Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Sinneswerkzeuge. Entwickelung. 9

Das Gehör ſteht dem der höheren Tiere entſchieden nah: dem Ohre mangelt die Muſchel, und das Jnnere der Höhle iſt weit einfacher als bei den warmblütigen Wirbeltieren. Doch beſißen die Kriechtiere noh die Schne>e, die bald einen rundlichen, häutigen Sat, bald einen furzen Kanal mit einer unvollſtändigen, ſchraubig gewundenen Scheidewand und einen flaſhenförmigen Anhang darſtellt. „Das innere Ohr iſt hiermit in ſeinen weſentlichſten Teilen vorhanden, und ſeine weitere Ausbildung bei Vögeln und Säugetieren gibt ſih niht mehr dur< Vermehrung der Teile, ſondern nur dur deren größere Ausarbeitung kund.“ Das mittlere Ohr und die Paukenhöhle ſind vielfach verſchieden. Bei den Sthlangen fehlt die leßtere, und es iſt auch kein Trommelfell und feine euſtachiſche Trompete vorhanden; bei den übrigen Ordnungen wird die Paukenhöhle nah außen hin durch das mehr oder weniger frei liegende Trommelfell geſchloſſen und mündet na innen hin dur< eine kurze und weite Trompete in den Rachen. Zwiſchen dem Trommelfelle und dem ovalen Fenſter iſt die Verbindung dur< das oft ſehr lange Säulchen hergeſtellt, an welches ſich bei einzelnen no< andere Knöchelchen anſchließen. Auf den Sinn des Gehöres dürfte nah dem Grade der Entwickelung der Gefühlsſinn folgen, obgleih er ſi hauptſähli<h als Taſtſinn, weniger als Empfindungsvermögen ausfpriht. Daß die Kriehtiere auh gegen äußere Einflüſſe empfänglich ſind, beweiſen ſie ſhon durch ihre Vorliebe für die Sonnenwärme, während ſie anderſeits eine Gefühlloſigkeit bethätigen, die uns geradezu unbegreiflih erſcheint. Der Taſtſinn hingegen kann fehr entwidelt ſein und erreiht beſonders bei denen, welche die Zunge zum Taſten benugen, hohe Ausbildung. Fn demſelben Maße ſcheint der Geſhmasſinn zu verkümmern. Krokodile, Schildkröten und Eidechſen dürften wohl im ſtande ſein, zu ſhme>en; bei den Schlangen aber können wir \hwerlih annehmen, daß dieſe Fähigkeit vorhanden iſt. Der Geruchsſinn iſt ebenfalls nicht beſonders ho< entwi>elt und wirkt jedenfalls niht auf weite Entfernungen hin. Die Naſenhöhlen der Kriechtiere ſind ſtets dur< knorpelige Naſenmuſcheln geſtüßt und öffnen fich im Rachen, die äußeren Naſenöffnungen können ſich bei einzelnen ſogar erweitern und zuſammenziehen oder mit Klappen geſchloſſen werden; die Geruchsnerven ſind ausgebildet, und eine mit neßförmig laufenden Gefäßen durhzogene Schleimhaut iſt vorhanden.

Die meiſten Kriechtiere entwi>eln ſi< aus Eiern, die im weſentlichen denen der Vögel gleichen, ein großes, ölreiches Dotter und eine mehr oder minder bedeutende Schicht von Eiweiß haben und in einer lederartigen, oft dehnbaren Schale, auf welche ſih in geringerer oder in größerer Menge Kalkmaſſe ablagert, eingeſchloſſen ſind. Die Entwi>kelung der Eier beginnt meiſt ſhon vor dem Legen im Eileiter der Mutter; bei einzelnen wird der Keim hier ſogar vollſtändig entwi>elt: das Junge durchbricht no< im Eileiter die Schalenhaut und wird mithin lebendig geboren. Gewiſſe Arten, die ihre Eier ſonſt lange vor dieſer Zeit ablegen, können dazu gebracht werden, ſie ebenfalls bis zur vollſtändigen Entwickelung der Jungen zu behalten, wenn man ihnen die Gelegenheit zum Legen nimmt. Das befruchtete Ei zeigt auf der Oberfläche des Dotters eine rundliche Stelle mit verwiſchter Begrenzung, die weiße Färbung hat und demjenigen Teile des Hühnereies entſpricht, welchen man im gemeinen Leben mit dem Namen „Hahnentritt“ bezeichnet. Dieſer Keim beſteht aus fleinen Zellen, die faſt farblos ſind und im Gegenſaße zum Dotter die lichte Färbung entſtehen laſſen; er bildet die erſte Grundlage der Entwickelung und ſtellt ſich als Mittelpunkt derjenigen Bildungen dar, welche den Aufbau des Keimlings vermitteln. Sobald dieſer ſich zu entwiceln beginnt, verlängert jener ſi und bildet nun eine eiförmige Scheibe, die in der Mitte durchſichtiger als außen iſt. Fn dem mittleren durchſichtigen Teile, dem