Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Eiderente: Verbreitung. Lebensweiſe. Stimme. Niſtſtätten. 651

muß ſie von hier aus, wenn der Winter ſehr ſtreng wird, ſih zu Streifzügen entſchließen, die ſie dann nach der Nordſee oder ſelbſt bis ins Atlantiſche Meer hinausführen. Fn Grönland tritt ſie in den Monaten September und Oktober einen regelmäßigen Zug an, ſammelt ſih währenddem an nahrungsreichen Stellen in ungeheurer Menge und bede>t das Meer im buchſtäblichen Sinne des Wortes auf Geviertkilometer hin. Vom April an kehrt ſie, regelmäßig ebenfalls zu großen Maſſen vereinigt, nah dem Norden zurück.

Die Eiderente iſt ein Meervogel im vollen Sinne des Wortes. Auf dem Lande bewegt ſie ſich, ſhwerfällig watſchelnd, nur mit Mühe, ſtolpert und fällt auch oft zu Boden nieder. Der Flug ermüdet ſie bald, erfordert beſtändige und ſehr raſche Schläge der verhältnismäßig doch kleinen Flügel und geht auh meiſt in geringer Höhe und gerade über dem Waſſer hin. Erſt, wenn ſie ſih in dieſem befindet, zeigt ſie ihre eigentlihe Bewegungsfähigkeit. Sie ſchwimmt mit minder tief eingeſenktem Leibe als andere Tauchenten, aber raſcher als jede andere bekannte Art, taucht auch in viel bedeutendere Tiefen hinab. Holböll verſichert, mit Faber übereinſtimmend, daß ſie ſih ihre Nahrung zuweilen aus einer Tiefe von 50 m emporhole, auh bis 6 Minuten unter Waſſer verweilen könne, und erwähnt ſpäter, daß von den ihm bekannten Vögeln nux die Prachteiderente, die nah ſeinen Erfahrungen bis 120 m tauchen und bis 9 Minuten unter Waſſer verweilen kann, ſie übertreffe. Jch habe ſie ſehr oft tauchen ſehen, eine ſo lange Zeit ihres Wegbleibens aber nie beobachtet, vielmehr gefunden, daß ſie in der Regel nah höchſtens 2 Minuten wieder an der Oberfläche des Waſſers erſchien. Die Stimme des Männchens iſt ein nicht eben lautes, aber ſehr klangvolles, wenn au< brummendes „Ahu ahu ahua“, die des Weibchens ein eigentümliches, oft wiederholtes „Korr korr korrerr“. An Sinnesſchärfe ſteht ſie hinter keiner anderen Art ihrer Familie zurü>, und an geiſtigen Fähigkeiten ſcheint ſie die meiſten noh zu übertreffen. Sie iſt, wenn ſie ſih auf dem Meere befindet, ſehr vorſichtig und läßt ſelbſt das bekannte Fiſcherboot ſelten ſo nahe an ſih herankommen, daß man von ihm aus einen wirkſamen Schuß abgeben könnte; aber ſie merkt es bald, wenn man ihr wohl will, und beträgt ſich dann zuweilen, obſchon nur während der Brutzeit, wie ein wirklihes Haustier.

Alle Eidervögel brüten erſt ziemlih ſpät im Jahre, niht vor Ausgang Mai, gewöhnlich erſt im Funi und Juli. Zu dieſem Zwecke verſammeln ſie ſi<h um kleine Fnſeln, die ihnen leihtes Landen geſtatten. Die Paare trennen ſich von dem großen Haufen, und Männchen und Weibchen watſcheln nun auf das Land hinaus, um eine paſſende Niſtſtelle zu ſuchen. Bedingung für ſie iſt geſhüßte Lage. Dem entſprehend werden Fnſeln, die teilweiſe mit niederem Geſtrüpp bewaſen ſind, allen übrigen vorgezogen. Da, wo der Menſch ſi< um das Brutgeſchäft kümmert, trifft er zum Empfange der nüßlichen Gäſte Vorkehrungen, indem er alte Kiſten am Strande auſſtellt, Steine mit Brettern oder Reiſig überde>t und anderweitige Verſte>pläße vorrichtet. So {heu der Eidervogel früher war, ſo zutraulich zeigt er ſih jezt. Er hält ſich des Schußes des Menſchen im voraus verſichert und läßt ſi< durch deſſen Treiben in keiner Weiſe behelligen oder ſtören. Bis unmittelbar an das einſame Gehöft des Küſtenbewohners, ſelbſt bis in dieſes - bis ins Jnnere der Hütte watſchelt er, um ſi einen paſſenden Play zum Neſte aufzuſuchen, und gar nicht ſelten geſchieht es, daß einzelne Eidervögelweibchen in Kammern und Ställen, Baköfen und ähnlichen Orten brüten, ja der Hausfrau förmlich läſtig werden. Anfänglich begleitet das Männchen ſein Weibchen regelmäßig bei allen dieſen Fußwanderungen, erſcheint mit ihm des Morgens am Lande, fliegt gegen Mittag nah den Fjorden hinaus, ſ{<hwimmt dem hohen Meere zu, kehrt am Abend zurü>, tritt am nächſten Morgen eine ähnliche Wanderung an und hält, während das Weibchen legt, Wache beim Neſte; wenn aber das Gelege vollſtändig geworden iſt, verläßt es Neſt und Weibchen und fliegt nun auf das Meer hinaus, um ſi hier mit anderen Männchen zu vereinigen. Um einzelne Schären