Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Schararaka und Labaria. 3 483

Während ſeiner eignen Reiſe erlebte Shomburgk ſelbſt einen ungemein traurigen Fall. „Nachdem wir den Murre durchſchritten“ erzählt er, „wandten wir uns weiter nordweſtlich über eine wellenförmige Savanne, wo uns bald ein anderes Flüßchen von etwa 3 m Breite entgegentrat und unſeren Pfad durhkreuzte. Jn der Mitte des Bettes lag ein großer Sandſteinblo> der den vorderen in der JZndianerreihe bereits als Übergangsbrü>e gedient hatte, indem ſie von dem diesſeitigen Ufer auf ihn und von da auf das jenſeitige Ufer geſprungen waren. F< war der 16. in der Reihe; mix unmittelbar folgte die junge Jndianerin Kate, die wegen ihrer Heiterkeit und ihres freundlichen ne>iſchen Weſens die Erlaubnis erhalten hatte, ihrem Manne folgen zu dürfen. Sie war der Liebling der ganzen Geſellſchaft.

„Als ih an dem Flüßchen angekommen war, feſſelten einige Schulteſien, die das Ufer beſäumten, meine Aufmerkſamkeit und um mich erſt zu überzeugen, ob ih ſie bereits geſammelt hätte, blieb ih einen Augenbli> ſtehen, bis i< den Sprung that, zu. dem mich Kate ungeduldig und lachend mit der Vemerkung aufforderte: ih möchte doch niht wegen jeder leinen Blume ſtehen bleiben und dadurch alle mix Nachfolgenden aufhalten. Lachend nahm ich einen Anſaß und ſprang auf den Stein. Eben wollte ich den zweiten Sprung thun, als mich ein markdurhdringender Schrei Kates feſtbannt und der ihr unmittelbar folgende Jndianer den ganzen Fluß mit. dem Scre>ensrufe: „Akuy‘ (Giftſchlange) überſpringt. Dies war in dem Augenbli>e meines Herumdrehens nah Kate geſchehen, die todbleih neben mir auf dem Blocke ſtand und nach dem eben verlaſſenen Ufer mit demſelben Ausrufe: .Akuy!- zeigte. Als ih beſtürzt fragte ob ſie gebiſſen ſei, fing ſie an bitterlih zu weinen, und in demſelben Augenbli>e bemerkte ih au< an ihrem rehten Beine, in der Gegend des Knies, mehrere Vlutstropfen. Nur eine giftige Schlange konnte ſolhe Wunden beigebracht haben, nur die \hleunigſte Hilfe das Leben unſeres Lieblings retten. Das Unglü>> wollte, daß Fryer mit meinem Bruder die legten und der Jndianer mit dem Arzeneikaſten, in dem ſih auch die Lanzetten befanden, einer der erſten in der langen Reihe waren. Fn Ermangelung jedes anderen Bandes ſhnallte ih ohne Zögerung meinen Hoſenträger ab, überband die Wunden ſo feſt wie möglich und ließ ſie augenbli>li< von den Jndianern ausſaugen. F< glaube, die arme Frau wußte im erſten Augenbli>e gar niht, daß ſie gebiſſen worden war, obſchon die Schlange {hon ¿weimal nah ihr gefahren war und ſie einmal über den handbreiten Perlenſchnüren, mit welchen ſie das Bein unter dem Knie umbunden hatte, das andere Mal unterhalb dieſer Stelle gebiſſen hatte.

„Das Laufen und Rennen hatte die uns Nachfolgenden und unter ihnen auch den Mann Kates aufmerkſam gemacht, weshalb ſie eilend herbeikamen. So tief den leßteren auh der Anbli> ſeines geliebten Weibes erſchütterte ſo wußte er doh ſeine Gemütsbewegung in ſein Fnneres zu verſchließen. Todbleich ſtürzte er ſih neben ihr nieder und ſog das Blut aus. Währenddem waren auh mein Bruder, Fryer und der Fndianer mit dem Arzeneikaſten angekommen. Fryer ſ<hnitt die Wunde aus; die übrigen Jndianer ſchauten äußerlich teilnahmlos zu und löſten ſih im Ausſaugen des Blutes ab. Der Kreis dieſer ſcheinbar gleihgültigen Geſichter mit den blutigen Lippen hatte etwas Schauerliches.

„bwohl wir augenbli>li<h äußerlih und innerlich Ammoniakgeiſt anwandten, ſo war all unſer Bemühen doch vergeblich. Nach Verlauf von 3 Minuten ſtellten ſich die untrüglihen Zeichen der Vergiftung ein: heftiges Zittern ergriff den ganzen Körper, das Geſicht wurde immer bleicher und leihenähnlicher, der Leib bede>te ſih mit kaltem Schweiße, wobei die arme Frau über heftige Schmerzen der ganzen Seite des gelähmten Fußes, der Herzgegend und des Nüdckens, weniger an der verwundeten Stelle klagte. Die

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