Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Strauß: Pflege der Jungen, Zähmbarkeit, Züchtung. 699

Der Strauß erträgt, falls ex genügenden Raum zu freier Bewegung hat, die Gefangenſchaft ohne Kummer, läßt ſi<h auh, wie ſchon angedeutet, ſo an einen gewiſſen Ort gewöhnen, daß er nah Belieben umherſhweifen darf, ebenſo hüten und auf Neiſen mitnehmen. Duveyrier ſah auf dem Wege nah Rhat im Lande der Tuaregs einen zahmen Strauß einer Karawane folgen. Dem Vogel wurden, wenn er ſi< ſonſt überlaſſen blieb, Feſſeln an die Füße gelegt, wie ſie die Kamele auf der Weide tragen, damit er ſih nicht verlaufen möge; im übrigen beauſſihtigte man ihn niht, und er erſchien auh regelmäßig wieder mit den Kamelen, denen er dann feſſellos folgte. Auh von Heuglins gezähmte Strauße wurden mit den Pferden und Kamelen frei auf die Weide getrieben oder durften ſih nah Belieben in den Straßen der Ortſchaften bewegen, und ebenſo zogen die, die Eduard Mohr beſaß, in Südafrika frei mit ſeiner Karawane. Jin nördlichen inneren Afrika pflegen alle wohlhabenden und vornehmen Leute, ſehr häufig aber auch die Dorfbewohner der Steppe zu ihrem Vergnügen Strauße zu halten. Jn der Ortſchaft Haſchaba in Kordofan fand ih zwei Strauße, die in einem halbwilden Zuſtande lebten, nach freiem Ermeſſen im Dorfe oder der es umgebenden Steppe umherliefen, von uns erkauft und in einer Anwandlung von kindiſher Ruhmſucht ſchließlich totgeſhoſſen und abgebalgt wurden. Fn Chartum ſchauten über die Mauern der größeren Höfe regelmäßig ein Paar Straußenköpfe weg; in anderen Ortſchaften fanden wir dieſelbe Liebhaberei bethätigt. Es bedurſte eines einzigen Wortes, d. h. nur des NRühmens der Vögel, um glü>liher Beſizer von Straußen zu werden. Fm Sudan dachte niemand daran, ſie zu Haustieren zu ſtempeln, d. h. ſie in irgend einer Weiſe zu benußen; man hielt ſie einzig und allein des Vergnügens wegen und gab ſih niht die geringſte Mühe, ſie zu züchten, ebenſowenig wie man darauf ausging, ihre Federn zu verwerten. Erſt der neueſten Zeit gebührt das Verdienſt, die Züchtung verſucht und Erfolge erzielt zu haben.

Die erſten Strauße wurden in Algerien gezüchtet. Jn Ham hielt man, laut Hardy, in einem ziemlih engen Raume der dortigen Baumſchule zahme Strauße. Es waren zufällig viel mehr Männchen als Weibchen vorhanden. Die Männchen bekämpften ſi beſtändig, und die Weibchen legten nicht, ſei es nun, daß ſie zu jung waren, oder daß die Örtlichkeit nichts taugte. Nachdem viele weggeſchenkt worden, blieben zwei Männchen und zwei Weibchen übrig. Dieſe ſperrte man nun im Jahre 1852 in ein kreisförmiges Gehege von 15 m Durchmeſſer ein. Die Paare ſchienen ſih bald gewählt zu haben; aber die beiden Männchen bekämpften ſi fortwährend, bis endlih eins ſi< zum Alleinherrſher aufwarf. Es war um die Paarungszeit, die ſih au< äußerlih bei dem Männchen durch verſchiedene Zeichen kundgibt: die na>te Haut der Schenkel färbt ſich lebhaft rot; das Gefieder prangt in ſeiner ſchönſten Shwärze. Der Hahn ſucht ſeine Liebe dur< cigentümliche Gebärden und Tänze auszudrü>en und läßt fremdartige, heiſere, tiefe Laute ertönen. Er hot ſich vor dem Weibchen auf die Fußwurzel nieder, bewegt Hals und Kopf in regelmäßiger Weiſe zittert am ganzen Körper und ſchlägt mit den Flügeln. Beim Schreien wirft er den Hals zurü>, ſhliezt den Shnabel und ſtößt nun dur< krampfhafte, aber willkürliche Bewegungent des ganzen Körpers die in der Lunge enthaltene Luft hervor, wobei ex ſeine Kehle außerordentlih aufbläht. Die dreimal drei Töne, die er ofi wiederholt, erinnern an das Brüllen eines weit entfernten Löwen, aber auh an ein dumpfes Trommeln. Der zweite iſt um einige Töne höher als der erſte, der dritte viel tiefer und gedehnt, gegen das Ende hin allmählih verſhwäht. Es wurde ein Neſt gegraben, und unmittelbar darauf begann das Weibchen zu legen. Männchen und Weibchen arbeiteten am Neſte, faßten die Erde mit dem Schnabel und warfen ſie ſo aus dem Kreiſe hinaus. Während dieſer Arbeit wurden die Flügel niedergebeugt und zitternd bewegt. Der Boden war voll Schuttſteine und Kiesſand, die zuſammen eine feſte Maſſe bildeten; denno< wurde die etwa 1 m im Durchmeſſer