Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Pampaſtrauß: Fortpflanzung im Freileben und Gefangenleben. 681

gefördert war, begann das Männchen, das die Eier vielfah gewendet und hin und her geſchoben hatte, zu brüten. Das Weibchen legte noh 2 Eier neben das Neſt, und auch ſie wurden vom Männchen herbeigeholt und unter den Körper gebracht. Nicht nur bei meiner Annäherung blieb es ruhig ſigen, ſondern ich konnte ihm auh, ohne daß es ſehr beunruhigt worden wäre, Eier unter dem Leibe fortnehmen und unterſuchen. Der fortwährend vom Himmel ſtrömende Regen ließ mich für die Geſundheit des brütenden Vogels fürchten; allein das Geſträuch, neben dem das Neſt angelegt war, gewährte doch einigen Schuß, und ſo kam denn endlih na< Verlauf von 6 Wochen, genauer 39 Tagen, ein kleiner Strauß zur Welt. Er fand die erſten Tage das warme Pläßchen unter den Füßen des Herrn Papas ſo behaglich, daß von ihm nur das Köpfchen zu ſehen war, das er bisweilen zwiſchen Flügel und Körper des alten Vogels hervorſtre>te. Kam er ja einmal zum Vorſchein oder wurde von mir hervorgeholt, ſo lief er eilig wieder auf den Vater zu. Dieſer hob ſorgfältig einen Flügel, und im Nu war das junge Tier darunter geſchlüpft. Zwei Tage war der kleine Burſche ohne Nahrung. Es verurſachte mir dies gar keine Sorge; ih dachte mir, daß er ſhon kommen und ſuchen würde, ſobald der Magen einiges Verlangen ſpürte. Und ſo geſchah es auch. Am dritten Tage kroch der kleine Weltbürger wiederholt unter den Flügeln hervor und fing an zu ſuchen. Kleine Hälmchen und Sandkörnchen wurden aufgeleſen, und bald machte er ſich auch an die ihm vorgeworfenen Semmelkrumen. Vom Neſte entfernte er ſi<h nur ungern, und der alte Vogel brütete no< emſig fort auf einigen Eiern, die ih ihm gelaſſen, weil an der Möglichkeit, Funge daraus zu erhalten, no< nicht gezweifelt werden durfte. Nachdem ih endlih, 4—5 Tage ſpäter, alle Hoffnung aufgeben mußte, entfernte ih ſie und veranlaßte den alten Vogel, der, ſeitdem er ein Junges hatte, das Neſt gar nicht mehr verließ und gemeinſchaftlih mit ſeinem Kinde das vorgeworfene Weißbrot verſpeiſte, aufzuſtehen. Er begann nun auh, gefolgt von dem jungen Tiere umherzugehen und zu graſen. Das Junge ſammelte Genießbares von der Erde auf, pflüc>kte Grasſpizen ab und fing an, auf Fliegen zu jagen, während es Ameiſeneier und Fleiſchſtückchen verſhmähte. Wiederholt am Tage und regelmäßig des Abends zogen ſih Vater und Kind auf ihr Neſt zur Ruhe zurü>, und erſt ſpäter ließ ſich der erſtere an beliebigen Stellen des Gartens zum Ausruhen nieder. Sogleich nahm der junge Vogel ſein warmes Pläßchen unter dem Flügel des Alten wieder ein und ſtre>te, ſobald ſih ein auffallendes Geräuſch erhob, neugierig das Köpfchen hervor.“ Das Junge trug ein graues Daunenkleid mit dunkeln Längsſtreifen, hatte etwa die Größe eines ſtarken Rebhuhnes, aber ſelbſtverſtändlich längere Beine und einen verhältnismäßig langen Hals Später hat Bodinus in Berlin alljährlih Nandus gezüchtet und dabei erfahren, daß ſie gediehen, wenn er ſie möglichſt ſih ſelbſt überließ und ſie auh bei ungünſtiger Witterung nicht in den Stall brachte, wogegen ſie an Lähmung dex Füße zu leiden begannen und endlih eingingen, wenn er umgekehrt verfuhr. Das Männchen brütete in allen Fällen allein; das Weibchen durfte aber in ſeiner Geſellſchaft belaſſen werden, ohne die Jungen zu beläſtigen.

Auch in Südamerika iſt die Anſicht ziemlich allgemein verbreitet, daß die Findlinge zu der erſten Nahrung der Jungen dienen. Böcking bezweifelt die Wahrheit der Behauptung aus dem Grunde, weil kein Beobachter für ſie einſtehen kann, und die Jungen ſobald ſie fähig ſind, zu ſtehen, Kerbtiere fangen, an ſolhen auh während dieſer Zeit dur<haus kein Mangel iſt.

In Südamerika ſ{lüpfen die erſten jungen Nandus Anfang Februar aus, im Norden etwas früher, im Süden ſpäter. Sie wachſen erſtaunlich raſh und ſind ſhon nah Verlauf von 2 Wochen 50 cm hoh. Am dritten oder vierten Tage ihres Lebens ſoll kein Menſch mehr im ſtande ſein, ſie im freien Felde einzuholen; früher aber iſ dies möglich, weil ſie ſih, wenn ſie gejagt werden, platt auf den Boden drücfen. Ungeſähr 5 Wochen