Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

680 Zwölfte Ordnung: Nandus; einzige Familie: Nandus.

Allermeiſt ſind es die Löcher, welche die wilden Stiere austiefen, indem ſie ſih mit dem Sqculterblatte auflegen und vermittelſt der Hinterbeine um dieſes drehen, in der Abſicht/ ſich der Biesfliegenlarven in ihrer Haut zu entledigen. Findet der Hahn ſolche Mulde nicht vor, ſo ſcharrt er nur an einer ihm zuſagenden Stelle den Pflanzenüberzug weg, füttert die Vertiefung notdürſtig am Boden und Rande mit einigen Grashalmen aus und läßt ſeine Weibchen 7—283 Eier hineinlegen. Azara erzählt, daß man zuweilen 70—80 Eier in einem Neſte finde, und Darwin gibt wenigſtens ihrer 40—50 als höchſte Anzahl an; Böcking hingegen ſagt, daß die Gauchos wohl behaupteten, es gäbe Gelege bis 50 Stü, er ſelbſt habe aber niemals mehr Eier als 23 und im Dur<hſchnitte 13—17 in einem Neſte gefunden. Um das Neſt herum, bis auf 50 Schritt Abſtand, bemerkt man ſtets verſtreute Eier (Findlinge), die friſcher als die im Neſte liegenden ſind.

Die Eier ſelbſt ſind von ſehr verſchiedenem Umfange, da ſie von Gänſeeiergröße bis zum LängS8durchmeſſer von 13 cm abändern. Die Färbung des Eies iſt ein mattes Gelblichweiß; die Zeichnung beſteht aus kleinen grüngelben Pünktchen, welche die großen Poren umgeben. Sobald aber das Ei der Sonne ausgeſeßt wird, verbleiht es raſh, und bereits nah 8 Tagen ſieht es ſ<hneeweiß aus. Nachdem das Neſt ſeine Eierzahl erhalten hat, beſorgt das Männchen das Brutgeſchäft allein. Die Hennen entfernen ſi< ſogar von ihm, bleiben aber immer zuſammen und innerhalb des früher vom Hahne behaupteten Gebietes. Dieſer ſigt während der Nacht und in den Morgenſtunden, bis der Tau abgetro>net iſt, über den Eiern, verläßt dann jedo<h in unregelmäßigen Abſtänden, die ſi< nah der Wärme richten, das Neſt, um zu weiden. Dieſe Zwiſchenräume können ohne Schaden für die Entwi>elung des Keimlings ſehr groß ſein; Böcking beobachtete eine vierſtündige Abweſenheit des Nandus vom Neſte und erfuhr ſpäter, daß die Eier dadurch nicht gelitten hatten. Anfangs ſißt der Hahn nur loſe und {leiht ſih beim geringſten verdächtigen Geräuſche ſtill abſeits, bis die Gefahr vorüber; ſpäter hingegen brütet er ſehr eifrig und ſchnellt erſt, meiſt zum großen Schre>en des Pferdes, diht vor dem Reiter empor. Bei ſolchem jähen Auffahren geſchieht es, daß er einzelne Eier zertritt und andere aus dem Neſte wirft, während er ſonſt ſehr vorſichtig verfährt. Seine Liebe zu den Eiern offenbart er zunächſt dadur, daß er mit ausgebreiteten Flügeln und frauſem Gefieder dem Reiter entgegentritt, ſodann, nachdem er ſih beſonnen, im Zi>za>e und hinkend langſam wegläuft, alſo die Verſtellungskünſte aller Vögel nachahmt, um die Aufmerkſamkeit von ſeiner Brut ab und auf ſih hinzulenken. Einen öfteren Beſuch ſieht er zwar niht gern, verläßt aber das Neſt, ſolange es niht wirkli zerſtört wurde, nur in ſeltenen Fällen und duldet ſogar, daß einzelne Eier weggenommen werden. Gegen Stinktiere, Beutelratten und Shlangen ſoll er die Eier erfolgreich verteidigen; doh hat Böcking niemals ein getötetes Raubtier in der Umgebung ſeines Neſtes bemerkt, wohl aber dicht daneben zerſtörte Findlinge geſehen.

An ſeinen gefangenen Pampaſtraußen beobachtete Bodinus, daß ſi<h das Weibchen nur während des Legens zum Neſte begab, und daß dieſes lediglih vom Männchen über_ wacht wurde. Lebteres ließ ſih hin und wieder auf den Eiern minutenlang nieder, ſtand hierauf unruhig wieder auf, wälzte ſie hin und her, drängte ſie aus dem Neſte, zog ſie mit dem Schnabel wieder hinein 2c., verließ aber ſ<ließli< das Neſt faſt gar niht mehr und verſtattete auh dem Weibchen, das mit Legen fortfuhr, durchaus nicht, es einzunehmen. Die Henne mußte ſich begnügen, ihre Eier neben das Neſt zu legen, und der Hahn zog dieſe ſofort zu ſih ins Neſt hinein. „Die Legezeit“, berichtet unſer Gewährsmann, „begann Ende Mai. Das Weibchen legte in der Nähe der vom Männchen ausgeführten, mit Grashalmen ſpärlih belegten Vertiefung in Zwiſchenräumen von je 2 Tagen 11 Eiex, die ih bis auf eins fortnahm, um ein gleichzeitiges Auskommen der Jungen zu erzielen. Nachdem 8 Eier gelegt waren, brachte ih alle ins Neſt zurü>, und nachdem das 9. zu Tage