Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

702 Vierzehnte Ordnung: Strauße; einzige Familie: Strauße,

„Nach Hardys Beobachtungen in Algerien ſollte die Bebrütung 566—60 Tage, je nah der Luftwärme, in Anſpruh nehmen. Zu meiner großen Überraſchung benachrichtigte man mich aber {hon am 3. Juni am Mittage, daß man glaube, ein Junges im Neſte bemerkt zu haben. Nach langem Beobachten und indem wir einen Augenbli> benußten, in welchem das Männchen das Neſt verließ, überzeugten wir uns vollkommen von dem Daſein des Jungen. Alle anderen Eier waren no< ganz. Die Naht machte unſeren Beobachtungen ein Ende; aber am anderen Morgen verfügte ih mi< voller Erwartung nah dem Parke, weil ih fürchtete, daß der Alte das Neſt verlaſſen möchte, um das Junge zu führen. Fm Laufe des Tages wurde uns die Freude, niht weniger als 11 ausgeſchlüpfte Sträußlein zu zählen; 2 Eier hatten die Alten am Abende vorher herausgeworfen, ohne daß wir wußten warum. Von dem Tage an gerechnet, an welchem das Männchen die Bebrütung übernahm, waren nur 45 Tage verfloſſen.

„Am Morgen verließ die ganze Geſellſchaft das Neſt und lief im Parke umher. Beide Alten führten die Jungen; der Vater aber zeigte für ſie eine regere Sorgfalt als die Mutter. Obgleich die Jungen ſchon kräftig waren, ſ{<lugen ſie doh no< häufig Purzelbäume auf den Sandhügelchen. Eins von ihnen blieb immer zurü>, fiel au< oft, und da ih glaubte, daß ſein ſ{<hwächliher Zuſtand ihm nicht geſtattete, mit den anderen zu leben, ſo verſuchte ih, es dur< die Planken zu erhaſchen; allein, das gelang niht, und ih mußte flüchten, weil der Alte mit einer ſolhen Wut auf mich ſtürzte, daß ih fürchtete, er würde die eignen Fungen zertreten. Einige Stunden ſpäter ſtarb der ſ<hwächliche Strauß, und die Geſellſchaft beſtand nun aus 10 Stü.

„Von dem Augenbli>e des Ausſchlüpfens an hatte ih, obgleih ih wußte, daß {hon jezt Nahrung nicht nötig war, denno< an die Wand ein Gemenge von Salat, hart geſottenen Eiern und Brotkrumen geſtellt; aber einige Tage lang wurde dieſe Nahrung gänzlih verſhmäht. Die Jungen wühlten na<h dem Beiſpiele ihres Vaters im Sande und warfen ſih zu meinem großen Erſtaunen auf den Kot der Alten. Endlich begannen ſie das Grüne zu freſſen, und es mußte dieſe Nahrung tägli<h mehrmals erneuert werden. Die harten Eier dagegen fraßen ſie niemals mit Begierde, und ſhon nah einigen Tagen zogen ſie die ganzen Salatblätter allem anderen vor. Niemals haben wir bemerkt, daß die Alten für ihre Jungen die Sorge und Aufmerkſamkeit einer Henne bekunden. Sie zeigten ihnen die Nahrung nicht, nahmen im Gegenteile das Beſte davon für ſih. Die Fungen wuchſen raſch heran, liefen bald dahin, bald dorthin, ſelbſt aus dem Pferche heraus, und machten auf Kerbtiere und Sämereien Jagd. Leider verloren ſie den Vater, der, ihnen na<hgehend, die Umzäunung ſprengte und, anſtatt die Familie zurüzuführen, ſi< mit ihr im Walde verlor. Man hoffte auf ſeine Zurükunft, bis man ihn nah langem Suchen am Fuße eines Felſens, von dem er abgeſtürzt war, tot fand. Die Erziehung der Küchlein verlief nun unter Leitung der Mutter auf das beſte. Es mußte jedo<h das für jene beſtimmte Futter vor dieſer geſichert werden, da ſie mit Ausnahme des Schußes, den ſie den Kleinen während der Nacht gewährte, in keiner Weiſe für ihre Jungen Sorge trug. Man war exſtaunt über die raſche Entwi>kelung der jungen Strauße. Nach Verlauf eines Monates hatten ſie ſhon das Anſehen einer Trappe. Der Hals hatte ſih entwi>elt, der Körper bedeutend erhoben und das Gefieder ausgebildet.“

Als bemerkenswert hebt Suquet no< hervor, daß die beiden Eier, die einige Tage vor dem Aus\<hlüpfen aus dem Neſte geworfen worden waren und 12 Tage, ohne bebrütet zu werden, auf dem Sande gelegen hatten, zwei vollſtändig ausgebildete Keimlinge enthielten, die noh Lebenszeichen von ſih gaben. „Jh ſehe mih deshalb genötigt, zu glauben“, ſagt er, „daß das Ausſchlüpfen der Eier auf natürlihem Wege ſtattgefunden hätte, wenn ſie unverſehrt geblieben wären, und es ſcheint mir dies in der That ein Beweis