Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

524 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; ſechſte Familie: Störche.

aller übrigen Tiere zu erringen gewußt und überzeugte ſogar unſere junge, ne>luſtige Löwin, die aus reinem Übermute einen Angriff auf ihn verſuchte, daß mit ihm nicht zu ſpaßen ſei. Unmittelbar nach geſchehenem Angriffe drehte er ſih gegen die Löwin, ſchritt mutig auf ſie zu und verſebte ihr mit dem gewaltigen Keilſhnabel ſo fühlbare Hiebe, daß „Bachida“/ für gut fand, eiligſt den Nüczug anzutreten, und ſhließlih, verfolgt von dem kühnen Vogel, an einer Wand emporkletterte, um ſi< nur zu retten.

EES

Der Leib der Klaffſ{hnäbel (Anastomus) iſt verhältnismäßig ſ{lank der Kopf klein, der Schnabel di>, ſeitlih zuſammengedrückt, an den Nändern eingezogen und beſonders dadurh ausgezeichnet, daß die fein gezähnelten Schneiden ſi< nur an der Wurzel und an der Spige vereinigen, in der Mitte aber klaffen, der Fuß ſtorchartig, der Flügel groß, breit und ſpißig, da in ihm die erſte und zweite Schwinge die anderen überragen, der zwölffederige Schwanz kurz, das Gefieder glatt anliegend.

Der Klaffſ<hnabel (Anastomns lamelligerus, Hians capensis, Hiator lamelligerus) ſteht an Größe dem gemeinen Storche etwas nach; ſeine Länge beträgt ungefähr 86, die Fittichlänge 42, die Schwanzlänge 19 cm. Das Gefieder unterſcheidet ſich von dem der übrigen Störche dadurch, daß die Schäfte aller Federn des Halſes, Bauches und der Schenkel ungefähr in derſelben Weiſe wie beim Seidenſhwanze oder dem Sonneratshuhne an der Spie in lange, ſ{hmale, hornartige oder knorpelige Plättchen umgeſtaltet ſind. Dieſe und die Schäfte ſchimmern grünlih und purpurfarben und verleihen dem Gefieder, das ſonſt ſhwarz erſcheinen würde, eine eigne Schönheit. Das Auge iſt rötlich, der nate Zügel, die Kehle und der Kehlfle>en gelblichgrau, der hornige Schnabel gelblich, der Fuß ſhwarz. Dem Gefieder des jungen Vogels fehlen die Hornplättchen, und die allgemeine Färbung ſcheint demgemäß düſter, der Hauptſache nah bräunlichgrau.

Durch die neueren Forſchungen konnte feſtgeſtellt werden, daß der Klaffſchnabel die Mitte und den Süden Afrikas und ebenſo Mocambique bewohnt. J< beobachtete ihn am Blauen Nil, niht nördlih des 15. Grades der Breite, hier aber manhmal in ſehr zahlreichen Scharen, die dicht gedrängt längs des Flußufers und teilweiſe im Waſſer ſaßen und hier fiſchten, ſi<h ſtets zuſammenhielten und mit anderen Tieren wenig abgaben, obwohl auch ſie ſih zeitweilig auf dem allgemeinen Sammelplaßze des Sumpfgeflügels einfanden; von Heuglin fand ihn an allen Zuflüſſen des Blauen und Weißen Nils ſowie an allen ſtehenden Gewäſſern des zwiſchen beiden genannten Strömen liegenden Landes, Kordofans und Takas, auf. Jules Verreaux vergleicht die Lebensweiſe des Klaffſ<hnabels mit der der Reiher: ih muß ſagen, daß der Vogel durch ſeine Haltung, ſeinen Gang wie dur ſeinen Flug ſi< als e<ter Stor kennzeihnet. Fm Stehen hält ſih der Vogel, wie von Heuglin richtig ſchildert, aufre<ht, krümmt den Hals S-förmig und läßt den Schnabel meiſt auf dem Kropfe ruhen. Seine Bewegungen ſind ernſt und gemeſſen; der Flug dagegen iſt leiht, gefällig, oft ſ{hwimmend, beim Aufſtehen geräuſchvoll. Die Stimme beſteht, laut von Heuglin, in einem rauhen, rabenartigen Krächzen.

Vor Tagesgrauen, oft auch im dichteſten Nebel erſcheint er an Brüchen, Sümpfen und Regenteichen, wie Pollen angibt, auh an der Seeküſte, um Schneden und Muſcheln, Fiſche und Fröſche zu fangen. Erſtere bilden ſeine Hauptnahrung; er ſoll jedo<h auch mit Krebstieren, Heuſhre>en und Würmern vorlieb nehmen und wurde von Heuglin auh auf dem Aaſe beobachtet. Die Schne>en fiſht er aus dem Waſſer, die Muſcheln aus dem Schlamme heraus und weiß ſie geſchi>t zu öffnen und ihres Fleiſches zu berauben. Ferdon beobachtete an dem indiſhen Verwandten (Anastomus oscitans), in welcher Weiſe er