ein Dugend von ihnen abgeſchoſſen werden mußte. Sie erſchienen auf den Bäumen, fletterten hier faſt wie Papageien umher, indem ſie den Schnabel zu Hilfe nahmen, und entleerten die Kronen von allen Früchten, welche an ihnen hingen. Fn dem betreffenden Garten ſtanden Orangenbäume, die ſehr große, ſüße, lo>erſchalige Früchte trugen; dieſe fand der Genannte oft dem Anſchein nah unberührt am Zweige hängen, innerlih aber voll: ſtändig entleert. Daß man nah ſolhen Wahrnehmungen den Homraîï als ausſ<hließlichen Pflanzenſreſſer betrachtet, wird erklärlih; Beobachtungen an gefangenen aber erſchüttern eine ſolche Anſchauung weſentli<h. Auch hier nehmen zwar die Hornvögel Früchte aller Art mit Vorliebe an und einige Sorten auh ſo ungemein begierig, daß man ſie geradezu als ihre Lecerbiſſen betraten darf; außer Pflanzennahrung aber verlangen ſie auh tieriſche Stoffe. Einzelne von ihnen zeigen ſi<h als förmliche Raubtiere, die jedes lebende und ſ<wächere Weſen in ihrer Nähe überfallen und umbringen. Sie entvölkern ein Fluggebauer, in welches man ſie bringt, in kürzeſter Friſt. Denn troß ihres anſcheinend ungeſchi>ten Weſens wiſſen ſie ſi. ihrer Mitbewohner bald zu bemächtigen, lauern, ruhig auf einer Stelle ſißend, auf den una<htſamen Vogel, der in ihre Nähe kommt, fangen ihn durch plößliches Hervorſchnellen des Schnabels im Sigen oder im Fliegen, ſ{<hlagen ihn einigemal gegen den Boden, ſtellen ſih ſodann mit dem Fuße auf die glüclih erlangte Beute und verzehren ſie mit ſo erſichtlihem Behagen, daß man ſhwerlih an unnatürliche, erſt in der Gefangenſchaft erlernte Gelüſte glauben darf. Jeder Biſſen, welchen ſie nehmen, wird vorher in die Luft geworfen und mit dem Schnabel wieder aufgefangen. Jhre Fertigkeit in dieſer Beziehung iſt überraſchend und ſteigert ſih dur< Übung bald ſo, daß ſie die ihnen zugeworfenen Leckereien faſt unfehlbar ergreifen, mögen dieſe kommen, von welcher Seite ſie wollen. Dagegen beſtätigen die gefangenen Homrais eine Angabe Hodgſons wenigſtens bis zu einem gewiſſen Grade. Sie verſhmähen zwar nicht gänzlich das Waſſer, wie der Genannte

Brehm, Tierleben, 3. Auflage. YV.

2