Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

652 Zehnte Drdnung: Stoßvögel; ſe<hzehnte Familie: Entenvögel.

Norwegens ſieht man dieſe Strohwitwer maſſenhaft geſchart, gleichſam einen Blütenkranz um das Eiland bildend. -

Das Neſt beſteht nur aus denjenigen Stoffen, welche ſih in nächſter Nähe finden, und wird höchſt liederlih zuſammengeſchihtet, bald von feinem Reiſig, bald von Seetang, bald von Gras oder Strohabfällen und dergleichen. Um ſo dichter und reicher iſt die innere Daunenausfütterung, der koſtbare Zoll, den die brütenden Eidervögel dem ſie freundlih ſ{<hüßenden Menſchen zurü>laſſen. Das Gelege beſteht in der Regel aus 6—8 rein eiförmigen, etwa 85 mm langen, 60 mm dien, glattſhaligen, ſ<hmugzig- oder graugrünen Eiern. Schon nah wenigen Tagen ſizt die brütende Alte ſehr feſt auf dem Neſte, und da, wo ſie an den Menſchen gewöhnt iſt, weicht ſie bei deſſen Kommen nicht von der Stelle, ſondern drückt nur den Kopf zu Boden und breitet die Flügel ein wenig, um ſi< unkenntlih zu machen. Die Färbung ihres Gefieders ſtimmt gewöhnlih mit der des umgebenden Bodens ſo vollſtändig überein, daß es dem Ungeübten wirklih \{hwer wird, den Vogel zu unterſcheiden und zu entde>en. Anfangs bin ih ſehr oft getäuſcht und in Verwunderung geſeßt worden, wenn ih plößlih einen gelinden Biß am Fuße fühlte, den mix ein auf dem Neſte ſißendes, von mix überſehenes Eiderentenweibchen beigebracht hatte. Auch auf ſolhen Fnſeln, die entfernt von Wohnungen liegen, laſſen die Eidervögel den Menſchen ſehr nahe an ſih herankommen, bevor ſie auffliegen. Diejenigen, welche in der Nähe der Wohnungen brüten, erlauben dem Beobachter, ſie vom Neſte aufzuheben, die Eier zu betrachten und ſie wieder auf dieſe zu ſeßen, ohne daß ſie ans Wegſfliegen denken. F< habe mir das Vergnügen bereitet, mich längere Zeit neben ſie hinzuſeßen, ſie zu ſtreicheln, meine Hand zwiſchen ihren Leib und die Eier zu ſte>en und doch ſehr viele niht vom Neſte aufgeſheu<t. Einzelne biſſen wie ſpielend nah meinem Finger, andere gaben gar kein Zeihen des Mißbehagens von ſi<h. Die ih vom Neſte gehoben und in einer gewiſſen Entfernung auf den Boden niedergeſezt hatte, watſchelten, als ob nichts geſchehen wäre, dem Neſte zu, ordneten die Daunen und ſezten fi< in meiner Gegenwart wiederum zum Brüten nieder. Die ſcheueren entflohen und beſprißten dann regelmäßig die Eier mit ihrem Kote; ſie flogen aber niemals weit weg und kehrten auch ſtets bald zurü>, um weiter zu brüten.

Ungeſtört, verläßt die Mutter gewöhnlich in den Morgenſtunden das Neſt; vorher aber bede>t ſie das Gelege höchſt ſorgfältig mit den Daunen, um jeden ſchädlichen Einfluß der Witterung abzuhalten. Hierauf fliegt ſie ſo eilig wie möglih dem Meere zu, taucht emſig ungefähr eine halbe Stunde lang na<h Nahrung, füllt ſih in dieſer Zeit den Kropf bis zum Berſten mit Muſcheln an und kehrt wieder zum Neſte zurü>. Die Männchen ſind immer ſcheuer, au< wenn ſie im Anfange der Brutzeit mit dem Weibchen aufs Land gehen und am Neſte Wache halten. Nähert man ſich ihnen, ſo geraten ſie in heftige Bewegung, erheben und ſenken den Kopf, rufen dem Weibchen zu, ſtehen dann polternd auf und fliegen in das Meer hinaus, von dort aus ängſtlich den Störenfried beobachtend.

Nach 25—26 Tagen entſchlüpfen die Jungen, allerliebſte Geſchöpfe, die in ein reihes und ziemlih buntes Daunengewand gekleidet ſind, vom erſten Tage ihres Lebens an fertig ſ{<wimmen und tauchen, auh ziemlih gut, jedenfalls beſſer als die Mutter, laufen. Dieſe führt ſie, ſobald ſie halbwegs tro>en geworden ſind, dem Meere zu und verläßt es mit ihnen nunmehr bloß dann noh, wenn die Jungen müde geworden und ſih bei heftigem Wogenſ<hlage niht auf ihrem eignen Rücken ausruhen können. Wenn die Brutſtätte weit vom Meere liegt, währt die Wanderung der Familie ziemlih lange Zeit, und der beſorgte Beſizer pflegt dann gewöhnlich helfend einzuſchreiten, indem er die eben ausgeſhlüpfte Brut in einen Korb pat und im Gefolge der hinter ihm drein watſhelnden Alten mit jener der See zuwandelt. Das Meer iſt die ſicherſte Zufluchtsſtätte für die Küchlein, weil ſie hier den Nachſtellungen ihrer ſ{limmſten Feinde, der Edelfalken, Kolkraben und Raubmöwen, am