Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

624 Zehnte Ordnung: Stoßvö gel; ſe<hzehnte Familie: Entenvögel.

auch durch das Geſchrei, das dann an das Getön von Trompeten erinnert, von weitem bemerklich.

Bis gegen die Brutzeit hin lebt die Noſtgans mit anderen ihrer Art oder mit anderen Schwimmvögeln überhaupt wenigſtens in Frieden; der Fortpflanzungstrieb aber erregt die Männchen in hohem Grade und we>t insbeſondere ihre Nauf- und Kampfluſt. Eiligen Schrittes ſtürzen ſie ſih auf andere Männchen ihrer Art, ebenſo auf verſchiedenartige Entenmännchen, ja ſogar auf Entenweibchen, die ſich nahen, beugen den Kopf tief zur Erde herab, lüften die Flügel und verſuchen, den Störenfried am Halſe zu pa>en und wegzudrängen. Dann kehren ſie unter lautem Geſchrei zum Weibchen zurü>, umgehen es mit vielfachem Kopfnicken und werden von ihm lebhaft begrüßt und beglü>wünſcht. Die Ehe wird bereits in den erſten Tagen des Frühlings, während des Freilebens alſo gewiß in der Winterherberge, geſchloſſen und iſt ſo treu wie die irgend einer anderen Gänſeart. Beide Gatten leben nur ſih, überhäufen ſih gegenſeitig mit Liebkoſungen, verlaſſen einander nie, opfern ihrer Gattentreue ſelbſt das Leben. Fn Turkiſtan hatte einer von uns das Weibchen eines Paares flügellahm geſchoſſen und angeſichts des entſeßten Männchens gefangen. Schreiend flog dieſes auf, niht aber au< davon, wie jeder Enterih gethan haben würde, umkreiſte vielmehr flagend die Unglücksſtelle, ließ ſich dur< ſehs ihm geltende Schüſſe nicht vertreiben und bezahlte ſeine erhabene Treue ſ<ließli< mit dem Leben.

Anfang oder Mitte Mai beginnt das Paar nach einem geeigneten Niſtplaße zu ſuchen. Die Roſtgans brütet nur in Höhlen und muß deshalb oft lange ſuchen, bevor ſie einen paſſenden Niſtplaß findet, ſi< au< bequemen, mit ſehr fremdartigen Vögeln Gemeinſchaft zu halten. Salvin fand in Nordweſtafrika ein Neſt in der Kluft einer ſenkrehten Felſenwand, die außerdem von Milanen, Geiern und Raben zum Brutplaße benußt wurde. Fn Sibirien bevorzugt ſie ebenfalls Felſenklüfte, ſoll aber au<h in Baumhöhlen, Raubvogel: horſten oder verlaſſenen Bauen des Steppenmurmeltieres brüten. Einer paſſenden Höhlung halber muß ſie unter Umſtänden von und nah ihrem Weidegebiete viele Kilometer weit fliegen und ſich ſelbſt in die Wüſte oder pflanzenloſe Einöde begeben. Das ebenſo eiferſüchtige wie zärtliche Männchen begleitet die Gattin bei jedem dieſer Ausflüge, ebenſo wie es ſich, während lettere brütet, in deren Nähe aufhält, um zu ſichern. Hierbei ſißt es entweder auf einem Felſenvorſprunge oder einem di>en Aſte, hält ſcharfe Wacht, warnt bei Gefahr mit eignen Lauten und fliegt entweder mit dem Weibchen davon, oder ſtürzt ſi< angreifend oder ablo>end Hunden und anderen Raubtieren entgegen. Das Neſt ſelbſt wird - mit dürren Grasblättern hergerihtet und oben mit einem Kranze von Daunen ausgelegt; das Gelege zählt 12—15 feinſchalige, glänzende, rein oder gelblihweiße Eier von etwa 62 mm Längs- und 46 mm Querdurhmeſſer. Nachdem die Jungen ausgeſhlüpft und tro>en geworden ſind, verlaſſen ſie das Neſt, indem ſie einfah in die Tiefe hinabſpringen, und werden nunmehr, manchmal meilenweit, dem Waſſer zugeführt. Hier verleben ſie ihre Sugendzeit, geleitet und geführt von beiden ſie zärtlich liebenden Eltern. Anfänglich tragen ſie ein von dem der Entenküchlein ſehr abweichendes, dem junger Brandgänſe aber ähnliches Daunenkleid, das auf Oberkopf, Hinterhals und Schultern, der Rü>enmitte und an den Flügelſtummeln ſhwarzbraun, im übrigen ſhmutig weiß ausſieht und erſt nah und nach in die dem Kleide der Mutter ähnliche erſte Jugendtracht übergeht.

Gefangene Roſtgänſe halten ſi< ebenſogut wie andere Arten ihrer Unterfamilie, werden ſehr zahm und ſchreiten, entſprechend gehalten und gepflegt, regelmäßig zur Fortpflanzung. Vei der Brandgans, Wühl-, Erd-, Loh-, Grab- und Krachtgans oder Brand-, Wühl-, Erd-, Loch-, Berg-, Höhlen- und Krachtente (Tadorna damiatica,