Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

682 Zwölfte Ordnung: Nandus; einzige Familie: Nandus.

lang folgen ſie dem Vater allein; nah und nach geſellen ſih au<h wieder die Weibchen zur Familie. Jm Herbſte, alſo im April oder im Mai, hat der junge Nandu ſein Flaumkleid ſhon mit dem erſten, ſhmußig gelbgrauen Federkleide vertauſcht. Die jungen Hähne laſſen ſih an ihrem ſtärkeren Wuchſe bald unterſcheiden; in jeder Herde aber findet man einige Küchlein, die verkümmert, d. h. ſehr klein ſind.

Böcking nimmt an, daß man die Lebensdauer des Nandus auf 14—15 Fahre ſchäßen könne, und glaubt, daß viele von ihnen an Altersſ<wäche ſterben, da er zur Winterzeit öfters einzelne antraf, die im Verenden waren, aber keine Spur äußerer Verleßung oder innerer Vergiftung an ſi<h trugen. Unter den Tieren hat der Nandu wenige gefährliche Feinde. Es wird zwar hier und da ein erwachſener die Beute des Kuguars oder ein junger von einem Fuhſe oder Adler weggenommen; dieſe Fälle dürften jedoch ſelten ſein, nicht einmal das Zerſtören des Neſtes oft vorkommen. Ergößlich iſt die Abneigung, die der amerikaniſhe Sporenkiebiß gegen den Nandu an den Tag legt, obgleih dieſer ihm gewiß niemals ein Leid zufügt. Nähert ſih ein Nandu dem Stande eines Pärchens ſolcher Kiebige, ſo ſtoßen ſie nah ihm unter unaufhörlichem Geſchrei wie Krähen auf einen Falken. Eine Zeitlang unterhält dies den Rieſen, und er weiht nur dur<h Seitenſprünge und Flügelſ{<wenken den Stößen aus; nah und nach aber wird ihm die Hartnäckigkeit ſeiner Quäler doh läſtig, und er entfernt ſi<h. Empfindlicher plagen ihn eine Ze>e und ein Eingeweidewurm, den man zu jeder Zeit des Jahres bei ihm findet. Feuer und Menſch ſind die gefährlihſten Feinde des Nandus. Gerade zur Zeit, wo die Vögel brüten, pflegen die Hirten bei friſhem Winde die Steppe anzuzünden, um das vorjährige tro>ene Gras zu entfernen. Ein ſolcher Steppenbrand zerſtört viele Neſter der verſchiedenen Erdbrüter. Der Steppenbewohner ſammelt ohne Nückſiht alle Nandu-Eier, deren er habhaft werden kann, ſchäßt jedes 15 Hühnereiern gleich, öffnet die Spige, gießt das Weiße, das einen groben Geſ<hma> beſißt, ab, thut etwas Fett, Pfeffer und Salz ins Jnnere und kot den Dotter unter beſtändigem Umrühren in der eignen Schale. Um ein Ei im Waſſer hart zu ſieden, wie die Europäer gewöhnlich thun, bedarf es 40 Minuten Zeit. Das Wildbret iſt grob wie Pferdefleiſh, hat auch deſſen Färbung, wird aber doh von den Fndianern gegeſſen, wogegen die Europäer nur die ſhma>haſten Jungen genießen; das reihli<h vorhandene, ölige, dünnflüſſige Fett eignet ſi \riſh vortrefflich zum Küchengebrauche, hält ſih aber ebenfalls niht lange und iſt, erſt ranzig geworden, niht einmal mehr tauglih zur Schmiere. Aus der Halshaut fertigen ſi die Gauchos kleine Säe zu verſchiedenen Hauszwe>en; aus den ſehr biegſamen, des Bartes entkleideten Federſchaften bereiten die Knaben Schlingen, in welchen ſie die Steißhühner fangen, oder die Erwachſenen geflochtene zierliche und ſtarke Reitzeuge, weben auh wohl ſchöne Fußteppiche davon. Außerdem dienen die Federn zu Staubwedeln, die beſten und längſten aber zum Shmu>e.

Die Jagd wird auf verſchiedene Weiſe ausgeübt. Fndianer und Gauchos verfolgen den Nandu zu Pferde und erlegen ihn mit den Bolas oder heßen ihn dur< Hunde, weniger der zu erlangenden Beute ſelbſt wegen, als vielmehr, um die Schnelligkeit und Ausdauer ihrer Pferde und die eigne Geſchi>lichkeit in der Handhabung ihrer Wurfkugeln zu erproben. Zu ſolcher Jagd verſammeln ſi< mehrere Reiter, ſuchen unter dem Winde die Vögel auf, nähern ſi< im Schritte, ſo weit ſie können, und beginnen das Rennen, ſobald die Nandus unruhig werden. Zunächſt ſu<ht man ein Stü von der Herde zu trennen und verfolgt nun dieſes allein. Trog aller Liſten ſind die Gauchos in kürzeſter Zeit dicht hinter ihm, und derjenige Reiter, welcher ihm zur Linken dahin ſprengt, ſchleudert die Bolas, worauf einen Augenbli> ſpäter der Nandu, einem rieſigen Federklumpen vergleichbar, über den Boden rollt und dur die Gewalt des Sturzes getötet wird. Fehlt der eine, ſo tritt der andere Reiter ein; wenn es alſo dem geheßten Tiere nicht gelingt, einen Sumpf zu