Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Graugans: Stimme. Gebaren. Fortpflanzung. 605

zuweilen noh auf dem Nükzuge zuſammen und vereinzeln ſih erſt, wenn die Alten von neuem zur Brut ſchreiten.

Sogleich nah der Ankunft im Frühjahre wählen ſich die verbundenen Paare paſſende Stellen zur Anlage ihres Neſtes oder beginnen die zweijährigen Jungen ihre Werbungen um die Gattin, während die noch nicht fortpflanzungsfähigen ſich geſellſchaftlih aw anderen Stellen des Sumpfes umhertreiben. Ein Paar brütet in nicht allzu großer Entfernung von dem anderen, behält aber doh ein gewiſſes Gebiet inne und duldet keine Überſchreitung. Dex Gänſerih umgeht die Gans in ſtolzer Haltung, ſchreit, ni>t mit dem Kopfe, folgt ihr überall auf dem Fuße nah, ſcheint eiferſüchtig ihre Schritte zu bewachen, bekämpft mutig jedes unbeweibte Männchen, das eine Tändelei mit der re<htmäßigen Gattin verſucht, und iſt ſorgſam für deren Sicherheit bedaht. Zwei Gegner pa>en ſih mit den Schnäbeln an den Hälſen und ſchlagen mit den Flügeln ſo heftig aufeinander los, daß man den Schall auf weithin vernimmt. „Die Weibchen ſtehen gewöhnlich dicht daneben und ſ{hwaßen unter Vorneigung des ausgeſtre>ten Halſes eifrig drein, wobei ſih jedo<h niht deuten läßt, ob ihr haſtiges und wiederholtes „Taahtahtat tahtat tatatat“ den Kämpfern zureden oder ſie abmahnen oder beſchwichtigen ſoll.“ Nachdem die Paarung wiederholt vollzogen worden iſt, beſchäftigt ſi<h die Gans, für deren Sicherung der ſie auf Schritt und Tritt begleitende, niht aber auch ihr helfende Gänſerich Sorge trägt, eifrig mit dem Herbeitragen verſchiedener Neſtſtoffe. Zuerſt werden die zunächſt liegenden zuſammengeleſen, ſpäter zum oberen Ausbaue andere ſorgſam gewählt und oft von fernher zugetragen. Dicke Stengel Halme, Blätter von Schilf, Nohr, Binſen 2c. bilden den unordentlih und lo>er geſchichteten Unterbau, feinere Stoffe und eine di>e Daunenlage die Auskleidung der Mulde. Ältere Weibden legen 7—-14, jüngere 5—6 etwa 90 mm lange, 60 mm die, denen der Hausgans gleichende, glattſchalige, glanzloſe, etwas grobkörnige Eier von grünlihweißer oder trübe gelblicher Färbung. Jn den Neſtern älterer Paare findet man bereits Anfang März das erſte Ei und um Mitte des Monats ſpäteſtens zu Ende, die Mutter brütend. Sowie ſie ſih dazu anſchi>t, rupft ſie ſi< alle Daunen aus, bekleidet mit ihnen den inneren Nand des Neſtes und bede>t auch, ſo oft ſie ſi< entfernt, ſorgſam die Eier.

Am 28. Tage der Bebrütung entſchlüpfen die Jungen, werden no< etwa einen Tag lang im Neſte feſtgehalten, dann auf das Waſſer geführt und zum Futterſuchen angeleitet. Teichlinſen, Waſſergräſer und dergleichen bilden ihre erſte Nahrung. Später werden Wieſen und Felder beſucht. Abends kehrt alt und jung no< zum Neſte zurü>k; nah ungefähr 2 Wochen wird dieſes für die inzwiſchen heranwachſenden Fungen zu klein, und leßtere nehmen nun hier oder da, dicht neben der Mutter hingekauert, ihre Schlafſtelle ein. Die Wachſamkeit des Gänſerichs ſteigert ſih, nachdem die Jungen ausgeſchlüpft ſind. Die Mutter geht oder {<hwimmt der Familie voran, die zuſammengedrängten Fungen folgen, der Vater de>t gewiſſermaßen den Rückzug. Bei Gefahr gibt er zuerſt das Zeichen zur Flucht. „Es gewährt dem Naturfreunde“, ſchildert Naumann, „in der That ein hohes Vergnügen, an einem ſ{<hönen Maiabende, wohl verſte>t, fſolhe Gänſeſamilien zu belauſchen, wenn bei Sonnenuntergang eine wie die andere an verſchiedenen Stellen, doch alle faſt zu gleicher Zeit, aus dem Schilfe hervorgeſhlihen kommen, ſih auf den freien Waſſerſpiegel wagen, jachte dem einladenden Ufer zuſhwimmen, und wie dann der Familienvater in hoher Beſorgnis für die Sicherheit der Seinen die Wachſamkeit verdoppelt, wenn er irgend Verdacht [<öpft, endlih glü>li<h auf dem Weideplaßze angelangt, ſelbſt kaum mitzuſhmauſen ſich getraut, und wenn nun gar ſeine Beſorgnis niht grundlos iſt erſt mit leiſen Tönen warnt, bei wirkli< eintretender Gefahr aber leider zuerſt unter kläglichem Geſchrei die Flucht ergreift. Dagegen benimmt ſih in- ſolchen Fällen die Mutter viel mutvoller und iſt eher auf die Rettung ihrer Kinder als auf die eigne bedacht, indem ſie durh wiederholteë