Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

20) Siebente Ordnung: Suchvögel; erſte Familie: Regenpfeifer.

Alle Limoſen führen eine ſo übereinſtimmende Lebensweiſe, daß ih mich bei deren Schilderung auf die Pfuhlſchnepfe beſhränken darf.

Nordeuropa und Nordaſien ſind die Länder, in welchen dieſe brütet; von hier aus beſucht ſie aber während ihres Zuges den größten Teil von Südaſien, ganz Südeuropa und Nordafrika bis na<h Südnubien und den Gambia hin, erſcheint alſo au< an den deutſchen und insbeſondere an den holländiſchen Küſten in Menge. „Myriaden“/ ſagt Naumann, „ſtreichen an der Weſtküſte Schleswigs und Jütlands in wolkenähnlichen Zügen von den Watten auf die Wieſen und Viehweiden und auf jene zurü>, wie ihnen Ebbe und Flut gebieten; wo ſih eine ſolche Schar lagert, bede>t ſie buchſtäblich den Strand in einer langen Strecke odex überzieht, wo ſie ruhig auf den Watten ihrer Nahrung nachgeht und weniger dicht beiſammen iſ, eine faſt niht zu überſehende Fläche. Unglaublich iſt ein ſolches Gewimmel und das Auſſteigen einer Schar in der Ferne oft einem aufſteigenden Nauche ähnlih.“ Die Hauptmaſſe ſcheint den Seeküſten entlang zu wandern; wenigſtens trifft man Pfuhlſchnepfen im Jnneren Deutſchlands ſtets nur in geringer Anzahl. Dagegen ſieht man ſie häufig im Süden Europas und beſonders an den Strandſeen Unterägyptens, wie denn überhaupt die Mittelmeerländer für diejenigen, welche aus Nordweſteuropa wegziehen, wohl die eigentlihe Winterherberge bilden. Kaum ſind die Shwärme, die man im Frühjahre auf jenen Watten ſieht, nah Nordoſten gezogen, da kehren auch ſchon einzelne Alte wieder zurü> wie Naumann meint, ſolche, welche in der Brut unglüclih waren und ohne Nachfommenſchaft blieben. Der wirkliche Zug beginnt Ende Auguſt und währt den September hindurch; die Nückkehr erfolgt vom April an bis tief in den Mai hinein. Während des Zuges entfernen ſie ſi< ungern vom Meere, treiben ſi<h auf den von der Ebbe bloßgelegten Watten und Sandbänken umher, {wärmen mit zurückehrender Flut nah dem Feſtlande zurü>, ſenden, wenn die Ebbe wieder eintritt, Kundſchafter aus, erheben ſi<h, nachdem ihnen dieſe die erwünſchte Nachricht gebracht, unter entſeßlihem Lärme, eilen dem Waſſer zu und folgen nun den zurückehrenden Wogen. „Hier“, ſagt Naumann, „atmet alles Luſt und Freude, und man ſieht deutlich, daß ſie gerade am re<ten Plate, in ihrem wahren Elemente ſind. Dieſes von 6 zu 6 Stunden ſich wiederholende Wechſeln des Naſſen mit dem Tro>enen einer ſo erſtaunlichen Anzahl großer und ſhöner Vögel bietet dem Forſcher die herrlihſte Gelegenheit zu den feſſelndſten Beobachtungen dar.“ Auch diejenigen, welche im Funeren des Landes ſich aufhalten, lieben es, vom Waſſer weg auf das Trocene zu fliegen und wieder dahin zurüczukehren. Sie verbringen dann die Mittagszeit, in welcher ſie auh ſ{<lafen, am Lande und ſuchen das Waſſer gegen Abend auf, an ihm während der ganzen Nacht oder do<h in der Abend- und Morgendämmerung ſih beſchäſtigend.

Die Limoſen ſchreiten mit abgeſeßten Schritten am Waſſerrande einher, waten oft bis an den Leib ins Waſſer, ſhwimmen au< und wiſſen ſih im Notfalle trefflih dur< Untertauchen zu helfen. Schilling beobachtete, daß eine Pfuhlſchnepfe, die er angeſchoſſen hatte, vor ſeinen Augen ins Meer tauchte und niht wieder zum Vorſchein kam; mir iſt Ähnlihes am Menſalehſee wiederholt begegnet. Der Flug ähnelt dem der kleineren Waſſerläufer hinſichtlih der Leichtigkeit und Gewandtheit, ſteht ihm au< kaum an Schnelligkeit nach; wenigſtens bemerkt man, daß Limoſen und Waſſerläufer lange Zeit miteinander fortfliegen können, ohne daß der eine dem anderen vorausfommt. Vor dem Niederſezen pflegen die Limoſen zu flattern und ihre Flügel vor dem Zuſammenlegen mit den Spißen ſenkre<ht in die Höhe zu ſtre>Œen. Wenn mehrere von einem Orte zum anderen fliegen, halten ſie ſelten eine beſtimmte Ordnung ein, bilden vielmehr wirre Schwärme, wogegen ſie, wenn ſie ziehen, die übliche Keilordnung annehmen. Die Stimme unterſcheidet ſich von der der kleinen Waſſerläufer dur<h die Tiefe des Tones und den geringen Wohlklang. Der Lockton klingt wie „kjäu“ oder „kei kei“, auh wohl „jädkjädkjäd“; der Paarungsruf,