Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Strauß: Erſte Züchzungsverſuche. 701

nun auh nachts auf den Eiern ſißen, erhob ſih erſt am Morgen um 8 Uhx auf eine Viertelſtunde zum Freſſen und hielt nahmittags eine zweite Mahlzeit. Dhne die geringſte Unterbrechung befolgte er dieſe Zeiteinteilung 51 Tage lang, und zwar ſo regelmäßig, daß man ihn, wenn man ihm die Nahrung 10 Minuten vor ſeiner Eſſensſtunde reihte, ſtets noh brütend antraf. Am 16. Auguſt verließ er die Brut eine Stunde lang, und am folgenden Morgen ſah man 2 junge, ſehr lebhaſte Sträußlein quer dur< den Park laufen und Sand auſnehmen. Es wurde ihnen eilig eine Miſhung aus untereinander geha>ten Eiern, Salat und Brot, kurz, ein Faſanenfutter zubereitet. Sie waren ſehr begierig danach, ſättigten ſih und kehrten ſodaun zu ihrem Vater zurü>, der ſeinen Poſten nicht verlaſſen hatte und jeßt nur die Flügel hob, um ſie wieder darunter zu nehmen. Bis 3 Uhr nachmittags blieben ſie verſte>t; da erhob ſih der Alte nah ſeiner Gewohn=z heit und lief mit den Jungen dem Futtertroge zu. Man ſah ihn hier das Futter ſ{hnabel: weiſe nehmen, es zerkleinern und zärtlih jedem ſeiner Kinder davon vorlegen. Nachdem die Küchlein ihren Hunger geſtillt hatten, begaben ſie ſih wieder unter die väterlichen Fittiche. Das Weibchen nahm an dem Brutgeſchäſte keinen anderen Anteil, als daß es einige Male, während das Männchen zum Freſſen ging, zu den Eiern kam und ſie vorſihtig umwendete. Sobald es dies gethan, entfernte es ſih wieder. Später liebkoſte es die Jungen, mate ſih aber doh kein Gewiſſen daraus, ihnen ihr Futter wegzufreſſen, während das Männchen es nie anrührte. Es wurde ſ{hließli< in einen anderen Park gebracht.

Suquet, Vorſtand des Tiergartens in Marſeille, hatte nah vierjährigen Verſuchen. und Nachforſchungen endlich ebenfalls die Freude, Strauße zu züchten. Zum Orte ſeiner Verſuche wählte er die Gegend von Montredon und hier ein Hügelgelände mit ſandigem Boden und afrikaniſcher Pflanzenwelt. Die Strauße begannen mit dem Neſtbaue, nahdem ſie ſi in den ihnen zugewieſenen Gehegen eingerichtet hatten, indem ſie zunächſt eine einfache Aushöhlung im Sande ausgruben und vermittelſt einer ſonderbaren Bewegung des Halſes rings um ſie einen runden Wall aufhäuften, der dem Neſte die Geſtalt eines kleinen Hügels gab. Das Weibchen hatte bereits früher, che das Paar nah dem neuen Plate gebraht wurde, einige Eier gelegt und ſuhr von jezt an, immer in gleihen Zwiſchenräumen von 2 Tagen, ohne Unterbre<hung fort, ſo daß man am 20. April 15 Eier im Neſte zählte. „Einige Stunden vor dem erſten Legen“, ſagt Suquet, „kauerte ſih das Weibchen auf das Neſt und brachte auf dem Brutplaße noh eine Veränderung an. Kurz vor dem Legen ließ es ein Schluchzen hören, das ih früher nie wahrgenommen hatte, worauf das Männchen zu ihm kam und ſonderbare Bewegungen mit den Flügeln und dem Körper ausführte. Nachdem einige Eier in dem Neſte waren, kauerte ſih die Straußin zwar auh noh darauf; aber das Legen ſelbſt ſand außerhalb des Neſtes ſtatt. Sie ſ<hleuderte nämlih immer das Ei in dem Augenbli>e, in welchem es zum Vorſchein kam, durch, eine eigentümlihe Bewegung außerhalb des Neſtes, brachte es dann vermittelſt des S<hnabels und des Halſes wieder gegen das Neſt hin und legte es in die Mitte. Fn den lebten Legetagen ſebte ſie ſih ſchon einige Stunden vor dem Legen auf das Neſt und blieb auh lange nachher, oft den ganzen Tag, darauf ſißen. Während dieſer Zeit zeigte ſich der Strauß beſonders unruhig und lief mit großen Schritten durh den Park, beſonders wenn jemand ſi< näherte. Vom 20. Mai an wurden die Rollen gewe<hſelt. Das Männchen brütete, und das Weibchen ſeßte ſi<h nur dann auf das Neſt, wenn jenes ſih auf einige Augenbli>e erhob. So blieb es fortan während der ganzen Brütezeit. Jeden Tag drehten die Strauße ſämtliche Eier um, ehe ſie ſi<h darauf ſezten und erhöheten den Sandwall immer mehr, ſo daß man am Ende außer der Rückenmitte und dem auf dem Sande ausgeſtre>ten, an eine große Schlange erinnernden Halſe des Vogels nihts mehr von ihm ſah. Das Weibchen hielt ſi< in der Nähe des Neſtes in ähnlicher Lage.