Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Polartaucher. Rorkehltaucher. 987

lebt in einein Gürtel zwiſchen dem 78. und 60. Grade rings um die Erde und beſucht all: winterlich die ſüdlicher gelegenen Meere und ebenſo Flüſſe und ſüße Gewäſſer, die zur Zeit ſeiner Ankunft ihm durch die Eisde>e noh niht verſchloſſen ſind.

Jun ihrem Weſen und Betragen ähneln ſih alle Seetaucher in ſo hohem Grade, daß es genügt, wenn wir uns auf eine Schilderung der Lebensweiſe des zuleßt erwähnten beſchränken. Er iſt wie ſeine Verwandten ein e<ter Seevogel, der nur während der Fortpflanzungszeit und im Winter auf dem Zuge ſüße Gewäſſer aufſucht, im übrigen ſich ſtets im Meere aufhält und hier ſeinen Fiſchfang eifrig betreibt, vortrefflih ſhwimmt und vollendet taucht, aber auh raſh und anhaltend fliegt. Alle Seetaucher durhrudern mit größter Leichtigkeit weite Stre>en, liegen nach Belieben flah auf der Oberfläche oder ſenken ihren Rumpf ſo tief ein, daß nur ein ſhmaler Streifen vom Nüken ſichtbar bleibt, fördern ſich behaglih langſam oder mit einer erſtaunlichen Schnelligkeit, verſhwinden ohne erſichtliche Anſtrengung, auh ohne jegliches Geräuſch in der Tiefe, ſtre>en ſich hier lang aus, drücken das Gefieder dicht an, klemmen die Flügel an den Leib und ſchießen, bloß mit den Füßen rudernd, pfeilſchnell dur<h das Waſſer, bald in dieſer, bald in jener Richtung, bald ſeicht unter der Oberfläche, bald in einer Tiefe von vielen Faden. Sie ſhwimmen mit den ſ{<nellſten Fiſchen um die Wette: denn ſie bemächtigen ſich ihrer; ſie {hwimmen und tauchen vom erſten Tage ihres Lebens an und ſpäter bei jeder Veranlaſſung, da ſie ſih ſicherer im Waſſer fühlen als ſelbſt in hoher Luft fliegend. Auf dem feſten Lande ſind ſie fremd. Allerdings betreten auch ſie das Land zuweilen, gewiß aber weniger als die meiſten übrigen Vögel, vielleicht mit alleiniger Ausnahme der Steißfüße. Und dann betreten ſie es auch nicht, ſondern rutſchen nur vom Waſſer aus auf das Tro>ene; denn zu einem Gange im gewöhnlichen Sinne des Wortes, ja ſelbſt zu aufrehtem Stehen ſind ſie unfähig. Fh habe gefangene wochenlang beobachtet und ſie ſehr oft auf dem Lande, niemals aber einen aufgerichtet ſtehen, niemals einen auf den Zehen oder Fußwurzeln dahingehen, ſondern ſtets nur mit Hilfe des Schnabels und Halſes ſowie der Flügel und Füße kriechen ſehen. Der Flug iſt viel beſſer, als man meinen möchte, wenn man den ſhweren Leib mit den kleinen Fittichen vergleicht. Zwar müſſen die Seetaucher erſt einen tüchtigen Anlauf nehmen, wenn ſie ſih erheben wollen; haben ſie jedo<h erſt eine gewiſſe Höhe gewonnen, ſo eilen ſie ſehr raſh dahin, obgleich ſie die furzen Fittiche mit ſehr ſchnellen Schlägen fortwährend bewegen. Außerordentlih ſchön iſt der Flug, wenn ſih die Vögel, wie ſie es regelmäßig thun, von den hohen Küſtenbergen hinab in das Meer ſtürzen. Sie regen dann die Flügel nur ſo viel, wie eben nötig iſt, um eine ſchiefe Flugrichtung zu ermöglichen, und ſchießen unter ſauſendem Geräuſche, ſih bald auf die eine, bald auf die andere Seite wendend/ wirklich pfeilſhnell in die Tiefe hinab und verſenken ſi< unmittelbar darauf im Waſſer.

Alle Seetaucher und ſo auc der rotkehlige zeichnen ſih durch ihre laute Stimme vor anderen Seevögeln aus. Die meiſten Forſcher nennen die Töne, die ſie hôren laſſen, unangenehm und widerli<h, während ih ſagen muß, daß ich das laute, klangvolle Rufen ſtets gern vernommen habe, obgleih ih niht leugnen will, daß das Knarren rauh und das darauf folgende Schreien oft heulend klingt. Die durhdringende Stimme des Eistauchers ſoll, nah Faber, ein ſhauderhaftes Echo in den umliegenden Bergen hervorrufen und dem Wehklagen eines Menſchen in Lebensgefahr ähneln; die Stimme des rotkehligen Seetauchers nennt derſelbe Naturforſcher hart, ſhnarrend und laut jammernd, wogegen ich ſie als einen wilden Meeresgeſang bezeihnen möchte, wie ihn ein Vogel erlernt, der Stürmen und Wellentoſen lauſcht. Alle mir bekannten Arten rufen und ſchreien in ſehr ähnlicher Weiſe, jo daß es re<t ſ<wer hält, ſie an der Stimme zu unterſcheiden.

Über die geiſtigen Eigenſchaften der Seetaucher ſind die Meinungen noch geteilt, weil wir zu wenig Gelegenheit haben, mit ihnen in näheren Verkehr zu treten. Daß ſie ſämtlich