Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2
Wiedehopf: Allgemeines. Verbreitung. Gebaren. 31
der Mitte ſeiner Länge weiß gebändert. Beim Weibchen ſind die Farben etwas ſ{hmußiger als beim Männchen; bei den Jungen iſt der Federbuſch kürzer. Das Auge iſt dunkelbraun, der Shnabel hornſhwarz, der Fuß bleigrau. Die Länge beträgt 29, die Breite 45, die Fittihlänge 14, die Shwanzlänge 10 em.
Der Wiedehopf bewohnt Mittel- und Südeuropa, ganz Sibirien und China, Weſtaſien und Nordafrika, iſt in Deutſchlands Ebenen häufig, in England ein ſeltener Gaſt, verirrt ſi aber zuweilen bis nah Nordſkandinavien und Spißbergen. Fn Deutſchland iſt er Zugvogel, der in den leßten Tagen des März einzeln oder paarweiſe ankommt und Ende Auguſt und Anfang September familienweiſe langſam wieder nah Süden reiſt; ſchon in Nordafrika aber wandert er niht mehr, ſondern ſtreicht höchſtens im Lande auf und nieder. Doch trifft man ihn im Winter in ganz Afrika an, und ebenſo gehört er unter die regelmäßigen Wintergäſte Jndiens. Bei uns bevorzugt er Ebenen, die mehr oder weniger dicht mit Bäumen beſtanden ſind. Gegenden, in welchen Felder und Wieſen mit kleinen Wäldhen abwedſeln, oder ſolche, wo alte Bäume einzeln inmitten der Feldmarken ſtehen, ſagen ihm beſonders zu. Fn Südeuropa treibt er ſih vorzugsweiſe in den Weinbergen herum; in Afrika iſt ex in jedem Dorfe, ja ſelbſt inmitten der Städte zu beobahten. Hier findet er alles, was ſein Herz ſi< wünſcht. Nicht das Vieh iſt es, das dort für die Nahrung des {mutigen Geſellen ſorgt, ſondern der Menſch. So fleißig auch die Geier ſind: allen Unrat können ſie doh niht abräumen, und genug bleibt übrig für diejenigen Vögel, welche wie der allbekannte, dur<h mancherlei Sagen verherrlihte Hudhud Kothaufen als höchſt erqui>élihe Gegenſtände betrachten. Die Ungezwungenheit der Eingeborenen richtet ihm jeden Winkel zu einem vielverſprehenden Nahrungsfelde her, und die Gutmütigkeit oder, wohl richtiger, die Gleichgültigkeit der Leute erlaubt ihm, ſein Geſchäft durchaus ungeſtört zu betreiben. Unbekümmert um den Menſchen, der ſih gerade anſchi>t, Miſtkäfer und Aasfliege auh etwas verdienen zu laſſen, treibt ſich der Vogel auf der ihm wohlbekannten Unratſtätte umher; ja, er kennt das Weſen ſeines hauptſächlihſten Ernährers ſo genau, daß ex ſi< geradezu in deſſen Wohnung anſiedelt und in irgend einem Mauerloche ſeine ſtinkende Kinderſchar heranzieht. Man braucht bloß aus dem Fenſter ſeines Hauſes hinab in den Hof oder in den Garten zu ſehen oder dur<h das Dorf zu gehen: das „Hudhud“ tönt einem überall entgegen, von den Häuſern, aus den Baumkronen, von der halb zerriſſenen Lehmmauer oder von einem widerli< duftenden Erdhügel herab, hinter einer niht allen Bli>ken ausgeſeßten Mauer hervor.
Das Betragen des Wiedehopfes iſt eigentümlich, aber anſprehend. Bei uns zu Lande vorſichtig und ſcheu, weiht er dem Menſchen oft weit aus und vertraut eigentli<h nur dem Kuhhirten, deſſen Herde für ſeinen Unterhalt ſorgt; im Süden hat er ſih auf das Fnnigſte mit dem Menſchen befreundet und treibt ſeine Poſſen unmittelbar vor deſſen Augen. Aber auch hier wird vorkommenden Falls der Grundzug ſeines Weſens, grenzenloſe Furcht, bemerfli<h. Der Vogel iſt klug’ genug, um ſi<h vollkommen ſicher zu fühlen, wenn er einen Menſchen oder ein Haustier gewöhnlichen Schlages gewahr wird; aber ſhon ein Hund macht ihn bedenklih, eine Kaße fordert ſeine Vorſicht heraus, eine vorüberfliegende Krähe erregt Beſorgnis, einer der überall gegenwärtigen Schmaroßermilane oder ein harmloſer Schmußgeier ruft namenloſen Schre>en hervor. Er ſtürzt ſich dann augenbli>lih auf den Boden nieder, breitet den Schwanz und die Flügel kreisförmig aus, biegt den Kopf zurü>, ſtre>t den Schnabel in die Höhe und verharrt in dieſer Stellung, die Täuſchung des Näubers bezwe>t/, bis alle Gefahr vorüber ſcheint. Naumann behauptet, daß ihn jede nahe und ſchnell über ihn hinwegfliegende Schwalbe erſchre>e, daß er zuſammenfahre und ſ<nell den Federbuſch entfalte: in Ägypten habe ih ſo große Ängſtlichkeit nie von ihm beobachtet, obwohl ex ſi< im Übrigen auh hier ganz wie in Deutſchland beträgt. „Es