Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Strauß: Fortpflanzung im Freileben. Gelege. 697

wohl ganz und überlaſſen der Sonne das Geſchäft des Brütens. Sobald ſie bemerken, daß ihr Neſt entde>t iſt, und daß ein Menſch oder ein Raubtier dabei geweſen iſt, die Lage der Eier verändert, oder wohl gar davon mitgenommen hat, zerſtören ſie es augenbli>li<h ſelbſt, zertreten alle Eier und legen an einem anderen Orte ihr Neſt an. Wenn daher die Anſiedler ein Neſt finden, pflegen ſie ſi< mit einem oder ein paar der umherliegenden, noh niht bebrüteten Eier zu begnügen, {harren mit einem Strauche die Spuren ihrer Fußtritte wieder zu und können auf dieſe Art ein ſoles Neſt zu einer wahren Vorratskammer eines ſehr angenehmen Nahrungsmittels machen, aus welcher alle 2—3 Tage ſo viel geholt werden kann, wie die Haushaltung davon bedarf. Fn den Wintermonaten (Juli, Auguſt, September) findet man die Straußenneſter am häufigſten, und dann taugen die Federn, die beim Brüten viel auf der Erde abgeſtoßen und beſchädigt werden, am wenigſten. Jndeſſen habe ih zu allen Jahreszeiten Neſter und bebrütete Eier gefunden.“

Dieſer Bericht, der ſih teils auf eigne Beobachtung, zum größeren Teile aber wohl auf die Erzählung der Südafrikaner gründet, findet ſich niht nur in den meiſten Reiſebeſchreibungen wieder, ſondern iſt auch in alle Natuxrgeſchihten übergegangen, enthält aber, wie wir jet wiſſen, viel Unrichtiges. Au<h Hartmanns Angabe, daß das Weibchen zweimal im Fahre 12—20, mitunter ſogar 30 Eier lege, iſt offenbar falſch.

Verſucht man, die Spreu vom Weizen zu ſondern, ſo ergibt ſih, daß allerdings mehrere Hennen in ein Neſt legen, daß aber in der Regel nicht ſie ſigen, ſondern daß der Hahn brütet, und ſie ſih höchſtens ausnahmsweiſe an dieſem Geſchäfte beteiligen. Je nach der Gegend tritt die Brutzeit früher oder ſpäter ein, immer und überall aber kurz vor Beginn des Frühlings, der das Weidegebiet der jungen Brut ergiebig macht. Der Hahn umtanzt die Henne mit gehobenen und zitternden Flügeln und unter allerlei Sprüngen und Gebärden, wie dies ſpäter noh ausführlicher geſchildert werden wird, und betritt ſie dann in ſigender Stellung. Nach geraumer Zeit legt das Weibchen ſein erſtes Ei und die übrigen in Zwiſchenräumen von je 2 Tagen nach, bis das Gelege vollſtändig iſt. Nunmehr beginnt die Bebrütung, und zwar zumeiſt durh das Männchen, das unter Umſtänden die Henne überhaupt niht zuläßt oder ihr doh nur dann zu ſigen geſtattet, wenn es ſich zeitweilig entfernen muß, um die nötige Äſung aufzunehmen. Jn kühleren Gegenden werden die Eier während des Tages ebenſo regelmäßig bebrütet wie während der Nacht, in heißen dagegen bei Tage ohne Schaden für ſie ſtundenlang verlaſſen, dann aber gewöhnlich mit Sand zugede>t. Leßteres wurde mir von den Beduinen erzählt und dur< Triſtram ſelbſt beobachtet. „Einmal, aber auh nur einmal“, ſagt Triſtram, „hatte ih das Glü>, ein Straußenneſt auszunehmen. Mit Hilfe unſerer Ferngläſer beobachteten wir zwei Vögel, die längere Zeit auf einer Stelle ſtanden, und fühlten uns veranlaßt, dahin zu reiten. Nachdem wir die ſchwer zu verfolgende Fährte aufgefunden hatten, ritten wir zur Stelle, auf welcher wir die Strauße hatten ſtehen ſehen, und fanden dort den Sand niedergetrampelt. Zwei Araber begannen mit ihren Händen zu wühlen und brachten bald 4 friſche Eier aus einer Tiefe von ungefähr 60 em unter der Oberfläche hervor.“

Die Eier ſelbſt ſind verſchieden groß, erklärlicherweiſe aber die größten von allen Vogeleiern. Jhre Länge hwankt zwiſchen 140 und 155 mm, ihx Durchmeſſer an der di>ſten Stelle zwiſchen 110 und 127 mm; die der gefangen gehaltenen Strauße, die vorwiegend in den Handel gelangen, ſind ſtets viel fleiner als die der wild lebenden Vögel. Die Geſtalt iſt ſhön eiförmig, an beiden Enden faſt gleih abgerundet, die glänzende Schale ſehr hart und did die Färbung gelblihweiß mit hellgelbliher, man<mal marmorartiger Zeichnung. Das Gewicht beträgt nah Hardys Unterſuchung im Durchſchnitte 1442 &, ebenſoviel wie das von 24 Eiern des Haushuhnes. Der Dotter iſt ſhmachaft, obſchon bei weitem weniger mild als der des Haushuhnes. Die Eier, die man ums Neſt herum findet, haben gewiß nicht