Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Waſſerotter: Weſen. Fortpflanzung Gefangenleben. ABA

die Sandotter mundgere<ht wurde, und begann ſie zu verſchlingen. Fm Tiergarten zu Berlin mußten, laut Effeldt, Waſſerottern und Klapperſchlangen, die zuſammen einen Käfig bewohnten, getrennt werden, weil erſtere die leßteren, die größer waren als ſie ſelbſt, angriffen und arg zurihteten. Nattern und andere unſchädliche Schlangen oder Eidechſen zeigen, wenn ſie zu den Waſſerottern gebracht werden, die größte Furcht und verſuchen ſtets, ihnen zu entrinnen, werden au< immer bald verfolgt und früher oder ſpäter gebiſſen. Dabei geraten dieſe Schlangen niemals in blinde und tolle Wut wie Kreuzottern oder Klapperſchlangen; ſie faſſen, ohne dur< beſondere Zeichen ihre Erregung zu bekunden, das Opfer ſcharf ins Auge und hauen plöglih, um zu beißen, mit dem halben Leibe vor. Aber mordſüchtig ſind auch ſie; Vögel z. B., die man in den Käfig bringt, oder Fiſche werden in kurzer Zeit ſäntlih getötet, auh wenn unſere Schlangen nicht hungrig ſind.

An ſeinen Gefangenen beobachtete Effeldt, daß ſie ſi< niht einmal ſondern wiederholt nacheinander begatteten und zwar zu verſchiedenen Zeiten des Jahres, zuerſt aller dings im Frühjahre, hierauf jedo<h au< im Sommer und ſ<hließlih ſogar im Herbſte, am 10. Oktober. Hierbei zeigte ſich, daß dieſe Schlangen während der Begattung ſich ebenfalls verfnäueln. Zu dem einen Paare, das eine Zeitlang den Käfig bewohnt hatte, wurden zwei andere, anſcheinend weiblihe Stücke gebracht; ſie beteiligten ſih bei der erſten Begattung, von welcher ſie Zeuge waren, ſofort dur<h Umſchlingung des verliebten Pärchens. Die Begattung ſelbſt beginnt mit wirklichen Liebkoſungen ſeitens des Männchens, welches das Weibchen zuerſt umkriect, lebhafter als ſonſt züngelt und mit dem Schwanze zu zittern anfängt, hierauf mit dem Munde ſih dem des Weibchens nähert, ſo daß es ausſieht, als ob beide ſi füſſen wollten, worauf dann das Weibchen, ebenfalls mit dem Schwanze zitternd, ſcine Willfährigkeit zu erkennen gibt; beide Schlangen nähern ſi unter fortwährendem Zittern des S<hwanzes und vereinigen ſi endlih ſo ſ{<hnell, daß man dies kaum wahrnimmt. Auch nach der Vereinigung währen die Liebkoſungen fort, gegen früher nur mit dem Unterſchiede, daß ſie beiderſeitig ſtattfinden, obgleich ſich niht verkennen läßt, daß das Männthen hierin ſich zärtlicher zeigt als das Weibchen. Sobald ein Paar: Anſtalt macht, ſih zu begatten, nähern ſi< auch die übrigen Schlangen der gleichen Art unter denſelben . Liebkoſungen, offenbar in der Abſicht, an der Begattung ebenfalls Anteil zu nehmen, erreihen ihren Zwe> auch, wenn die beiden Geſchlechter noch vertreten ſind, da ſih die Paa rungsluſt aller zu bemächtigen ſcheint. Das Pärchen bleibt höchſtens eine Stunde miteinander vereinigt.

Gegen den Pfleger zeigen ſih die Waſſerottern auffallend gutmütig und zahm, man inöchte faſt ſagen, dankbar. Eher als andere Giftſchlangen verlieren ſie ihm gegenüber ihre Beißluſt, und leichter als jede ihrer Verwandten gewöhnen ſie ſi<h daran, ihre Nahrung von ihm zu empfangen. Jh ſelbſt habe geſehen, daß, wenn Effeldt ihnen Fiſche und rohes Fleiſch mit der Zange vorhielt, ſie ſogleich herbeikamen und es wegnahmen, ja, daß ſie augenbli>li<h rege wurden, ſobald er nur die Thür ihres Käfigs öffnete. Den erſten Biſſen Fiſh oder Fleiſch pflegen ſie mit einer gewiſſen Zartheit anzufaſſen und ſ{lingen ihn raſ< hinab; bei den übrigen zeigen ſie ſich gieriger, da auch bei ihnen die Eßluſt mit dem Eſſen kommt. Dann geſchieht es allerdings, daß \ie auch einmal nah der Zange beißen, offenbar nur, weil ſie ſi< täuſchten; denn dieſelben Tiere haben, nah Verſicherung Effeldts, niemals verſuht, ihren Pfleger zu bedrohen, ſih vielmehr ſtets o harmlos gezeigt, daß jener geradezu leichtfertig mit ihnen umging, beim Füttern unbeſorgt die Thür offen ſtehen ließ und geſtattete, daß die Schlangen faſt mit halbem Leibe aus dem Behälter hervorkamen, in der Abſicht, nah Futter zu ſuchen. Bei einer ſolchen Gelegenheit geſhah es, daß Effeldts Freund Wagenführ plößlich etwas auf ſeiner Hand verſpürte, die Zunge der Schlange nämlich, welche die Hand betaſtete, offenbar in der