Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

696 Vierzehnte Ordnung: Strauße; einzige Familie: Strauße.

an ſie hinanſhleihen konnte, ohne von ihnen geſehen zu werden, ließen ſie mih doch in Schußweite kommen und zogen ſi< nur Schritt für Schritt zurü>.“ Genau dasſelbe haben mix die Araber erzählt, und nah Beobachtungen an gefangenen ſ{heint mir die Angabe glaubwürdig. Ob mit dieſer Menge von Getränk, die der Strauß zu ſi< nimmt, in Verbindung ſteht, daß er harnt, wie es ſonſt kein anderer Vogel thut, laſſe ih dahingeſtellt ſein.

Über die Fortpflanzung ſind wir erſt durch die Beobachtungen, die an gefangenen Straußen angeſtellt werden konnten, aufgeklärt worden. Jn früheren Berichten vermiſchen ſich Wahrheit und Dichtung. Sparrmann iſt der erſte Naturforſcher, der aus eigner Anſchauung eine wahrheitsgetreue Schilderung gibt; aber auch er läßt ſi<h dur< Mitteilungen der Eingeborenen beirren. „Heute“, ſo erzählt er, „ſcheuten wir einen Strauß, und zwar ein Männchen, vom Neſte, das er mitten auf dem freien Felde hatte, das indeſſen aus nichts weiter beſtand, als aus dem Erdboden, auf welchem die Eier loſe und frei lagen. Der Strauß läßt alſo ſeine Eier nicht liegen, damit ſie von der Sonne allein ausgebrütet werden, ſondern er ſigt ſie aus, zum wenigſten thut er dies in dieſem Teile von Afrika. Es erhellt aus jenem Umſtande, daß Männchen und Weibchen abwechſelnd brüten. Die eigentliche Anzahl der Eier, welche die Strauße jedesmal legen, getraue ih mih niht genau zu beſtimmen. Wir fanden diesmal nur 11; ſie waren alle friſ< und ſollten vermutlich mit verſchiedenen vermehrt werden; denn ein anderes Mal jagten zwei meiner Hottentotten wieder einen Strauß auf und nahmen 14 Eier aus dem Neſte, von welchen ſie mir die meiſten brachten, die übrigen aber liegen ließen, weil ſie ſolche niht für friſch hielten. Wahrſcheinli<h legt alſo der Strauß 16, 18 oder 20 Eier.“

Lichtenſtein beſchreibt das Brutgeſchäft ausführlicher. Nachdem er angegeben hat, daß während der Brutzeit nie mehr als 4—5 Strauße, 1 Hahn und 3—4 Hennen, beiſammen leben, ſagt er: „Alle die Hennen legen ihre Eier in ein Neſt, das aus nichts weiter beſteht als aus einer runden Vertiefung in dem etwas aufgelo>erten Thonboden, die ſo groß iſt, daß ſie dieſe beim Brüten eben bede>en können. Rund umher ſcharren ſie mit den Füßen eine Art von Wall gegen welchen ſih die Eier im äußerſten Kreiſe anlehnen. Fedes Ei im Neſte ſteht auf der Spie, damit ihrer die größtmöglichſte Zahl Plag finde. Sobald 10—12 Eier im Neſte ſind, fangen ſie an zu brüten und zwar abwechſelnd, indem am Tage ſih die Hennen einander ablöſen; bei Na<ht aber brütet das Männchen allein, um die Angriffe der Schakale und der wilden Katen, die den Eiern gierig naſtellen, abwehren zu können. Fndeſſen legen die Hennen während des Brütens immer fort, und niht nur bis das Neſt voll iſt, welcher Fall eintritt, ſobald 30 Eier darin ſind, ſondern auh nachher. Dieſe ſpäter gelegten Eier liegen unordentli<h um das Neſt herum und ſcheinen von der Natur dazu beſtimmt, die Raubſucht der oben genannten Feinde zu befriedigen, denen ſie lieber dieſe friſhen Eier, als die ſhon bebrüteten preisgeben till. Indeſſen haben ſie no< eine wichtigere Beſtimmung, die nämlich, den jungen Straußen, die, wenn ſie ausgekrohen ſind, ſhon die Größe eines gewöhnlichen Hahnes haben, und deren zarte Magen doh niht gleih das harte Futter der Alten vertragen, zur erſten Nahrung zu dienen. Die Alten ſelbſt zertreten ihnen eins dieſer Eier nah dem andern und bringen ſie durch dieſes nahrhafte Futter in kurzer Zeit ſo weit, daß ſie ſelbſt im ſtande ſind, ſih im Felde ihre Nahrung zu ſuchen. Beſonders ſorgfältig ſuchen die Strauße den Ort zu verheimlichen, wo ſie ihr Neſt angelegt haben. Sie laufen nie gerade darauf zu, ſondern pflegen es erſt in weiten Bogen zu umkreiſen. Ferner löſen ſih die Weibchen im Brüten entweder niht unmittelbar ab, und entfernen ſi< erſt beide aus der Gegend des Neſtes, damit man niht gewahr werde, wo ſie ſih legen, oder ſie we<ſeln ſo ſchnell daß der

etwaige Späher nie beide zugleich zu ſehen bekommt. Am Tage verlaſſen ſie das Neſt auh