Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

68 Erſte Drdnung: Baumvögel; neununddreißtgſte Familie: EiSvögel.

offenen Buſche verbrachte. Nach unruhigem Schlafe erwachte ih mit Tagesanbruch; aber ih bedurfte Zeit, um mich zu beſinnen, wo ih mich befand, ſo überwältigend war der Eindru> den die ungewohnten Töne auf mi< übten. Das hölliſche Gelächter des Jägerlieſts vereinigte ſih mit dem ſ{<hwächeren flötenähnlichen Tone der „Elſter“, dem heiſeren Gacern der Großfußhühner, dem Kreiſchen Tauſender von Papageien und verſchiedenen Stimmen anderer Vögel zu einem ſo wunderbaren Ganzen, wie ih es nie vernommen. Jh habe es ſeitdem hundertmal gehört, aber nie mit denſelben Gefühlen wie damals. Der „lachende Hans“ iſt des Buſhmannes Uhr. Nichts weniger als ſcheu, im Gegenteil gefellſchaftsliebend, wird er gewiſſermaßen zum Genoſſen des Zeltes und iſt deshalb, no< mehr aber wegen ſeiner Feindſchaft gegen die Schlangen, in den Augen der Buſchleute ein geheiligter Vogel.“

Der Fägerlieſt findet ſi< niht in Tasmanien oder in Weſtauſtralien, fondern ſcheint allein dem Südoſten des Weltteiles anzugehören. Ex bindet ſi keine8wegs an eine beſtimmte Örtlichkeit, ſondern beſucht eine jede: jene üppigen Büſche längs der Küſte wie den dünn beſtandenen Wald der Höhe. Aber nirgends iſt er häufig zu nennen. Er findet ſih überall, ſtets jedo<h nur vereinzelt. Seine Nahrung iſ gemiſchter Art, allein immer dem Tierz reiche entlehnt. Krieh- und Kerbtiere ſowie Krabben ſ{<heinen bevorzugt zu werden. Er ſtürzt ſih mit Haſt auf Eidechſen, und gar nicht ſelten ſieht man ihn mit einer Schlange im Schnabel ſeinem Sigplaße zufliegen. „Einmal“, ſagt der „alte Buſhmann“ „ſah ih ein Paar lachende Hänſe auf dem abgeſtorbenen Aſte eines alten, grauen Vaumes ſißen und von hier aus von Zeit zu Zeit nah dem Boden hinabſtoßen. Sie hatten, wie ſich bei genauerer Unterſuchung ergab, eine Teppichſhlange getötet und bewieſen dur ihr Geſ<hwäß und Gelächter lebhafte Freude darüber. Ob ſie übrigens Schlangen freſſen, vermag ih niht zu ſagen; denn die einzigen Kriechtiere, die ih je in ihrem Magen gefunden habe, waren fleine Eidechſen.“ Übrigens raubt er auch kleine Säugetiere: Gould ſchoß einſt einen Vogel dieſer Art, bloß um zu ſehen, was er im Schnabel trüge, und fand, daß er eine ſeltene Beutelratte erjagt hatte. Daß er junge Vögel niht verſchont und namentlich den Neſtern gefährlih werden mag, läßt ſi< erwarten. Waſſer ſcheint niht zu den Bedürfniſſen des Jägerlieſtes zu gehören: den frei lebenden Vogel findet man, wie bemerkt, ſelbſt in den tro>œenſten Waldungen, und auch die gefangenen zeigen weder des Trinkens noch des Badens halber nah Waſſer beſonderes Verlangen.

Die Brutzeit fällt in die Monate Auguſt und September. Das Paar ſucht ſih dann eine paſſende Höhlung in einem großen Gummibaume aus und legt hier ſeine wundervollen perlweißen Eier auf den Mulm in der Tiefe dieſer Höhle. Wenn die Jungen ausgeſ{<lüpft ſind, verteidigen die Alten den Brutplaß mutig und furhtlos, und den, der die Brut rauben will, greifen ſie ſogar thätlih an und verſeßen ihm niht ungefährliche Biſſe.

„Das erſte, was mir bei meiner Landung in London in die Augen fiel“, {ließt der „alte Buſchmann“, „war ein „lahender Hans‘, der eingepfer<t in einem engen Käfige ſaß. Niemals habe ih ein erbärmlicheres, beklagenswerteres Weſen geſehen als meinen armen, alten Freund, der die Freiheit ſeiner luftigen Wälder mit dem di>en Nebel des neuzeitlichen Babel vertauſchen mußte.“ Der „alte Buſhmann“ mag Recht behalten mit ſeiner Klage; denn allerdings kommen die gefangenen Vögel aus Auſtralien in ſehr traurigem Zuſtande bei uns an: ſo ſ{hlimm aber, wie er gedaht haben mag, iſt ihr ſpäteres Los denn doch nicht. Dies beweiſen die gefangenen ſelbſt überzeugend genug. Sie gehören allerdings nicht zu den anſpruchsvollen Tieren, begnügen ſih vielmehr mit ſehr einfacher Nahrung, mit grob geſchnittenen Fleiſhſtü>khen, Mäuſen und Fiſchen nämlich, und verſ<merzen vielleicht ſhon deshalb den Verluſt ihrer Freiheit. Gibt man ihnen einen geräumigen Käfig, ſo gewinnen ſie bald ihre ganze Heiterkeit wieder und betragen ſi genau ebenſo wie in ihrem heimatlihen Lande. Gewöhnlich ſißen ſie ruhig auf dem paſſendſten