Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Elfte Ordnung. Die Wehrvögel (Palamedeornithes).

Fürbringer iſt der Anſicht, daß die Wehrvögel (Palamedeidae), die gewöhnlih den Rallen zugerechnet werden, dieſen niht angehören, ſondern nähere Verwandtſchaft zu den Stoßvögeln, entferntere zu den Straußen und Nandus zeigen. Wahrſcheinlich iſt man berechtigt, für die ſonderbaren Geſchöpfe, von welchen man nur drei Arten kennt, eine eigne Ordnung, beſtehend aus einer Unterordnung (Palamedeiformes) und Sippſchaft (Palamedeae), zu bilden. Sie ſind große, ſ<hwerleibige Vögel mit länglichem Halſe, kleinem Kopfe, weniger als kopflangem, dem der Hühner niht unähnlichem, neben dem Firſte etwas zuſammengedrücktem, an der Spigze hakig übergebogenem, an der Wurzel mit Wachshaut bekleidetem Shnabel, mäßig hohen, di>en, kurzzehigen, mit mittellangen, wenig gebogenen und ſpißigen Nägeln bewehrten Füßen, deren äußere und mittlere Zehen durch eine Spannhaut verbunden ſind, ziemli< langen und kräftigen Flügeln, unter deren Schwingen die dritte die längſte iſt, zwölffederigem, ſanft abgerundetem Schwanze und vollem, am Halſe fleinfederigem Gefieder. Bemerkenswert ſind zwei ſehr kräftige Sporen am Flügelgelenke: eine Art trägt auch einen hornartigen Auswu<hs auf dem Kopfe. Jn der Färbung zeigt ſih bei den verſchiedenen Geſhlehtern kein Unterſchied. Der Knochenbau iſ plump und maſſig, die Zunge lang, {mal und ſpizig, der Kropf weit, der Magen ſehr muskelkräftig, der Darmſchhlauch lang und ſtarkhäutig. Wie bei einzelnen Shwimmvögeln liegt unter der Haut ein dichtes Neg von Luſtzellen und Luftblaſen, das beliebig angefüllt und entleert werden kann.

Die Wehrvögel leben in allen größeren Sümpfen Südamerikas, gewöhnlich in kleinen Trupps, während der Brutzeit aber vaarweiſe. ſind iw aanzen friedlih und gebrauchen ihre kräftigen Waffen ſelten, die Männchen einander gegenüber während der Begattungszeit, und beide Geſhlehter, um ſ{hwächere Feinde abzuwehren. Wie Pöppig angibt ſollen ſie ſih in Kämpfe mit Schlangen einlaſſen, welche die von ihnen beſuhten Sümpfe bewohnen, und ſelbſt größere Tiere ungeſcheut anfallen. Jm Gehen tragen ſie ſih ſtolz und würdevoll; im Fliegen erinnern ſie an große Raubvögel, insbeſondere an Geier; aufgeſheu<ht, bäumen ſie; zum Schwimmen ſcheinen ſie unfähig zu ſein. Jhre Stimme hallt auf weithin im Walde wider. Die Nahrung beſteht vorzugsweiſe aus Pflanzenſtoffen; doh werden ſie, wie andere Sumpfvögel auh, ſ{<werli< Kerbtiere, kleine Lurhe und Fiſchchen verſhmähen. Fnmitten ihrer Sümpfe errichten ſie ein großes Neſt, belegen es mit 2 ungefle>ten Eiern und führen die Jungen ſofort na< dem Entſchlüpfen mit ſi< weg. Jung aufgezogen, gewöhnen ſie ſi< leiht an die Gefangenſchaft, erwerben ſi< Achtung und Gehorſam unter dem übrigen Hausgeflügel und ſollen ſogar hier und da als Hirten verwendet