Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Rohrdommel. Sumpfrohrdommel. 497

Die Rohrdommel iſ nicht ſelten in Deutſchland, häufig in Holland, gemein in den Tiefländern der Donau und Wolga, verbreitet ſih nah Oſten hin über ganz Mittelſibirien, nah Weſten hin über Süd- und Mitteleuropa und beſucht auf dem Zuge Nordafrika, ſcheint aber niht weit ins Jnnere vorzudringen, da ih ſie nur an den nordägyptiſhen Strandſeen beobachtet habe. An allen Orten, wo ſie vorkommt, lebt ſie vorzugsweiſe in Seen, Teichen oder Brüchen, die teilweiſe mit hohem Nohre beſtanden ſind, unter Umſtänden aber auch im dihten Weidengebüſche naſſer, von Gräben dur<hzogener Wieſen, ſo im Spree: walde. Jm Norden Deutſchlands erſcheint ſie Ende März oder Anfang April; ihren Nü-

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Rohrdommel (Botaurus stellaris). 4 natürl. Größe.

zug tritt ſie im September oder Oktober an; bei milder Witterung verweilt ſie jedo< au< länger im Norden, da, wo es offenes Waſſer gibt, ſie ſih alſo ernähren kann, zuweilen das ganze Jahr über. Von Südungarn aus werden ſ{<hwerli<h viele wegziehen, und diejenigen, welche von uns auswandern, wohl au< nur ſelten bis nah Afrika reiſen, vielmehr ſhon im Süden Europas überwintern. Während des Zuges läßt ſih eine Nohrdommel ausnahmsweiſe auh fern von Gewäſſern, beiſpiel8weiſe in Gebirgswäldern, die ſie ſonſt ängſtli< meidet, zum Ausruhen nieder.

In der Fertigkeit, die fonderbarſten Stellungen anzunehmen, übertrifft ſie noh ihre fleine Verwandte. Wenn ſie ruhig und unbefangen ſteht, richtet ſie den Leib vorn etwas auf und zieht den langen Hals ſo weit ein, daß der Kopf auf dem Nacken ruht; im Fortſchreiten hebt ſie den Hals mehr empor; in der Wut bläht ſie das Gefieder, ſträubt die Hinterhauptsfedern, ſperrt den Schnabel etwas auf und wappnet ſi<h zum Angriffe. Wenn

Brehm, Tierleben. 3. Auflage. VL 32