Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Schuhſchnabel. — Hausſtorc<. 507

ſih aber nicht zu Sklaven her, ſondern bewahren unter allen Umſtänden ihre Selbſtändigfeit. Unter ſih leben ſie geſellig und mit größeren Sumpf- und Waſſervögeln in gutem Einvernehmen, nicht aber in Freundſchaft; kleineren Tieren werden ſie gefährlich: denn ſie ſind Räuber von Gewerbe und beſchränken ſi keineswegs auf Lurche, Fiſche, Kerbtiere und Würmer, ſondern ſtellen überhaupt allen ſchwächeren Tieren nach und töten diejenigen, welche ſie erlangen können, gehen ſelbſt Aas an und zeigen ſih dabei ebenſo gierig wie Hyänen oder Geier. Troß ihrer Raubgier werden ſie ſelten läſtig oder \chädli<h, in der Regel eher nüßlih. Jhre großen Neſter erbauen. ſie aus dürren Reiſern und Stöcken, deren Mulde mit weicheren Stoffen ausgekleidet wird, auf hohen Bäumen oder Gebäuden. Das Gelege zählt wenige, aber große, fle>enloſe Eier, die vom Weibchen allein ausgebrütet, aber auh vom Männchen ſehr geliebt werden. Dieſes trägt der Gattin, ſolange ſie ſißt, die nötige Nahrung zu und beteiligt ſi< auh ſpäter an der Aufzucht der Jungen, Alle Arten laſſen ſi< zähmen, leiht ernähren und ſo an den Menſchen oder wenigſtens an deſſen Gehöft gewöhnen, daß ſie niht bloß aus und ein fliegen, ſondern ſogar den Winter hier verbringen oder, wenn ſie dur< die Wanderluſt zum Zuge ſih verleiten ließen, im nächſten Frühlinge zurü>kkehren. Sie erfreuen dur ihre Klugheit, dur< den Ernſt und die Würde ihres Weſens ſowie dur< ihre Anhänglichkeit an den Pfleger, nüßen au< im Gehöfte dur< Jagd auf allerlei Ungeziefer, gehören aber nicht zu den billigſten Koſtgängern, weil ſie viel Futter brauchen.

Langer, kegelförmiger, gerader, an den ſcharfen Schneiden ſtark eingezogener, mit plattem Hornüberzuge bekleideter Schnabel, hohe, weit über der Ferſe na>te Füße, mit furzen, unten breiten Zehen, deren äußere und mittlere bis zum erſten Gelenke durch eine Spannhaut verbunden ſind, lange, mäßig breite, ziemlih ſtumpfe Flügel, unter deren Schwingen die dritte, vierte, fünfte gleich lang und die längſten ſind, aus zwölf kurzen Federn beſtehender, abgerundeter Schwanz und reiches, nict vielfarbiges, oft aber glänzendes Gefieder kennzeihnet die Klapperſtörche (Ciconia).

Unter ihnen verdient der Hausſtor<h, Adebar, Ebeher, Honoter oder Klapperſtor (Ciconia alba, albescens, nivea, candida und major, Ardea ciconia), an erſter Stelle genannt zu werden. Sein Gefieder iſt mit Ausnahme der ſhwarzen Shwingen und längſten De>federn ſ{hmußig weiß, das Auge braun, der Schnabel la>-/ der Fuß blutrot, der kahle Fle>en um das Auge grauſhwarz. Die Länge beträgt 110, die Breite 224, die Fittihlänge 68, die Shwanzlänge 26 ecm. Das Weibchen iſt kleiner.

Mit Ausnahme der hocnordiſchen Länder fehlt der Storch keinem Teile Europas, obgleich er freilih niht überall als Brutvogel gefunden wird. So beſucht er unter anderem auch England, woſelbſt er früher häufig geweſen ſein foll, gegenwärtig nur noh ſelten, und ebenſo hat er ſi< aus Griechenland mehr oder weniger zurü>gezogen, weil die Bewohner der Morea ihn, den heiligen Vogel der Türkei, gänzlih verſcheucht haben. „Da, wo die türkiſche Herrſchaft ſich länger erhielt und der griechiſche Aufſtand nicht alles dem Erdboden gleihgemacht hatte“, ſagt A. von Lindermayer, „blieben auch die Störche in dem ungeſhmälerten Beſigze ihrer Paläſte, wie z. B. auf der Jnfel Euböa; da aber, wo das Hellenentum ſhon nah den erſten Tagen der Revolution friſh emporwu<hs, verminderten ſich oder verſhwanden auch die Störche. So gibt es keine mehr in Nauplia, Patras, Syra und Athen.“ Auch in Spanien gehört der Storch in manchen für ihn durchaus geeigneten Teilen des Landes zu den Seltenheiten. Außerdem tritt er in Südrußland und rings um das Kaſviſche wie um das Schwarze Meer, in Syrien, Paläſtina, Perſien, den Oxusländern