Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Kormoran. — Schlangenhalsvogel. 557

leiht zu zähmen ſeien, und daß man ſie im Orient hier und da mitten unter dem Hausgeflügel ſehe.

Jagd auf Kormorane oder Scharben überhaupt iſt niht immer leiht, weil ihre S<hlauheit und Vorſicht alle Liſt des Jägers herausfordert. Leichter erlegt man die Vögel auf dem Anſtande unter ihrem Schlafbaume und am leichteſten natürlich am Horſte. Hier wird die Jagd zur Notwendigkeit, verliert aber auh allen Reiz, weil ſie meiſt zur Schlächterei herabſinkt. Wir erahten Scharbenfleiſh für ungenießbar; die Lappländer und Araber ſind anderer Anſicht und halten es, ſeiner Fettigkeit halber, für einen wahren Lekerbiſſen.

Die Schlangenhalsvögel, Vertreter einer gleihnamigen Gattung (Plotus) und Unterfamilie (Plotinae), von welcher man nurx vier Arten kennt, kennzeihnen ſih dur< ſehr geſtre>ten Leib, außerordentlich langen, dünnen Hals, kleinen, flahen Kopf und langen, geraden, ſ<hwachen, ſpindelförmigen, ſehr ſpißzigen Schnabel, deſſen ſcharfe Ränder gegen die Spibe hin fein gezähnelt ſind, kurze, di>e, ſtarke, weit nah hinten ſtehende Füße mit ſehr langen Zehen, lange, aber kurzſpißige Flügel, unter deren Schwingen die dritte die längſte, langen Shwanz, der aus zwölf ſtarken, gegen die Spite hin verbreiterten, höchſt biegſamen, auf den Fahnen gewellten Federn beſteht, und ſehr ſhönes und glänzendes, auf der Oberſeite verlängertes, auf der Unterſeite ſamtig zerſchliſſenes, verhältnismäßig bunt gefärbtes Kleingefieder. E

Der Schlangenhalsvogel (Plotus leyvaillantii und congensis, Anhinga leyaillantii) iſt vorherrſhend ſhwarz, metalliſh grün ſchillernd, auf Rü>ken und Flügelde>federn durch breite ſilberweiße Mittelſtreifen ſehr geziert, am Halſe roſtfarben, ein Streifen, der, am Auge beginnend, ſih ſeitlih am Halſe herabzieht, ſ{<hwarzbraun, ein anderer unter ihm weiß; die Fittih- und Steuerfedern ſind ſhwarz, leßtere lihter an der Spiße. Das Auge iſt erz- oder rotgelb, die na>te Stelle am Kopfe gelbgrün, der Schnabel hornfarben, der Fuß grünlihgrau. Die Länge beträgt 86, die Breite 108, die Fittihlänge 34, die Schwanzlänge 25 em. Beim Weibchen ſind alle Farben minder lebhaft; der Unterſchied zwiſchen ſeinem Kleide und dem des Männchens iſ jedo<h niht bedeutend.

Der Schlangenhalsvogel gehört Afrika an und findet ſih hier auf allen Gewäſſern ſüdlih vom 15. Grade der Breite bis zum Kaplande.

Gelegentlih meiner Reiſen auf dem Weißen und Blauen Nil habe ih ihn oft geſehen und manche Stunde, manchen Tag ſeiner Fagd gewidmet: ſo genau aber, wie Audubon ſeinen amerikaniſchen Vertreter, die Anhinga (Plotus anhinga), habe i< ihn freilich nicht beobahten können. J< werde mi<h deshalb im Nachfolgenden weſentli mit auf die Mitteilungen des legtgenannten Forſchers ſtüßen, ſoweit ſie meinen AE Wahrnehmungen entſprechen.

Die Sthlangenhalsvögel bewohnen Ströme, Seen und Sümpfe, in deren Nähe Bäume ſtehen, am liebſten ſolhe, welche baumreiche Fnſeln umſchließen. Von den Bäumen fliegen ſie am Morgen aus, um ihre Jagd zu beginnen, und zu den Bäumen kehren ſie zurü>, um zu ſchlafen oder um auszuruhen; auf den Bäumen ſteht auh in der Regel ihr Neſt. Allerdings ruhen und brüten ſie wie die Scharben unter Umſtänden auh auf Felſen, gewiß aber nur, wenn es ihnen an Bäumen fehlt. Die an Tieren reichen Gewäſſer Afrikas bieten ihnen alle Erforderniſſe zum Leben und beherbergen ſie deshalb in ziemlicher Anzahl. So geſellig wie die Scharben kann man ſie freilih niht nennen; denn mehr als 10—20 von ihnen ſieht man kaum jemals vereinigt; gern aber halten ſi< 5—8 zuſammen