Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

676 Zwölſte Drdnung: Nandus; einzige Familie: Nandus.

Unter den Sinneswerkzeugen der Kurzflügler ſcheint das Geſicht ausnahmslos wohl entwi>elt, neben dem Gehöre aber auch der Geruch in gleichem Maße ausgebildet, das Gefühl oder Empfindungsvermögen ſ{hwach, der Geſhma> ſehr ſtumpf zu ſein Über die geiſtigen Fähigkeiten läßt ſih kein günſtiges Urteil fällen. Alle bekannten Arten ſind ungemein ſ{heu und fliehen ängſtlich die Annäherung eines Menſchen, handeln aber ohne Überlegung, wenn es gilt, einer Gefahr zu begegnen, und alle zeigen ſih, wie beſchränkte Weſen überhaupt, ſtörriſch, boshaft und wenig oder niht bildſam. Sie leben unter ſich, ſolange die Eiferſucht niht ins Spiel kommt, in Frieden, dulden auh wohl die Geſellſchaft anderer Tiere, bekunden aber weder gegen ihresgleihen noh gegen andere Geſchöpfe wirklihe Zuneigung. Jn der Gefangenſchaft gewöhnen ſie ſih einigermaßen an den Wärter, unterſcheiden ihn aber kaum von anderen Menſchen

Die Kurzflügler fehlen nux in Europa. Afrika, einſ<hließli<h Weſtaſiens, beherbergt zwei, Amerika zwei, Auſtralien einſ<hließli<h der papuaniſchen Eilande, zehn verſchiedene Arten. Dürre, ſandige, mit wenig Geſtrüpp und Gras beſtandene, kurz, wüſtenhafte Ebenen und Steppen geben den einen, dihte Waldungen den anderen Herberge. Fene bilden zuweilen zahlreihe Scharen, dieſe leben einzeln und ungefellig.

Alle Arten zeihnen ſi< aus dur ihre unübertroffene Fertigkeit im Laufen, einige ſollen auh re<t leidli<h ſ<hwimmen; andere Bewegungsarten ſind ihnen fremd. Die Nahrung beſteht aus Pflanzenſtoffen und Kleingetier; leßteres dient den Fungen zur aus\<hließlichen Speiſe. Gefräßig im eigentlihen Sinne des Wortes kann man die Glieder dieſer Ordnung niht nennen; einige von ihnen bekunden aber unüberwindliche Neigung, allerlei Gegenſtände, die ihrer Gurgel nicht allzu großen Widerſtand bieten, hinabzuwürgen und ihren Magen mit ungenießbaren und unverdaulichen Stoffen zu füllen.

Über das Fortpflanzungsgeſchäft ſind wir erſt dur<h Beobachtungen an gefangenen Kurzflüglern unterrichtet worden. Noch konnte nicht feſtgeſtellt werden, ob alle Arten in Einehigkeit leben, oder aber, ob einzelne der Vielweiberei huldigen; eins aber iſt zweifellos geworden, daß bei allen Kurzflüglern der Vater den Hauptanteil an Erbrütung der Eier und Erziehung der Jungen übernimmt, ja, daß er in ſehr vielen Fällen ausſcließli< alle Pflichten, die ſonſt der Mutter zukommen, übt und dem Weibchen gar nict geſtattet, ſih zu beteiligen.

Dex Menſch verfolgt alle Kurzflügler, die einen ihrer Federn, die anderen ihres Fleiſches wegen, hält auch alle Arten in Gefangenſchaft und hat in neuerer Zeit die wichtigſten zu Haustieren gemacht.

Die amerikaniſchen Kurzflügler heißen Nandus und werden in einer beſonderen gleichnamigen Unterordnung (Rheiformes), Sippſhaſt (Rheae) und Familie (Rheidae) vereinigt. Jhr Leibesbau ſtimmt ſo wenig mit dem anderer Kurzflügler überein, daß Fürbrin ger, dem wir folgen, eine beſondere Ordnung aus ihnen gebildet hat; die Flügel ſind noÿ ziemlih entwi>elt und die Füße dreizehig. Der flache, am Grunde breite, an der Spiße gerundete, mit einer leiht gewölbten Hornkuppe befleidete Schnabel iſt etwa ebenſo lang wie der Kopf; die Füße ſind vom Hackengelenke an nat, auf der Hae ſhwielig warzig, die drei Zehen faum mittellang, an ihrer Wurzel mit einer kurzen Spannhaut verbunden, die Nägel gerade, ſtark, ſeitlih zuſammengedrü>t, nah vorn ſtumpf zugerundet, auf dem Rüken ſcharfkantig; eigentlihe Schwingen und Steuerfedern fehlen; an der Spiße des Flügels ſigt ein dornenartiger Nagel; Zügel und Augengegend ſowie ein Ring um die mit Borſtenfedern beſeßte Ohröffnung ſind unbefiedert und mit runzeliger Haut bekleidet, Oberkopf, Kehle, Hals Numpf und Schenkel dagegen befiedert, die Federn des Kopfes und Halſes klein, ſ<hmal