Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Seidenlieſt. — Plattſhnäbler: Allgemeines, Todi. Bunttodi. 71

Die Plattſ<hnäbler (Todus) ſind klein und zierlich geſtaltet, flahſ<hnäbelig, furzflügelig und kurzſhwänzig. Der Schnabel iſt mittellang, gerade und ſo flah gedrüd>t, daß er, ſtreng genommen, nur aus zwei dünnen, ſtumpfen Platten beſteht, denn der Firſt des Oberſchnabels iſt kaum noh ausgeprägt. Von oben betrachtet, erſcheint der Schnabel wie ein langgezogenes, vorn abgeſtumpftes Dreie>. Die Spiße des Oberſchnabels iſt gerade, das heißt niht nah unten gebogen, der Unterkiefer ſtumpf abgeſtußt, die Schneiden ſind äußerſt fein gezahnt; die Mundſpalte reiht bis hinter die Augen. Die Füße ſind zierlih und die Läufe kaum länger als die Mittelzehe, die niht miteinander dur Bindehaut vereinigten Zehen außerordentlih dünn, lang und ſ<hmähtig, die Krallen furz, dünn, mäßig ſtark gefrümmt und ſpißig. Jn dem kurz abgerundeten Flügel überragen die vierte, fünfte und ſe<hſte Shwinge die übrigen. Der Shwanz iſt mittellang, breit und ſeicht ausgeſchnitten. Das Gefieder, das bei beiden Geſchlechtern in gleicher Schönheit prangt, beſteht aus weicen, glatt anliegenden Federn; am -Schnabelgrunde ſtehen Borſten. Die Zunge iſt an der Wurzel fleiſchig, im übrigen einem hornigen Blättchen ähnlih und dur<ſchimmernd, „ganz wie ein Stüc Federſpule““.

Der Todi oder Grünplattſhnabel (Todus viridis) zeigt auf allen oberen Teilen einſ<ließlih der Kopf- und Halsſeiten, des Schwanzes ſowie der Außenfahne der [{<hwarzen Schwingen eine prachtvoll glänzende grasgrüne Färbung und am unteren Augenrande einen ſehr ſhmalen roten Saum. Die Kinn- und Kehlfedern ſind lebhaft karminrot, an der Spite aber äußerſt ſ{<hmal ſilberweiß gefärbt, und der ganze Kehlfle>en wird ſeitlich dur< einen vom Mundwinkel an beginnenden, ſ{hmalen, anfänglih weißen, in der unteren Hälfte zart graublauen Längsſtreifen beſäumt und unterſeits dur einen weißen Fle>en begrenzt. Die Kropf- und Bruſtſeiten ſind grünlich, die Schenkelſeiten, unteren Flügel- und Schwanzdeen blaßgelblich, die Bruſt und die Bauchmitte gelblihweiß, einige Federn an den Bauhſeiten endlich, die einen Büſchel bilden, an der Spiße zart roſenrot gefärbt. Die Jris iſt blaßgrau, der Shnabel hornrötlih, der Unterſchnabel horngelblich, der Fuß braunrot oder fleiſhfarben. Die Länge beträgt 12, die Breite 17, die Fittichlänge 4,5, die Shwanzlänge 3,8 cm. Das Wohngebiet beſchränkt ſi< auf die Fnſel Jamaika.

Auf der Jnſel Cuba wird vorſtehend beſchriebene Art dur< den Bunttodi, den Cartacuba und Pedorrera der Cubaner (Todus multicolor und portoricensis), vertreten. Der Vogel ſtimmt in Größe und Färbung im weſentlichen mit dem Grünplattſchnabel überein, unterſcheidet ſich aber dadurch, daß der Längsſtrich, der den roten Kehlfle>en ſeitlich begrenzt, nah untenhin aus Weiß in Grünblau übergeht und ſo einen deutlich blauen Halsſeitenfle>en bildet.

Über die Lebensweiſe dieſer überaus zierlichen und merkwürdigen Vögel war bis in die neuere Zeit wenig befannt, und erſt dur< Goſſe und Gundlach ſind wir über ſie unterrichtet worden. Alle Arten ſcheinen in ihrem Auftreten und Betragen, ihren Sitten und Gewohnheiten ſo vollſtändig miteinander übereinzuſtimmen, daß man das von einem Bekannte ohne Bedenken au auf den anderen beziehen kann. Dem ungeachtet will ih Goſſe den erſt erwähnten Gundlach den zuleßt aufgeführten Plattſchnabel beſchreiben laſſen.

„Jn allen Teilen von Jamaika, die ih bereiſt habe“, ſagt Goſſe, „iſt der Grünplattſ<hnabel ein ſehr gemeiner Vogel. Auf dem Gipfel der Bluefieldberge, in einer Höhe von ungefähr 1000 m und vorzugsweiſe da, wo ein faſt undurchdringliches Dickicht den Boden det, findet er ſi überall. Sein glänzendes, grasgrünes Gewand und die rotſamtene Kehle lenfen bald die Aufmerkſamkeit ihm zu, und er geſtattet jedermann, ſih ihm zu nähern;