Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Nahrung. Fortpflanzung. Feinde. — Haubenſteißfuß. | B79

glaubwürdiger Beobachter hat mir erzählt, daß er einen Ohrenſteißfuß aus der Luft herabgeſchoſſen, zwiſchen deſſen Federn er zu ſeiner höchſten Überraſhung zwei Junge verſteckt fand. Jhr Neſt betreten die Küchlein ſelten wieder; wenn ſie ausruhen wollen, finden ſie ein Ruhepläßchen oder nachts eine Schlafſtelle auf dem Rücken der Eltern. Das Beſteigen dieſes warmen und weihen Sißes würde ihnen ſ{werli< gelingen; dafür aber wiſſen die liebenden Alten Nat. Sie geben ihnen ein Zeichen, ſi< im Schwimmen dicht aneinander zu drängen, tauchen unter das Waſſer und crheben ſih unter ihnen wieder, ſo daß jene auf ihren Rü>en zu ſißen kommen. Auf ähnliche Weiſe entledigen ſie ſi<h auch dieſer Bürde, wenn ſie ihnen zur Laſt wird, oder vielmehr, wenn allen eine Gefahr droht. „Um dem kleinen Völkchen, ſolange es am Tauchen no< wenig Geſhma> hat, Nahrung vorzuſeßen“, ſo ſchreibt mir Liebe, „ſuchen ſie eine ſchilffreie Stelle auf, verſammeln die Jungen rings um ſi< und treten kräftigſt Waſſer, ganz nah Art eines Menſchen, dex ſi in einem tiefen Gewäſſer aufrecht erhalten will. Dadurch wirbeln ſie unausgeſezt Schlammteile und mit dieſen Würmer und Larven vom Grunde zur Oberfläche empor, und die emſigen Kleinen können nun reiche Leſe halten.“

Solange die Lappentaucher ſih auf dem Waſſer befinden, ſind ſie vor den meiſten Gefahren geſichert; fliegend aber werden ſie oft die Beute der Naubvögel. Jhren Eiern ſtellen Naben und Nohrweihen, vielleicht auh Waſſerhühner und Nallen begierig nach. Früher erlegte man die anmutigen Vögel, die für jedes ſtehende Gewäſſer eine wahre Zierde bilden, nur zur Faſtenzeit; als es aber Mode wurde, ihr reiches Gefieder wie Pelzwerk: ſ<mu>e zu verwenden, begann man ihnen unerbittlih nachzuſtellen. Zur Zeit der Feuerſteinſhlöſſer war es ein Kunſtſtü>, Steißfüße zu erlegen; denn ſie tauhten beim Aufblizen des Pulvers auf der Pfanne ſo raſh in die Tiefe, daß die Schrote wohl die Stelle auf der ſie ſih befunden hatten, nicht aber ſie ſelbſt treffen konnten. Unſeren jeßigen Gewehren entgehen ſie niht mehr oder doh nur ſelten. Der Fang iſt Sache des Zufalles, wenn man niht ein Éleines Gewäſſer, in dem ſi< gerade Steißfüße befinden, ablaſſen und ſie auf das Tro>ene bringen kann. Fn kleineren Teichen oder in entſprechend hergerichteten, d. h. mit größeren Waſſerbe>en verſehenen Käfigen laſſen ſih gefangene Lappentaucher leicht erhalten, vorausgeſeßt natürlih, daß man ihnen eine hinlänglihe Menge von Fiſchen und Kerbtieren verſchafft. Die größeren Arten begnügen ſih mit Fiſchen allein, die kleineren verlangen dieſe und Kerbtiere. Fhr beſtändiges Auf- und Niedertauchen, die verſchiedenen Stellungen, die ſie annehmen, die harmloſe Zuthulichkeit, die ſie zeigen, erfreuen jedermann.

Das ſtattlichſte Mitglied der einzigen Gattung (Colymbus) iſt der Haubenſteißfu B, Hauben-, Kragen-, Kobel-, Strauß-, Kappen-, Erz- und Horntaucher, Seeoder Schlaghahn, Seedrache, Seeteufel, Meerhaſe, Meerrachen, Blißvogel, Fluder, Nerike, Merch, Work, Lor, Rug, Deuhel 2c. (Colymbus cristatus, cornutus, urinator und coronatus, Podiceps cristatus, urinator, mitratus, patagiatnus, longirostris und wilhelmi, TLophaythia cristata). Jm SHozeitsfleide trägt der Kopf ſeinen Schmut, einen oben geteilten, zwei Hörner bildenden Federbuſch und einen aus prähtigen, langen, zerſhliſſenen Federn zuſammengeſeßten Kragen, der die Kopfſeiten und die Kehle umgibt. Der Oberkörper iſt glänzend ſ{<warzbraun, ein Spiegel auf dem Flügel, der dur die Armſchwingen gebildet wird, die Wangengegend wie die Kehle weiß, der Kragen roſtrot, am Nande ſchwarzbraun, der Unterleib glänzend atlasweiß, ſeitlih roſtfarben und ſhwarzgräulich gefle>, das Auge karminrot, der Zügel rot, der Schnabel blaßrot, der Fuß auf der äußeren Seite dunkel hornfarben, auf der inneren Seite horngelblichweiß.

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