Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Spovrengans. Hühnergans. 631

verſichert, daß Hühnergänſe, die er beobachtete, ohne weiteres beſhlihen und gefangen werden konnten. Die gedachten Reiſenden rühmen das Wildbret als vorzüglich und ſhäßen es weit höher als das der europäiſchen Gans. Spätere Beobachter fanden, daß die Hühnergänſe nicht nur nicht mehr häufig vorkamen, ſondern auf vielen Fnſeln bereits ausgerottet waren. Gould ſ{hoß ein Paar auf der Fſabelleninfel,-meint aber, daß der Vogel noch auf mehreren niht unterſuchten Teilen der Südküſte Auſtraliens häufig ſein könne. Der „alte Buſhmann“ beobachtete ſie in Victoria nur zweimal, einen kleinen Flug und zwei andere, die ſih unter zahme Gänſe gemiſcht hatten.

Die Hühnergans lebt, ihrer Begabung entſprechend, weit mehr auf dem Lande als auf dem Waſſer. Sie geht vorzüglich, ſ{hwimmt aber ziemli<h ſ{<le{<t, daher ungern, und fliegt ſchwerfällig. Durh ihre Scheu vor dem Waſſer, die ſie auh in der Gefangenſchaft fundgibt, unterſcheidet ſie ſih von allen übrigen Arten ihrer Familie. Ungezwungen ſchi>t ſie ſi< nur höchſt ſelten zum Shwimmen an, verweilt vielmehr bei Tag und Nacht auf dem Feſtlande, in den Morgen- und Abendſtunden weidend, in den Mittags- und Nachtſtunden ruhend. Mit anderen Vögeln hält ſie keine Freundſchaft; an Zankſucht und Raufluſt übertrifft ſie vielleicht no< die Nilgans. Ein Paar, das unter anderes Waſſergeflügel gebracht wird, erringt ſih binnen kurzem die unbedingteſte Oberherrſchaft und weiß dieſe unter allen Umſtänden zu behaupten, wird der Mitbewohnerſchaft eines Teiches jedo<h nur während der Paarungszeit wirklih beſhwerlih. An die Gefangenſchaft gewöhnt ſie ſih leicht, und ihren Pfleger lernt ſie ſhon in den erſten Tagen von anderen Menſchen unterſcheiden, wird ihm auc anhänglih. Fn Auſtralien ſoll man ſie früher faſt in allen größeren Gehöften zahm gehalten haben, dann aber von ihrer Zucht zurü>gekommen ſein, weil ihre Unverträglichkeit beläſtigt. Fn Europa wird ihre Vermehrung noh dadurch gehindert, daß die Brutzeit, dem auſtraliſhen Frühlinge entſprechend, in die lebten Herbſtmonate fällt und die Strenge des Winters die Hoffnungen des Züchters oft vereitelt. Doch hat man bereits erfahren, daß Hühnergänſe, deren erſte Eier durch die Kälte zu Grunde gingen, im Februar wieder legten und dann ihre Jungen glü>li< aufbrachten.

Die Paarungsluſt zeigt ſich in unverkennbarer Weiſe. Beide Geſchlechter laſſen öfter als ſonſt ihre brummende Stimme vernehmen; der Gänſerih umgeht ſeine Gattin mit zierlihem Kopfneigen, ſchaut ſi<h wachſam nach allen Seiten um und vertreibt unerbittlich alle übrigen Tiere aus ſeinem Gehege. Nach erfolgter Begattung baut die Gans eifrig an ihrem Neſte und wählt hierzu unter den ihr zu Gebote ſtehenden Stoffen immer die geeignetſten aus. Das Neſt iſt niht gerade kunſtvoll, aber doh weit beſſer als das der meiſten übrigen Gänſe gebaut, innen glatt gerundet und au< hübſch mit Federn und Daunen ausgelegt. Die Eier ſind verhältismäßig klein, rundlich, glattſchalig und gelblichweiß von Färbung. Die Brutzeit währt 30, bei kaltem Wetter bis 38 Tage. Die Fungen laufen no< am Tage ihres Ausſhlüpfens aus dem Neſte und der Mutter nah, verſhmähen hart geſottenes Ei, geha>te Regenwürmer, überhaupt tieriſche Stoffe, auh Weißbrot, und ſcheinen nur Pflanzennahrung zu genießen. Sobald ſie dem Eie glü>lih entſhlüpft ſind, zeigt ſih die mutige Kampſluſt des Gänſerihs in ihrem vollen Glanze, und man begreift jet, warum die auſtraliſchen Anſiedler einen ſolchen Vogel niht auf ihren Höfen haben mögen. Es gibt kein Haustier, das der männlichen Hühnergans Screen einflößen könnte; ſie bindet ſelbſt mit dem Menſchen an. „War mein Gänſerih“, erzählt Cornély, „vorher ſchon böſe, ſo iſt er jezt geradezu raſend. Mit höchſter Wut verfolgt er alles, 10as Leben hat. Ein großer Kranich kam ihm zufällig in den Weg; er ſtürzte ſih auf ihn, und obgleich ein Knecht, um die Tiere zu trennen, nur einige hundert Shritt zu laufen hatte, kam er do< ſhon zu ſpät. Der Kranich war bereits eine Leiche, als er auf dem Walplage anlangte. Jn einer Nacht kam der Gänſerich in einen Stall, worin ein anderer