Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

698 Vierzehnte Drdnung: Strauße; einzige Familie: Strauße,

den Zwe>, den ihnen Lichtenſtein zuſchreibt, ſondern werden na<hträglih no< von dem oder jenem Weibchen abgelegt, während das Männchen bereits brütet Es iſt erklärlich, daß eine ſolche Anſicht über ihre Verwendung entſtehen konnte, aber \{<hwer begreiflih, wie ein Naturforſcher, der doh über die erſte Nahrung junger hühnerartiger Vögel unterrichtet ſein muß, jener Meinung Glauben beimeſſen konnte. Nach einer zwiſchen 45 und 52 Tagen ſhwankenden Brutzeit entſchlüpfen die Jungen und werden ſofort, nachdem ſie abgetro>net, vom Neſte weg und zur Weide geführt. Über ſie kann ih aus eigner Erfahrung berichten, da ih einmal zu gleicher Zeit zehn von ihnen beſeſſen, gepflegt und beobachtet habe. Nach Verſicherung der Sudaneſen, die ſie mir brahten, waren ſie höchſtens einen Tag alt; zum mindeſten behaupteten die Leute, es ſei unmöglich, ältere zu fangen. Es \ind allerliebſte Tierchen, die aber ſonderbar ausſehen, da ſie eher einem Jgel als einem Vogel gleichen. Jhre Bede>ung beſteht nämlich nicht aus Federn, ſondern aus ſteifen, dem Jgel ähnlichen Horngebilden, die in allen Richtungen vom Körper abſtehen. Der Scheitel iſt, nah Heuglin, der eine Beſchreibung von ihnen genommen hat, lebhaft roſtrötlich mit wenigen ſchwarzen Tigerfle>en, der Hals ſ{hmußig weiß, ins Fahle ſpielend; Wangen, Ohrgegend und Kinn ſind reiner weiß, die Halsſeiten dur<h braunſchwärzliche Längsfle>en, Na>en und Hinterhals durch drei deutliche, ebenſo gefärbte Längsſtreifen geziert; die Bruſt iſt fahlweißlih der Bauch ſ{<mußig weiß, der Rücken auf weißlihem Grunde mit etwas krauſen, hell ſtrohgelblichen und glänzend ſ<hwarzen, im ſpibigen Teile abgeplatteten, lanzettförmigen Borſten bekleidet. Fhr Betragen iſt das junger Trappen oder Hühner. Sie laufen ſofort nah dem Auskriechen ebenſo behende und gewandt wie dieſe umher und ſind geſchi>t genug, ihre Nahrung zu erbeuten. Nachdem meine gefangenen ungefähr 14 Tage alt geworden waren, benahmen ſie ſi<h ſo ſelbſtändig, daß wir annehmen durften, ſie vermißten die Führung ¡ihrer Eltern niht. Gleichwohl wiſſen wir, daß dieſe oder mindeſtens der Vater ihnen \orgfältige Pflege angedeihen läßt.

Schon der brütende Strauß bethätigt warme Liebe zu den Eiern, tritt verhältnismäßig ſtarken Feinden kühn gegenüber und nimmt zu allerlei Kunſtgriffen feine Zuflucht, wenn er meint, einen unwillkommenen, ihm zu ſtarken Gegner loswerden zu fönnen. Andersſon erzählt von einem Zuſammentreffen mit einer Straußenfamilie, auf die Jagd gemacht wurde. „Sobald die älteren Vögel unſere Abſicht bemerkten, begannen ſie eine eilige Flucht, das Weibchen voran, hinter ihm die Fungen und zuleßt das Männchen, das in einiger Entfernung von den übrigen die Flucht {<loß. Es lag etwas wahrhaft NRührendes in der Sorge, welche die Eltern für ihre Jungen an den Tag legten. Als ſie ſahen, daß wir ihnen immer näher kamen, ließ das Männchen plöglich in ſeinem Laufe nah und änderte ſeine Richtung; da wir aber doh von unſerem Vorhaben nicht abſtanden, beſ<hleunigte es wieder ſeinen Lauf, ließ die Flügel hängen, ſo daß ſie faſt den Boden berührten, und ſprang um uns herum, erſt in weiteren und dann in engeren Kreiſen, bis es uns auf Piſtolenſhußweite nahe kam. Jett warf es ſih plößlih auf den Boden, ahmte die Bewegung eines {wer verwundeten Vogels nach und ſtellte ſich, als müſſe es mit aller Kraft arbeiten, um wieder auf die Beine zu kommen. Jh hatte bereits na< ihm geſchoſſen und glaubte wirkli, daß es verwundet ſei, eilte deshalb zu ihm hin, mußte aber bald erfahren, daß ſein Betragen nurx eine Kriegsliſt von ihm war; denn ſobald ih ihm näher fam, ſtand es langſam auf und rannte in entgegengeſeßter Richtung dem Weibchen zu, das mit den Jungen ſchon einen bedeutenden Vorſprung gewonnen hatte.“

Mit dem Alter von 2 Monaten verlieren ſi<h die Stachelfedern der jungen Strauße und machen dem unſcheinbaren grauen Gewande der Weibchen Vlaß. Dieſes tragen beide Geſchlechter bis zu ihrem zweiten Lebensjahre. Fn dieſem ſieht das Männchen ſchon {<warz aus, erſt im dritten Jahre aber iſt es ausgewacſen, ausgefärbt und zeugungsfähig.